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Vom Töten

In eigenem Kampf von den Fesseln des Ich befreien und Fähigkeiten wie Selbstüberwindung, Disziplin, Vertrauen ins Ideal, Achtung und Bescheidenheit entwickeln

 

Der Bezug zum Tod früher und in der heutigen Gesellschaft
Rituale und Zeremonien
Die Angst vor dem Sterben
Die Angst vor dem Tod
Die Überwindung des Ich
Vom Nicht-Töten
Wer weiß, dass er töten kann, der kann auch nicht-töten
Übers Lebenlassen

Von I. P. 2013

Wann, wo und wie werden wir heute mit dem Tod konfrontiert?
Am häufigsten in den Medien: Zeitungen, Internet, Radio, Fernsehen. Da kann es schon mal öfter passieren, dass man „echte Tote“ sieht, je nachdem, was man sich anschaut. Dann natürlich in zahlreichen Spielfilmen. Die sind dann aber eh
nur gespielt… Dann noch auf den ganzen vielen Fotos von Kriegen, die uns immer sehr nachdenklich stimmen. Weil es gar nicht so lang her und weit weg ist? Weil es meistens viele Tote sind, auf Haufen geworfen, niedergemetzelt,
verstümmelt, würdelos liegengelassen? Und weil es, während wir die Bilder betrachten, gerade in vielen Gegenden, auch in der Nachbarschaft passiert?

Und in echt? Wie oft sehen wir Tote?
Selten. Wenn jemand aus der Familie stirbt, und nicht einmal da immer. Als mein Opa starb, war ich sieben und deshalb noch zu klein – würde man mir wahrscheinlich erklären. Als meine Oma gestorben ist, war ich 18. Wir sind alle ins Krankenhaus gefahren, wo sie friedlich noch in ihrem Bett lag, um von ihr Abschied zu nehmen. Zum ersten Mal in meinem Leben hab ich da einen toten Menschen gesehen und auch berührt. Als später meine andere Oma starb, war ich zu weit weg, um rechtzeitig hinzukommen.
Früher, da war das doch ganz anders. Tote wurden zuhause aufgebart. Alle Verwandten und Bekannten kamen ins Haus, um direkt am Totenbett zu beten.
Oder aber zumindest am offenen Sarg. Da gab’s dafür dann immer auch die gruseligen Geschichten dazu, welche oft Erwachsene nicht weniger fürchten machten als Kinder. Die Angst vor dem Unheimlichen, Ungreifbaren, Unerklärlichen.
Und dann der Tod als Bestandteil des Lebens: Tiere mussten getötet werden, damit die Familie genug zum Leben (Essen) hatte. Ja, heute auch noch, aber das passiert unsichtbar. Ein Fleisch, im Supermarkt gekauft, hat meistens nicht mehr
viel Sichtbares von dem Tier, das es einmal war. Meine Lederschuhe auch nicht.
Die trendige Handtasche meiner Tochter sowieso nicht mehr.
(Apropos: Meine Mama hatte noch so einen typischen 60/70er-Jahre-Schal, so einen, wo der echte Fuchs mit Kopf und Klauen noch dranhängt. Damit ist mir dann mein Bruder immer nachgelaufen, höchst erfreut über mein panisches
Kreischen und Schreien.)
Die wilden Tiere von früher gibt es bei uns nicht mehr, sie sind entweder ausgerottet oder sicher hinter Gittern versperrt. Wir müssen nicht mehr vorsichtig und vorausschauend durch die Welt gehen, weil hinter dem nächsten Baum vielleicht etwas oder jemand uns auflauert und uns fressen will. (Die
einzige wirkliche unmittelbare Gefahr getötet zu werden geht von dummen, betrunkenen oder telefonierenden Autofahrern aus.)
Unsere Konsumgesellschaft gaukelt uns das höchste Glück vor. Das angeblich erstrebenswerte „Happy-Life“ hat keinen Platz für Trauer, Traurigkeit, Nachdenklichkeit, Gewissensfragen. Alles kann man kaufen, alles/jeder ist
ersetzbar. Dadurch braucht sich keiner mit Verlusten auseinandersetzen. Durch die Entfernung von althergebrachten Religionen sind auch Riten und Rituale
verloren gegangen. Dabei herrschen in der heutigen Zeit zwar andere Gesetze (die Todesstrafe wurde 1950 in Österreich, wie in den meisten europäischen Ländern, abgeschafft), Töten ist aber trotzdem immer noch erlaubt – sozusagen
in verharmloster Form – in Computerspielen, auf allen möglichen Bildschirmen, mit Waffen, die den direkten Zusammenhang verschleiern.

Sammlung von Ereignissen aus meiner Kindheit.
Unser Dorf war klein, und wenn ein Bauer geschlachtet hat, hat sich das unter uns Kindern wie ein Lauffeuer verbreitet. Alle waren versammelt zu dem blutigen Schauspiel. Ich erinnere mich sehr genau an ein solches Ereignis, war im
Volksschulalter damals. Der Metzger in seinem weißen Mantel, das Schwein wird vom Bauern aus dem Stall geführt, die Unruhe, das Geschrei, Metzger will schießen, Schwein hält nicht still, der gestresste Bauer, Schwein kriegt Kübel
übern Kopf. Endlich sitzt der Schuss, Unmengen von Blut, ein türkisches Kind das weint. Als wir den Bauern fragen, warum er das Blut in Kübeln auffängt, sagt er, das gibt Blutwurst, und wir wissen nicht, ob er’s ernst meint oder nur Spaß
macht… kann man denn Blut wirklich essen???
Ein anderes Mal. Wie wir uns in den Stall schleichen, zwischen den aufgehängten Kuhhälften herumlaufen und Verstecken spielen, uns aber doch irgendwie grausen vor diesen großen Fleischbergen mit Knochen, und schau, was man da sieht, ist das vielleicht die Luftröhre? Und traust du dich das anzugreifen? Igitt!
Traut man sich, was Totes anzugreifen, und darf man das überhaupt?
Dann meine Freundin, etwa 15 Jahre alt, die die kleinen Katzen umbringen muss. Niemand sonst ist da, und sie muss es tun. Wie denn am besten. Ertränken! Also
steckt sie alle zusammen in einen dicken Sack, bindet zu, taucht ihn im großen Regenfass unter, lang, länger, noch länger. Als das Zappeln im Sack immer noch
nicht aufhört, legt sie den Sack auf den Hackstock, und – draufgehauen. E quiekt im Sack, und es bewegt sich. Sie schaut weg und haut noch ein paar Mal drauf. Jetzt ist Ruhe. Ich war nicht dabei, aber es hat mir gereicht, als sie’s mir
erzählt hat.
Da war ich schon erwachsen – als der verletzte Vogel vor unserer Tür lag. Zum Tierarzt bringen? Der ist doch eh schon halbtot. Als wir nach Stunden wiederkommen, liegt er noch immer da, keine Katze hat ihn gefressen und er lebt immer noch. Kein Tierarzt zu erreichen. Mein Freund hat ihn umgebracht, mit einer Eisenstange aufs Genick, der war aber auch nicht beim ersten Schlag gleich tot…
Ich mag mir das alles gar nicht in Bildern vorstellen.

Rituale und Zeremonien vor dem und beim Töten von Tieren sind – ich nehme einmal an – bei sämtlichen so genannten Naturvölkern auf der ganzen Welt verbreitet. Es geht dabei um den Respekt und die Dankbarkeit gegenüber dem
Lebewesen, das sein Leben gibt um das Leben der Menschen zu erhalten. Diese Völker verwenden dann auch jeden erdenklichen Teil des Tieres, alles wird verwertet, nichts wird achtlos weggeworfen. (War das früher bei uns auch so? Und wann und warum haben wir damit aufgehört?)
Dabei gelten immer sehr genaue Regelungen darüber, wann und wo alles stattfindet, wer daran teilnehmen darf, wer welche Gebete spricht und Handlungen ausführen darf. Ebenso über die weiterführende Verarbeitung.
Völker, die irgendwelche Gottheiten verehren, opfern dabei oft einen Teil als Dank und auch um für die kommenden Zeiten ihre Götter zu besänftigen und um ihre Gunst zu bitten.

Bei rituellen religiösen Tötungen sind oft sehr strenge Regelungen im Spiel, welche uns an ihrer Sinnhaftigkeit zweifeln lassen, wenn Tiere dadurch unnötig lange leiden, wie z.B. im Islam, wo Tiere geschächtet werden, sprich durch einen tiefen Schnitt durch die Gurgel das Tier langsam verblutet. Eine Entsprechung dazu im Judentum wäre das koscher geschlachtete Tier, wobei sich die Regelungen nicht nur auf die Tötung, sondern genauso auf Haltung und
Zubereitung des Fleisches beziehen.
Viele heidnische Religionen zelebrierten Menschenopfer, um ihre Götter milde zu stimmen und Unglück fernzuhalten, wobei oft eigene Kinder getötet wurden.
Auch Jungfrauen waren für Opferungen bei vielen Völkern besonders beliebt, weil sie durch ihre Reinheit der gesamten Zeremonie und Kultur zusätzliche spirituelle Werte verleihen konnten.
Im alten Ägypten und auch in China wurden beim Tod einer höhergestellten Person immer auch eine große Anzahl von Dienern und Konkubinen entweder getötet und mit begraben, oder aber lebend zugleich mit dem Verstorbenen bestattet, um ihrem Herrn auch im Jenseits weiter dienen zu können.
Bei den Wikingern war es Brauch beim Tod eines Kriegers sein Schiff am Meer anzuzünden, allerdings musste seine Frau auch rauf aufs Schiff.
Bei den Hindus wurde die Leiche eines Mannes traditionsgemäß angezündet. In dem Moment, in dem der Schädelknochen mit einem lauten Geräusch in der Hitze barst, musste sich die Frau des Verstorbenen in die Flammen werfen, um gemeinsam mit ihrem Mann zu gehen.
Bei der Tötung von Feinden spielen jedoch ganz andere Fakten eine Rolle.

Hier einige Beispiele für grausame Rituale:
– Die alten Kelten häuteten ihre Gefangenen bei lebendigem Leibe, um deren Häute zu tragen. Sie glaubten daran, auf diese Weise in den Besitz der Kräfte ihrer Feinde zu kommen.
– In den Kulturen der Mayas und Inkas wurde feindlichen Gefangenen das Herz aus dem Leibe geschnitten, schnell genug, sodass das Opfer noch lebte und das noch pumpende Herz ansehen konnte, bevor es starb. Dann wurde der Körper über die vielen Stufen der Tempel-Pyramide nach unten
gerollt, um Fleisch und Knochen mürbe zu machen. Anschließend wurde die Leiche zerstückelt und das Fleisch unter der Bevölkerung aufgeteilt.
Angeblich standen die Leute schon Schlange, um möglichst das beste Stück zu ergattern. Durch diese Zeremonie sollte die Seele des Opfers in die eigene Kultur übernommen werden. Deren Besitz versprach, ihre Kraft für sich selbst nutzen zu können.
– Viele Kulturkreise im afrikanischen Raum folterten ihre Gefangenen auf verschiedenartige grausame Weise, bevor sie deren Seelen in einer Zeremonie an den Teufel übergaben. Durch diese Demonstration von Macht und Gewalt versuchten sie, ihre Feinde abzuschrecken, sodass
diese Angst davor haben sollten, überhaupt irgendwie mit ihnen in Konflikt zu kommen.
– Auf Hawaii wurde den Opfern vor der Tötung die Augen herausgerissen und eventuell der Penis abgeschnitten, sodann wurden sie im Tempel umgebracht und das Fleisch auf den Altären zur Verwesung liegen gelassen als Gabe für die Götter.
– Kannibalen auf den Andaman- und Nicobar-Inseln kochten, verspeisten und ‚verdauten’ jeweils ein Opfer im Beisein der anderen Gefangenen. Sie verstanden es als tiefste mögliche Demütigung, ihre Feinde in Exkremente zu verwandeln und wollten dies niemandem vorenthalten.
– Die Schrumpfköpfe verschiedener Amazonas-Stämme waren ursprünglich Teil einer religiösen Zeremonie, dienten aber später für weiterführende Rituale, als Trophäen und auch zu Handelszwecken. Durch den Prozess des Schrumpfens konnte die Seele der jeweiligen Person von etwaigen
Racheakten abgehalten und deren Geist in Besitz genommen werden und musste fortan dem Stamm als Sklave dienen.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass verschiedenen Tötungszeremonien ganz unterschiedliche Motive zu Grunde liegen:
• Religiöse Gründe, zu tun mit den jeweiligen Vorstellungen vom Jenseits
• Als Instrument religiöser Kontrolle (z.B. Inquisition im Christentum)
• Um die Seele zu besitzen und ihre Kraft nutzen zu können
• Um Feinde/Opfer zu manipulieren/kontrollieren
• Um Feinde zu verletzen/zu demütigen/Rache auszuüben
• Um Statussymbole zu gewinnen (Skalps, Schrumpfköpfe, „Jagdtrophäen“)
Zu unterscheiden sind die Angst vor dem Sterben und jene vor dem Tod.
Der Tod ist nichts Greifbares, Fassbares. Niemand weiß wirklich, was nach dem Leben kommt. Wir können uns an Berichte von Leuten halten, welche – klinisch tot – wieder zurückgeholt werden konnten. Berichte von Menschen mit so
genannten übersinnlichen Erfahrungen, von jenen, die mit Geistern kommunizieren, und solchen, die sich fähig sehen, in andere Sphären, feinstofflichere Zustände überzutreten. Wir können ihnen glauben, oder auch nicht. Wir können an Religionen festhalten und deren Modelle übernehmen, oder
uns unser eigenes zurecht basteln.

Aber der Tod und was danach kommt bleibt doch das Große Unbekannte.
Dieses Nicht-Wissen macht vielen Angst.
Manche Menschen versuchen krampfhaft am Leben festzuhalten. Materielle Besitztümer hindern sie am loslassen ebenso wie die Angst vor dem Ungewissen.
Dabei ist nichts unvermeidbarer als der Tod. Die Art und Weise wie wir sterben werden, können wir genauso wenig beeinflussen (einmal abgesehen vom Suizid).
Wünschen wir uns alle, friedlich einschlafen zu können, so hat dies doch keiner von uns in der Hand. Niemand will große Schmerzen erleiden müssen. Wenn, dann lieber kurz und schmerzlos sterben. Warum geraten dann Menschen in
Panik, wenn sie wissen, dass sie jetzt erschossen werden? Ist es nur die Angst vor dem Schmerz? Ist es, dass sie nicht selbst diese Entscheidung treffen, jetzt zu sterben? Oder ist es ein in uns festgelegter Urinstinkt zur Erhaltung der
eigenen Rasse.
Eine natürliche Angst vor dem Tod, die nicht in Panik ausartet, sondern quasi mehr als Vorwarnstufe wirkt, lässt ungeahnte Kräfte entstehen, welche unter
normalen Bedingungen niemals möglich gewesen wären. So ist es möglich, dass Muttertiere (Mütter) ihre Brut (Kinder) retten können und das Weiterleben ihrer Linie ermöglichen.
Dabei spielt die Ausschüttung verschiedener Hormone eine wichtige Rolle. Dies lässt so manchen sich freiwillig in Extremsituationen stürzen. Das Spiel mit dem Tod ist dann so aufregend, dass das eigene Leben dafür aufs Spiel gesetzt wird, um an diese schmale Grenze zu kommen (z.B. Freeclimbing, ungesicherte Überquerung von Seil zwischen Wolkenkratzern, Extremsportarten).
Wenn Angst in Panik umschlägt, kann viel schief gehen.

Wer den Tod nicht fürchtet, kann sich auf die Schwächen des Gegners konzentrieren, und im rechten Moment töten.
Wer keine Angst vor dem Sterben hat, kann effizienter kämpfen, weil ihm nichts passieren kann.
Wer keine Angst vor dem Danach hat, kann furchtlos in gefährliche Situationen gehen. Extreme islamische Selbstmordterroristen haben kein Problem zu sterben, nachdem sie überzeugt davon sind, dass sie durch ihre Tat nicht nur ihr Leben dafür opfern blasphemische nicht-islamische Feinde zu töten, sondern auch noch im Himmel von einer Horde jungfräulicher Bräute erwartet werden.

Was lässt einen Menschen angstfrei und radikal kämpfen?
• Wut, Aggression, Hass
• Wunsch nach Rache, Vergeltung
• Urinstinkte (lässt Frauen, das zarte, emotionale, schwache Geschlecht zu schlachtenden Monstern werden)
• Eine Ideologie, die ich ganz und gar vertrete
• Nichts zu verlieren zu haben, außer das Leben; sprich, es geht jemandem so dreckig, dass es sowieso nur mehr besser werden kann
• Die Fähigkeit, sich selbst und sein Ego unter völliger Kontrolle zu haben “Skill is a state of mind”

Was lässt einen Menschen sich selbst verstümmeln oder töten? (Selbstverstümmelung unter psychischer Disbalance/Belastung/Krankheit ist ein anderes Thema.)

Frauen indianischer Stämme hackten sich die Finger ab als Ausdruck der Trauer und Tribut zum Tod ihres Mannes. (Wie viel mentale Kraft muss da dahinter stehen!)
Japanische Kamikaze-Piloten (Kamikaze = God-Wind oder Divine Wind) im zweiten Weltkrieg sahen es als große göttliche Ehre ihr Leben für ihre Nation zu opfern.
Der Ehrentod durch Hara-kiri, ein genau geregeltes Suizid-Zeremoniell der Samurai, ermöglichte Wiedergutmachung bei Pflichtverletzung, Strafe bei Gesetzesbruch, Wiederherstellung der Familienehre, Protest gegen Vorgesetzte, Vermeidung von Schande.

Selbstmord als ein Akt der Rache oder Bestrafung, oder aus Angst:
Massenselbstmorde geschahen in der Geschichte oft als Gegenmaßnahme, um nicht vom Feind kontrolliert, massakriert oder versklavt werden zu können (so
z.B. im Ersten Jüdisch-Römischen Krieg, als sich 960 Jüdische Rebellen lieber selbst töteten, bevor sie in die Hände der Feinde fallen konnten). Zu Ende des Zweiten Weltkrieges töteten viele Nazis zuerst ihre Familien und dann sich selbst, aus Angst in die Macht der Alliierten Truppen zu fallen. Die Zahl wird auf ca. 7000 Selbstmorde geschätzt, über eine längere Periode hinweg.

„Der erste Kampf, den es zu gewinnen gibt, ist der gegen sich selbst.“
Die Überwindung des Ich ist wohl eine der wichtigsten, aber auch am schwierigsten zu erlernenden Tugend sowohl in der Kampfkunst wie auch im alltäglichen Leben. Sie ist als geistige Übung zu verstehen und nur durch sie können erlernte Kampftechniken erst richtig und optimal zum Einsatz gebracht werden. Sie zielt darauf ab, die Unvermeidlichkeit des eigenen Todes zu erkennen und zu akzeptieren.
In einer Zeit, als es notwendig war zu kämpfen, um das eigene Leben zu erhalten, war es unvermeidlich, sich mit den Themen rund um den Tod auseinanderzusetzen. In unserer Zeit ist das nicht mehr nötig. So aber verlieren wir die rechte Verbindung zur Wirklichkeit. Der eigentliche Gegner eines jeden ist das eigene Ego. Jeder muss als erstes seine inneren Feinde besiegen: Faulheit, Trägheit, Ängste, Selbstsucht, Überheblichkeit, Gier und mehr. Seine eigenen Mängel zu überwinden ist der erste wahre Sieg. Was wir dazu brauchen sind Achtsamkeit, Mut, Entschlossenheit, Durchhaltevermögen, innere Stärke.

Egoismus muss Demut weichen.
Tief verwurzelt im Ehren-Kodex der Samurai ist die Aufforderung zur Meisterung des Ich und zum Erlangen der unerschütterlichen Ruhe. Mut und die Verachtung des Todes gilt als eine der Grundtugenden. Was nicht gleichgesetzt werden darf mit der Verachtung des Lebens. Eine lebensbejahende Haltung steht nicht im Gegensatz zur Überwindung der Angst, aus dem Leben zu gehen und der
Bereitschaft, im Kampf zu sterben. Die Todesverachtung der Samurai beruht auf der These, dass der Tod keinen Gegensatz zum Leben bildet.

„Meisterschaft ist […..] jenes Ich zu besiegen, das mit seinen unzähligen inneren
Antrieben den Geist und die Handlungen des Menschen verwirrt und der wahren Verwirklichung seines Eigenwesens im Wege steht.“

Ohne den Willen und die Entschlossenheit zu töten und ohne die Bereitschaft zu sterben kann niemand siegen. Den Tod zu erwarten, bedeutet nicht, den Lebenswillen aufzugeben und sich ihm hinzugeben. Es bedeutet zu verstehen, dass der Tod unausweichlich ist, jedoch mit Stärke und Kreativität die Zeit zu nutzen, Hindernisse zu überwinden, sein eigenes Ziel zu verfolgen. Wer den Tod verstehen kann, kann die Angst bezwingen und seine Gefühle beherrschen.
Unkontrollierte Angst lähmt und verhindert intuitives Erkennen, Entscheiden und Reagieren. Dies betrifft nicht nur Kampfsituationen sondern auch den Alltag.
Durch die Überwindung des intellektgesteuerten Ichs können Ängste überwunden und Probleme gemeistert werden. Das Vertrauen ins Leben liegt in jedem selbst, durch die Loslösung vom Ego kann es uns in jeder Situation tragen, stärken und zum Sieg führen. Der eigentliche Gegner ist nur unser
eigenes Ego. Und es braucht unsere volle Entschlossenheit, dies zu überwinden.
Wer die Unvermeidlichkeit des eigenen Todes akzeptieren kann, bekommt einen anderen Blick auf sich selbst, die anderen und das Leben selbst. Dies ist wohl eine der schwierigsten Übungen in der Kampfkunst, und aus oben genannten Gründen in der heutigen Zeit viel schwieriger zu bewältigen als früher, wo das Leben viel näher zum Tode stand als heute, bzw. mag es für uns diesen Anschein
haben.
Ich will mir die Behauptung anmaßen, dass diese Welt eine viel bessere sein könnte, würden die Menschen sich mehr mit ihren inneren und äußeren Grenzen konfrontieren, würden versuchen, sich selbst zu besiegen, anstatt andere zu
bekämpfen, würden sich in Geduld, Bescheidenheit und Demut üben. Alle Überheblichkeit, aller Größenwahnsinn, alle Habgier und Selbstsucht, aller Missbrauch von Macht könnte zu einem Ende kommen.

Wer weiß, dass er töten kann, kann auch nicht töten.

 

Für viele Indianerstämme in der zentralen und nördlichen Prärie Amerikas war ‚counting coup’ (= das Zählen von Treffern) im Kampf ein Weg, ohne sinnloses Blutvergießen Mut und Tapferkeit zu demonstrieren und zu Ehre zu gelangen.
Jeder dem Gegner versetzte Schlag zählte als Treffer, was aber am meisten Prestige erbrachte war, den Feind mit der Hand, dem Bogen oder dem ‚coup stick’ nur zu berühren und sodann selber unberührt und unversehrt zu entkommen.
Der so genannte ‚coup stick’ war einem Stock mit gebogenem Ende, meist mit Fell oder Leder überzogen und besonders geschmückt. Für jeden erfolgreichen Treffer durfte eine Kerbe in dessen Holz geschnitzt werden. Als ‚coup’ zählte auch, wichtige Dinge oder ein Pferd direkt aus dem feindlichen Camp zu stehlen.
Das Risiko von Verletzung oder Tod musste im Spiel sein, damit ein ‚coup’ gerechtfertigt war.
Bei einem ‚coup’ unversehrt zu entkommen brachte weitaus höhere Ehre ein, als dabei berührt oder verletzt zu werden. Bei bestimmten Stämmen durfte ein Kämpfer als Auszeichnung für seinen erfolgreichen ‚coup’ die Feder eines Adlers im Haar oder Kopfschmuck tragen bzw. an seinen coup stick binden. War er dabei verwundet worden, so musste er die Feder als Zeichen dafür in rote Farbe tauchen.
Nach einem Kampf war es Brauch, dass die Leute des Stammes sich versammelten, um gemeinsam ihre Bravourstücke zu rekapitulieren und die Geschichten zum Besten zu geben.

Diese Indianerstämme hatten so eine gewaltfreie Kampfpraktik entwickelt, sich zu messen, Ehre und Anerkennung zu gewinnen und ihre Tapferkeit unter Beweis
zu stellen, ohne jedoch das Risiko außer Acht zu lassen, verletzt oder gar getötet zu werden, sollte der Fall eintreten, dass der andere Krieger mit Gewalt antwortete.
Ein Krieger konnte so seine Überlegenheit nicht nur gegenüber den feindlichen Kämpfern, sondern auch innerhalb des eigenen Stammes demonstrieren. Zu töten war Teil eines Krieges, aber seinen Mut im Kampf unter Beweis zu stellen
unter der Gefahr des Todes war noch wichtiger für den individuellen Status.
Gleichzeitig bedeutete es für den Gegner eine extreme Demütigung. Es galt als schmachvolle Niederlage, nicht einmal die Munition wert zu sein, die der Gegner benötigen würde, um zu töten. Angeblich zogen die tapfersten Krieger
unbewaffnet in den Kampf – nicht mit dem Ziel zu töten, sondern in der bloßen Absicht den Feind zu beschämen, indem sie ihn berührten.

„Wenn du eine echte Waffe in der Hand hältst, wirst du ihren Charakter deutlich spüren. Sie verlangt danach, benutzt zu werden. Ihr eigener Zweck ist Tod, und ihre Stärke rührt nicht einfach von dem Material her, aus dem sie gemacht
wurde, sondern auch von der Absicht der Hersteller.“
Eine Waffe soll nur gezogen werden in der Absicht zu töten.
Wer weiß, dass er nicht töten will, verwendet jede andere erdenkliche Waffe, um sich zu wehren.

Verschiedene Gesellschaften, Kulturen, Länder, Individuen verwenden den Tod als Bestrafung.
Die Kampfkunst – ursprünglich um zu töten – jetzt nur als Schutz, als Verteidigung, nur im äußersten Notfall finale Techniken gebrauchend. Was ist wichtiger, mein Leben oder das des anderen? Es ist die allerletzte Alternative, um das eigene Leben zu retten.
Im Laufe der Jahrhunderte veränderten sich durch den immer stärker werdende Einfluss des Zen auch die Kampfmethoden der Samurai und erhielten einen philosophischen Sinn. Aus den tödlichen Kriegskünsten entwickelte sich allmählich der Weg des Kriegers als lebenserhaltende Kunst.

Vom Lebenlassen.

Bei einem bestimmten afrikanischen Volksstamm der Massai
ist folgendes Zeremoniell üblich: Wenn jemand eine schlechte Tat begangen hat, wird er in die Mitte des Dorfplatzes gestellt, und alle, die teilhaben wollen, versammeln sich im Kreis um ihn. Jeder der im Kreis stehenden hat nun die Möglichkeit, den Angeklagten an all das zu erinnern, was er in seinem Leben an Gutem getan hat. Dies soll den Menschen dazu bringen, selber Recht von Unrecht zu trennen und sich aus eigenem Antrieb zu ändern.

Verschiedene Gründe sind möglich, sich vom Töten zu distanzieren:
• Um den anderen zu bestrafen: Wer tot ist, fühlt nichts mehr; wer weiterlebt, kann durch schlechte, miserable, menschenunwürdige Lebensbedingungen bestraft/gequält werden
• Sichtbar Kontrolle und Macht auszuüben über andere
• Fürs Ego, sich als gnädig/wohltätig darzustellen und zu fühlen
• Religiöse Gründe: z.B. im Christentum Distanzierung von den Gesetzen des alten Testaments hin zu denen des Neuen Testaments
• Höhere Ehre und Auszeichnung (Indianer counting coups)

Ich erinnere mich an ein Zitat, weiß leider nicht mehr von wem, welches sinngemäß besagt: “Den Wert einer Gesellschaft kann man daran messen, wie sie ihre Gefangenen behandelt.“
Ich erinnere mich: Zwei Soldaten, in einem Sumpf, es ist Nacht. Keiner weiß, ob der andere ihn umbringen will. Einer tötet schließlich den anderen, aus angst, selbst derjenige zu sein, der dran glauben muss. Er untersucht den toten Körper,
findet eine Geldtasche, darin ein Foto von einer Frau mit zwei Kindern. Er schämt sich, er fühlt die Schuld auf sich lasten. Er hat über das Leben des anderen entschieden. Aber hätte er nicht, würde er selbst dann noch leben?
Ich erinnere mich an eine Geschichte, von Wolfgang Borchert vielleicht: Wieder zwei Soldaten, beim Patrouillieren auf irgendeiner Grenzlinie. Sie sehen sich von weitem, erkennen dass der jeweils andere vom feindlichen Lager ist. Sie gehen
weiter, treffen sich. Jeder die Hand am Abzug. Vor Angst fast in die Hose geschissen. Sie tauschen Worte in Sprachen, die sie nicht verstehen. Einer gibt dem anderen eine Zigarette. Der andere gibt ihm Feuer. Sie rauchen. Sie gehen
auseinander, wieder in Angst. Keiner weiß, ob der andere ihn nicht rücklings erschießen wird. Nichts passiert.
“Power is when we have every justification to kill… and we don’t.” Oskar Schindler
“He who controls others may be powerful, but he who has mastered himself is mightier still.” Lao Tzu

Quellen:
das Internet
Kate Karko – Namma meine große Liebe in Tibet
Ruth Pfau – 50 Jahre in Pakistan
Erich Maria Remarque – Im Westen nichts Neues
Werner Lind – Budo
Deng Ming-Dao – 365 Tao
Filme: Tiger and Dragon, Schindlers Liste
unzählige Gespräche und Diskussionen mit Freunden, allen voran mit meinem Freund Keith !
und – last but not least – viele Inputs von meinen Trainern Anja und Sifu Günther

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Dao in der Kampfkunst oder Wie man besser Fliegen fängt

Abstrakt:

Im folgenden Aufsatz wird auf die grundlegenden Aspkete einer daoistischen Geisteshaltung eingegangen. Es wird die unterschiedliche systematische Herangehensweise an diverse Fragestellungen in der westlichen und östlichen Hemnisphäre erörtert. Dieser Unterschied mag erklären, warum bei den im Westen verbreiteten Religionen eher der Glaube und bei den östlichen Philosophien eher die Handlung im Vordergrund steht. Es wird gezeigt, dass gerade in unserer westlichen Kultur Geisteshaltungen wie das Nicht-Anhaften und die Kultivierung der Achtsamkeit verloren gegangen sind und welche Kraft in diesen auf den ersten Blick nutzlosen und einfachen Prinzipien stecken. Weiters zeigt dieser Artikel, dass es wenig bis keine

Rolle spielt, mit welchen Tätigkeiten wir versuchen unseren Geist zu entwickeln. Es wird klar, dass es keine geheimen Übungen gibt, die uns schnell zum Erfolg führen und uns Anderen überlegen machen. Der Leser wird erkennen, dass das größte

Geheimnis in der Einfachheit einer universellen Wahrheit bzw. wenig universell gültigen Grundsätzen liegt. Letztendlich sollte auch der philosophisch nicht interessierte Leser nach ernsthaftem Durcharbeiten dieses Artikels in der Lage zu sein, effizienter Fliegen zu fangen.

 

Einleitung

Die gewählte Überschrift mag den Leser

irritieren und im ersten Ansatz merkwürdig

anmuten. Wer das Dao kennt, sofern man es

kennen kann, oder wer sich auch nur

ansatzweise damit beschäftigt oder davon

gehört hat, dem drängt sich die Frage auf, was

das Dao und seine philosophische Lehre mit

der Kunst des Kämpfens zu tun haben wollen.

Und auch, wenn sich dies dem ein oder

anderen asiaphilen Leser mit Kampfkunst-

wurzeln eröffnete, so bleibt immer noch die

Frage nach der Motivation und dem Connex

zum Fangen der Calliphoridae, oder auch

gemeinhin Schmeißfliege genannt, offen und

unbeantwortet. In diesem Assay soll dem

Leser dieser Zusammenhang näher gebracht,

wenn auch aufgrund der Natur des Dao

niemals gänzlich erklärt werden. Sowie es

nicht gelingen kann, das Unaussprechliche zu

diskutieren, so ist der Anspruch dieses

Aufsatzes lediglich, eine vage Idee der

Wirkungsmechanismen des Dao in den im

Titel erwähnten Bereichen zu geben und mit

viel Glück einen Zusammenhang über deren

unzertrennliche Verbindung herzustellen.

 

Das Wesen des Dao

Der Daoismus oder auch Taoismus ist eine

chinesische Philospophielehre, die mit “der

Lehre des Weges” übersetzt werden kann. Der

Weg wird dabei durch das Handeln des

Individuums im JETZT bestimmt und ist somit

maßgebend für den Verlauf der Dinge. Der

Daoismus kann als Chinas eigene und

authentische Religion angesehen werden,

dessen historisch gesicherte Ursprünge im

4.Jahrhundert vor Christus, mit dem Werk des

Tao-Te-King des LaoTse dokumentiert sind.

In China beeinflusste der Daoismus die Kultur in

den Bereichen der Politik, Wirtschaft,

Philosophie, Literatur, Kunst, Musik,

Ernährungskunde, Medizin, Chemie,

Kampfkunst und Geographie [1] [4]. Die Basis

für diese Philosophie bildet das Dao, welches

in vielen Schriften als eine Art höherer Energie

beschrieben wird. Der Begriff Energie ist

hierbei nicht zu verwechseln mit dem in der

westlichen Wissenschaft oder Technik

gebrauchten Sinne; wie etwa dem Strom in der

Elektrizitätslehre oder der Wärme in der

Thermodynamik. Auch wenn diese technisch-

wissenschaftlichen Elemente Teile des Tao

beschreiben mögen, oder sogar Teile davon

sind, so ist es doch kein umfassendes Bild

welches sich daraus ableitet. Das Dao wird

eher als eine intelligente, alles umfassende,

nichts ausschließende, alles durchströmende

und alles verbindende Energie gesehen, die

jedes belebte und unbelebte Element dieses

und aller anderen Welten miteinander

verbindet. Wird vom Dao gesprochen, so wird

es als nicht wertend und nicht ausgrenzend

beschrieben, was eine Differenzierung zur

Götterwelt darstellt, die unabhängig von der

Glaubensrichtung in mehr oder weniger allen

Weltreligionen als höhere und durchaus

wertende Instanz verstanden wird. Denken wir

nur an Himmel und Hölle oder dem

Ansammeln von den Gläubigen (=die Guten)

und den Ungläubigen (= die Bösen), von

gutem und schlechtem Karma, etc. .

Im ausgehenden 17.Jahrhundert wurde in

verschiedensten wissenschaftlichen Diskursen

in Europa der Begriff des Äthers eingeführt, um

unterschiedliche physikalische Fragestellungen

in Bereichen der Optik, Elektrodynamik,

Gravitation, etc. zu beschreiben.

 

Die Wirkung der dort auftretenen Phänomene

und deren Wechselwirkung konnte man sich

bis dato nicht erklären.

Bild 1: Darstellung von einzelnen elektischen Teilchen,

DAS BILD KONNTE ICH LEIDER NICHT EINFÜGEN

 

die durch den Äther (Molekularwirbel) verbunden sind.

Eine Handskizze von James Clerk Maxwell.

 

Dies ist insofern erstaunlich, als dass diese

wissenschaftliche Vorstellung des damals

beschriebenen Äthers von der philosophischen

Auffassung des östlichen Dao nicht so weit

entfernt war. Der Ätherbegriff war aber zu eng

definiert und nur auf die Naturwissenschaft

bezogen, in welcher er über die nächsten

Jahrhunderte von einigen Wissenschaftlern

durch theoretische Herleitungen widerlegt

wurde und so aus den Lehrbüchern

verschwand. Dennoch ist der Begriff nicht

gänzlich ausgestorben und wurde z.B. 2006 in

der Nobelpreisrede von George F. Smoot über

die kosmische Mikrowellenstrahlung als

mögliches Bezugssystem erwähnt [2].

Viele ursprünglich östliche Schriften befassen

sich mit der Beschreibung, dem Ursprung und

dem Wirken des Dao. Gerade bei Versuchen

das Dao zu beschreiben, scheitern viele sehr

bemühte Kenner der Materie und lassen den

Leser mit einem faden Geschmack der

Orientierungslosigkeit zurück.

Um nicht denselben Fehler zu begehen –

nämlich über etwas zu schreiben, das nicht

beschrieben werden kann – soll an dieser

Stelle der chinesische Weise LaoTse selbst

zitiert werden, der das Wesen des Dao in

einem seiner Aphorismen wie folgt beschreibt:

„Schau hin, du wirst es nicht sehen –

man nennt es: unsichtbar.

Horche, du wirst es nicht hören –

man nennt es: unhörbar.

Greif danach, du wirst es nicht fassen –

man nennt es: unfassbar.

 

Es strahlt nicht von oben,

und doch ist es von unten her nicht dunkel.

Wie ein unendlicher Faden,

und doch nicht zu beschreiben.

Es kehrt zurück ins Nichts.

Man nennt es: die Gestalt des Gestaltlosen,

das Bild des Wesenlosen;

unvorstellbar und jenseits aller Phantasie.

Du stehst davor, doch du siehst sein Gesicht

nicht, du folgst ihm, doch du siehst seinen

Rücken nicht [3].“

 

Mit dem vollen Bewußtsein, dass auch in

diesem Artikel nicht viel mehr zur literarischen

Erfassung des Dao beigetragen werden kann,

als in der im deutschen Raum schon relativ

mannigfaltigen Übersetzungen östlicher

Schriften unterschiedlicher Qualität, wird auf

ausschweifende theoretische Abhandlung

dieses Themas verzichtet. Vielmehr sollen im

Folgenden die praktischen Erfahrungen und

daraus hergeleiteten Zusammenhänge

diskutiert werden, die jeder, der sich ernsthaft

mit den Kampfkünsten und deren

philosophischen Aspekte beschäftigt, in der

Übung selbst feststellen und somit diese

Wahrheit für sich ergründen kann. Ähnlich wie

Antiope, die Königstochter aus der alten

griechischen Mythologie, die, aus einer

perfekten Welt stammend, und abgeschirmt

von allem Schweren, das Orakel fragte, was

Leid sei? Das Orakel antwortete darauf: “Leid

lässt sich nicht beschreiben”. Antiope fragte,

wie sie denn dann Leid erkennen könne?

“Indem du Leid erfährst” antwortete das Orakel

[6].

So verhält es sich auch mit dem Dao. Auch

wenn es nicht beschrieben werden kann, so

kann seine Wirkung von jedem individuell

erlebt werden. Im Unterschied zu westlichen

Religionen, die versuchen alles mögliche zu

erklären, dabei scheitern und sich dann darauf

berufen, man müsse eben glauben, begnügen

sich speziell die chinesische Philosophien des

Daoismus aber auch des Konfuzionismus

damit, nach gewissen moralischen

Grundsätzen zu leben und Achtsamkeit, einen

Wachen Geist und Liebe zu kultivieren. Sie

vertrauen darauf, dass diese Lebensweise

positive Auswirkungen auf ihr Leben und ihr

Umfeld hat. Welche Mechanismen im

Hintergrund wirken kümmert den

Praktizierenden dabei wenig.

Prinzipiell gibt es zwei grundsätzlich

unterschiedliche Möglichkeiten, wie es gelingt,

sich einer tieferliegenden Wahrheit zu nähern.

Die Erste ist es, von einer umfassenden

theoretische Betrachtung des Themas

auszugehen, welche auf der Erhebung aller

vorhandenen Daten beruht und im Folgenden

durch Kombinationen und Ableitungen dieser,

zu einer Hypothese verarbeitet werden kann.

So wird versucht, am Reißbrett ein Bild der

Realität zu zeichnen. Ist die Hypothese

schlüssig und haltbar, so wird versucht diese

im Experiment zu beweisen. Diese Methodik

findet hauptsächlich in den Natur- und

Wirtschaftswissenschaft sowie generell im

Denken der westlichen Welt ihre Anwendung.

Es ist kein wissenschaftlicher Assay denkbar,

in dem eine entsprechende Theorie nicht

umfassend und schlüssig dargestellt werden

kann; unabhängig davon, was das Ergebnis

der zugrundegelegten Experimente sein mag.

Eine andere Methode ist es, sich über die in

einer gewissen Situation oder durch gewisse

Praktiken gewonnene Erfahrungen einem

Thema zu nähern und über die Reflexion

dieser Erfahrungen, wenn nötig, eine

theoretische Ableitung zu erstellen. Bei diesem

Ansatz steht das persönliche Bewusstsein und

die gewonnene Einsicht im Vordergrund. Eine

theoretische Schlussfolgerung basierend auf

diesen Einsichten kann, muss aber nicht das

Resultat einer solchen Herangehensweise

sein. Dient diese meist ohnehin nur dazu, die

gewonnene Erkenntnis mit anderen zu Teilen

bzw. Ihnen die Richtung des Weges

aufzuzeigen und Wegweiser auf diesem

aufzustellen. Dabei muss dem Schüler bzw.

Unterwiesenem immer bewusst sein, dass im

Unterricht immer nur Wissen vermittelt wird;

Weisheit kann nur durch persönlich Erfahrung

erlangt werden. Wie auch schon Siddhartha

Gautama in der Erzählung von Herman Hesse

sagte:

“Wissen kann man mitteilen, Weisheit aber

nicht” [5]

Wenn in diesem Aufsatz vom Dao, dessen

Wirkung und Zusammenhängen mit weltlichen

Dingen wie z.B. der Kampfkunst oder

trivialerem, wie dem Fliegen fangen die Rede

ist, dann basieren die getätigten Aussagen und

hergeleiteten Theorien vorwiegend auf einem

erfahrungsbaiserten Ansatz, also dem zweiten

der oben beschriebene Wege.

 

Die Rolle des Loslassens

Wer kennt sie nicht, die kleineren und

größeren Herausforderungen des Lebens

sowie die tagtäglichen Alltagssituationen, in

denen wir versuchen Dinge zu erreichen, oder

herbeizuführen, bei denen wir glauben selbst

den größten Beitrag zum Erfolg beitragen zu

können. Unsere westliche Gesellschaft ist

gepägt vom Individualismus der immer mehr in

einen ungesunden Narzissmus umschlägt. Auf

dessen Basis denken viele von uns, dass sich

das Leben und die Umwelt um sie selbst als

Zentrum dieses Mikrokosmus dreht.

Eine grundlegende Fehleinschätzung die auf

diesem Weltbild basiert ist, alles selbst in der

Hand zu haben. Grundsätzlich ist das nicht

falsch, denn jeder Mensch kann an seinem

Geist und dessen Funktionen arbeiten und sie

zum Guten entwickeln. Die Art jedoch, wie wir

heute gemeinhin versuchen unsere

vermeintlichen Ziele zu erreichen ist definitiv

mangelhaft. Werden Ziele mit Hartnäckigkeit,

Verbissenheit, falschem Ehrgeiz, Profilierungs-

sucht, etc. verfolgt, so rückt das Ziel oft in noch

weitere Ferne. Der Daoismus, wie auch andere

östliche Philosophien lehren uns, loszulassen,

nicht anzuhaften, die Dinge mit Gleichmut und

Liebe zu betrachten und vor allem die

gegenwärtige Situation anzunehmen. Wenn es

gelingt, den Blick auf das eigene Leben und

sein Umfeld mehr mit diesen Attributen zu

versehen, dann werden uns viele unserer Ziele

wie von alleine und ohne Zwang auf halbem

Weg entgegenkommen und das bei weit

weniger Kraftanstrengung.

Auch die westliche Welt versteht und

erschließt dieses grundlegend Daoistische

Prinzip immer mehr. So erschienen in den

letzten Monaten und Jahren immer häufiger

Bücher zu diesem Thema, in denen

Psychologen, Mediziner, aber auch

Wirtschaftwissenschafter, Manager und

Börsianer aus dem hektischen Treiben ihres

Arbeitsalltages bzw. ihrer Karriere aussteigen

und die gewonnenen Erkenntnisse in Büchern,

Vorträgen oder Assays formulieren und

weitergeben. Ein gutes Beispiel hierfür ist

Rene Egli, ein schweizer Ökonom, der lange

Jahre in der Wirtschaft arbeitete, bis er aus

diesem kapitalistischen Trott ausstieg und sein

erstes Buch über das Loslassen und das

Entwickeln einer gesunden Geisteshaltung

schrieb. Seither erschienen weitere Bücher

und Seminare zu Themen wie Loslassen,

Achtsamkeit, etc. von ihm (z.B. “Das LOL²A

Prinzip, ISBN 978-3-9520606-0-5”). Er schreibt

dabei, bewusst oder nicht, über zentrale

Aspekte der Daoistischen Philosophie und der

Erfolg seiner Arbeit zeigt, wie sehr die

Menschen in unserer westlichen Kultur diese

Weisheit benötigen.

 

Die Rolle der Achtsamkeit

Wenn wir also etwas über das Dao und sein

Wirken erfahren wollen, so ist es nötig sich auf

die Erfahrungsebene zu begeben. Dort

angekommen wird schnell klar, dass es nicht

genügt eine bestimmte Tätigkeit auszuüben.

Es ist auch nicht entscheidend, welche

erkenntnisbringenden Übungen wir ausführen,

nicht ob wir ausgefeilte Yoga Techniken

nachahmen, nicht ob wir Verse rezitieren, oder

den Lotus Sitz beim Meditieren beherrschen.

Bei jeder Tätigkeit spielt vor allem die

Achtsamkeit, mit der wir sie ausführen, die

entscheidende Rolle.

Wiederum gilt es, die hier gemeinte

Achtsamkeit von anderen Begriffen

abzugrenzen. Mit Achtsamkeit ist nicht

Konzentration oder Denken gemeint. Im

Gegenteil, dies wäre unter Umständen sogar

hinderlich um das Dao und sein Wirken zu

erfahren.

“Der Anfang des Denkens ist der Tod der

Sinne”, schrieb Dan Millman in seinem Roman

“Der Pfad des friedvollen Kriegers” [7].

Beobachten wir Kinder, so haben sie diese

Achtsamkeit und auch das zuvor beschriebene

Loslassen (nicht Anhaften) noch innewohnend;

zumindest so lange, bis wir sie durch unserer

Erziehung konditioniert haben. Im Alltag der

modernen westlichen Welt ist diese

Achtsamkeit bei den meisten Menschen

verloren gegangen und kommt nur mit viel

Glück in wenigen wachen Momenten zum

Vorschein. Kinder erfassen ihre Umgebung

ohne Vorurteile, gänzlich ungeprägt. Dies

macht sie so besonders, da sie somit eine

direkte und unmittelbare Wahrnehmung

besitzen. Mit zunehmendem Alter setzt die

Erziehung durch Elternhaus, Schule,

Umgebung ein, was zu einer Konditionierung

der ursprünglichen Instinkte und angeborenen,

vorurteilsfreien Wahrnehmung führt. Die

Umgebung wird nicht mehr unmittelbar

wahrgenommen, sondern im Laufe der Zeit nur

mehr der Gedanke davon. Der aufmerksame,

wache und bewusste Geist wird durch Denken

ersetzt. Die Achtsamkeit weicht der

Aufmerksamkeit. Die Menschen geben Dingen,

Situationen oder Personen Namen und

glauben dann, sie zu kennen. Da dieses

Schubladisieren aber nur das gedankliche

Konstrukt des unmittelbaren Erlebnisses ist,

entfernen wir uns mit dem gedanklichen

Erfassen von Dingen und Situationen immer

mehr von der Wirklichkeit. In der biblischen

Geschichte könnte man diese Transformation,

die jeder Mensch im Laufe seines

Erwachsenwerdens bzw. seiner Erziehung durchmacht,

als Rauswurf aus dem Paradies bezeichnen.

Auch in der Bibel sind einige Aussprüche und

Verse zitiert, in denen das kindliche Wesen

gepriesen wird, so Jesus von Nazareth bei

einer Begegnung mit seinen Jüngern:

“Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie

ein Kind, der wird nicht hineinkommen.”[8]

Oder an einer anderen Stelle, in der ihn die

Jünger fragten:

“Wer ist der Größte im Himmelreich?” Da rief

er ein Kind herbei, stellte es in die Mitte und

sagte: ”Wahrlich ich sage euch: Wenn ihr nicht

umkehrt und werdet wie die Kinder, dann könnt

ihr nicht in das Himmelreich kommen. Wer so

klein sein kann wie dieses Kind – der ist im

Himmelreich der Größte.”[8]

Das Problem dabei ist, dass es durch das

Denken nur schwer oder vielleicht auch

unmöglich ist im JETZT zu sein. Dinge werden

nur noch durch einen Schleier der

Assoziationen wahrgenommen, welcher

Aktuelles auf Basis von Erlebtem,

Vergangenem interpretiert. Dabei wird der

aktuelle Moment verpasst. Auch wenn Pläne

für die Zukunft geschmiedet werden, so

basieren die Gedanken hierfür auf den

Erfahrungen aus der Vergangenheit; nach dem

Motto: “Mein ehemaliger Partner hat mich

betrogen, deshalb vertraue ich auch meinem

derzeitigen und dem eventuell noch

kommenden Partner nicht mehr”. Da aber die

Vergangenheit, außer über das Denken,

keinen Einfluss auf die Gegenwart hat, ist dies

ein in sich zusammenbrechender Kreislauf

einer Scheinwelt der den Menschen an der

wahren Teilnahme am Leben hindert. Erst

wenn klar wird, in wie vielen Bereichen diese

Konditionierung tagtäglich als Routine im

Hintergrund unseres Handelns abläuft und

welch verheerende Wirkung es auf unsere

Gegenwart hat, kann damit angefangen

werden diese Prägung langsam abzubauen

und zur unmittelbaren Wahrnehmung der

Realität durch das Verweilen im JETZT

durchzubrechen.

Nicht umsonst ist das Ziel der buddhistischen

Tradition, durch Bodhi (dem “Erwachen”) oder

auch besser bekannt durch Erleuchtung eine

fundamentale und befreiende Einsicht in die

Grundtatsachen allen Lebens zu erhalten. Dies

soll im Buddhismus vor allem durch Meditation

erreicht werden. Dabei wird versucht, den

Affengeist (also das unkontrollierte Denken)

einzubremsen bzw. überhaupt auszuschalten

und im Hier und Jetzt zu verweilen, um die

Welt so wahrzunehmen wie sie tatsächlich ist.

Hermann Hesse beschreibt in seiner

wundervollen Erzählung “Siddhartha”, einen

Auszug aus dem Lebensweg des Buddha,

Siddhartah Gautama. An einer Stelle sagt

Siddhartha:

“Zu viel Wissen hatte ihn gehindert, zu viel

heilige Verse. Zu viel Opferregeln, zu viel

Kasteiung, zu viel Tun und Streben!” [5]

Er spielt damit auf die Krampfhaften

Bemühunge eines Praktizierenden an, dem es

nicht und nicht gelingen will, Erleuchtung zu

Erlangen. Denken und Ehrgeiz (also nicht-

loslassen) hindern ihn daran.

Auch im Daoismus wird das unbewusste

Denken und die Konditionierung als Problem

für die Entfaltung des Dao gesehen. Nur wenn

es gelingt im Hier und Jetzt zu sein, kann das

Dao seine Wirkung entfalten und das Leben

lenken. LaoTse meinte hierzu:

“Der Weg ist ewig namenlos.

Obwohl sein Wesen einfach wie ein

unbehauener Holzklotz ist, wagt niemand in

der Welt über ihn zu herrschen.

Wenn es Königen und Fürsten dieser Welt

gelingt, die ursprüngliche Einfachheit des

unbehauenen Holzklotzes zu bewahren,

werden die zehntausend Dinge von selbst

gehorchen;

Himmel und Erde werden sich vereinigen, ein

ganz weicher Regen wird niedergehen, und die

Menschen brauchen keine Anweisungen mehr:

Alles ist von sich aus in Ordnung.

Erst wenn er behauen wird, tauchen die

Namen auf;

Sobald es Namen gibt, sollte man erkennen,

dass es an der Zeit ist innezuhalten.

Wer weiß, wann er innehalten muss, kann die

Gefahr vermeiden“” [3]

Die grundlegenden Konzepte des Daoismus

basieren darauf, echt und dauernd im Geiste in

der Gegenwart zu verweilen, die

Geschehnisse aufmerksam zu beobachten und

wahrzunehmen, ohne sie zu analysieren.

Dadurch wird die Kunst des WuWei kultiviert;

die Kunst des Handelns durch Nicht-Handeln.

WuWei bedeutet in der Praxis, den

Geschehnissen seinen Lauf zu lassen, ohne

dabei Widerstand zu leisten; sie nur ruhig und

mit Achtsamkeit zu betrachten. Dazu ist es

nötig, die inneren Bindungen aufzugeben; alle

Abhängigkeiten von innerer oder äußerer

Authorität, von Denkschablonen oder

religiösen Bindungen oder Ähnlichem

aufzugeben. Dies bedeutet nicht auszusteigen

und alles hinzuwerfen. Es geht allein darum,

seinen Geist von den vielen Bindungen zu

befreien. Nicht umsonst sagte der Zen Meister

zu seinem Schüler: “Wenn du Buddha triffst,

töte ihn“”. Dies ist die Aufforderung, sich auch

von den eigenen (spirituellen) Lehrern

loszusagen, von jeglicher Art von Autorität, da

nur so die eigene Erkenntnis reifen kann.

 

Die Rolle der Kampfkunst

Zuerst mag es zu unterscheiden gelten ob

von Kampfkunst oder Kampfsport die Rede ist.

Obwohl es, wie schnell klar werden wird

vollkommen egal ist, soll fortan der Begriff

“Kampfkunst” als umfassenderer und

übergeordneter Begriff verwendet werden. Da

die Energie des Dao per Definition überall und

in Allem wirkt, könnte auch ein

Zusammenhang mit dem Kampfsport

hergestellt werden. Dies wäre aber vermutlich

noch abenteuerlicher als der Versuch, die

Verbindung zur Kampfkunst mit ihren vielen

Facetten herzustellen.

Auch wenn das geklärt scheint, stehen wir

immer noch vor der Frage, um welche

Kampfkunst es letztendlich bei diesem,

deskriptiven Spagat geht. So scheint es im

ersten Ansatz doch einen signifikanten

Unterschied zu machen, ob von der alten

Europäischen Kunst des Rapier- oder

Degenfechtens, von der durch seine Akrobatik

einem sehr breiten Publikum bekannten Kunst

des Shaolin KungFu, oder den vielleicht

etwas offensichtlicher mit diesem Thema

verknüpfbareren inneren Kampfkünsten des

chinesichen Taijichuan oder Qigong die

Rede ist. In Wirklichkeit spielt alleine die im

vorigen Kapital angeschnittene Eigenschaft

der Achtsamkeit und der richtigen

Geisteshaltung eine Rolle. Bei sogenannten

inneren Stilen der Kampfkunst ist es insofern

leichter nachvollziehbar, als dass die

Kultivierung der Achtsamkeit integraler

Bestandteil des Trainings sein sollte.

Ungeachtet dessen wird auch ein

Degenfechter, ein Tontaubenschütze oder ein

Turniertänzer der lediglich in Taktiken und

Abläufen denkt, immer hinter seinem

Kontrahenten hinterherhinken, der gelernt hat

den Moment und die Umgebung unmittelbar

wahrzunehmen und auf die Krücke der

Gedanken zu verzichten.

Der alte Weise LaoTse hatte zum Kampf und

im Speziellen zu Waffen eine sehr abwertende,

wenn auch nicht naïve Einstellung, welche er

äußerte indem er sagte:

“Waffen sind Instrumente des Unheils und

werden von allen Geschöpfen gehasst. Wer

dem Weg folgt, besteht deshalb nicht auf ihren

Gebrauch. Waffen sind Instrumente des

Unheils und nicht die Instrumente des Edlen.

Ist man gezwungen, sie zu gebrauchen, so ist

es am besten, wenn man keinen Gefallen

daran findet.

Ein Sieg ist kein Grund für laute Freude;

Wer sich dennoch über einen Sieg freut, der

hat auch Freude am Töten von Menschen.

Wer Freude hat am Töten von Menschen, der

kann sein Ziel auf der Welt nicht erreichen.” [3]

LaoTse war also kein Freund von Gewalt, ihm

war aber durchaus bewusst, dass es

Situationen gab, da es nötig war sich zu

verteidigen und dies dann auch getan werden

sollte. Schließlich stellt auch eine Verletzung

oder gar der Tod des Praktizierenden ein

Hindernis dar den Weg weiter zu gehen. Was

LaoTse sagt ist, dass es manchmal nötig sein

kann sich zu wehren und dabei kann es auch

dazu kommen, dass jemand verletzt, werden

muss (körperlich wie auch geistig), es soll aber

weder am Kampf noch am Sieg ein Gefallen

gefunden werden.

Es wird also klar, dass das hier gewählte

Beispiel der Kampfkunst nur ein

Transportmittel auf dem Weg des Dao ist;

wenn der Weg des Dao mit einer Autobahn

verglichen würde, so wäre die Kampfkunst

(oder eine andere Tätigkeit bei der die

Kultivierung des Geistes im Vordergrund steht)

das Automobil, mit dem man sich auf dieser

Straße fortbewegt. Nicht mehr und nicht

weniger. Das bedeutet, ein Praktizierender des

Dao muss nicht notwendigerweise eine

Ausbildung in den Kampfkünsten durchlaufen;

das Umgekehrte scheint jedoch sehr wohl der

Fall.

Möchte ein Kampfkünstler seine Kunst

vollständig und umfassend erlernen und sich in

dieser auch ohne die Schritt-für-Schritt-

Anleitung seines Lehrers weiterendwickeln, so

führt am Dao bzw. der achtsamen Ausübung

seiner Kunst kein Weg vorbei. Zuerst wird der

Schüler gewisse Anleitungen seines Lehrers

brauchen um die für seine Übungen benötigten

Fertigkeiten, wie z.B. gewisse Bewegungs-

abfolgen, oder auch Visualisierungen,

kultivieren zu können. Sind die Abläufe und

Bewegungsmuster erst einmal erlernt (hier

also wirklich ein denkendes Erfassen), so wird

damit begonnen diese Abfolgen zu üben. Am

Anfang des Übens steht das Wiederholen und

das Verfeinern der physischen oder

psychischen Abläufe. Je mehr der

Praktizierende übt, desto leichter wird es ihm

fallen sich nicht mehr auf die von seinem

Lehrer vorgegebenen Abläufe zu

konzentrieren, sondern eine Art Innenschau zu

halten die letztendlich nichts anderes ist, als

ein achtsames Verweilen oder Ausführen der

Übung (also ein SEIN). Wenn dieser Schritt

vollbracht ist, dann wird der Schüler zum

Meister und die Tätigkeit zum Gebet.

Von diesem fernen Ziel sollte sich niemand

einschüchtern lassen. Vermutlich gibt es nur

wenige Menschen, die gelernt haben ihren

Geist so zu kultivieren, dass sie mit voller

Achtsamkeit und Liebe im Augenblick

verweilen und ohne zu werten, alles annehmen

und wahrnehmen; innerhalb und außerhalb

ihres Körpers. Menschen die eine solche

Entwicklungsstufe erreichten nannten wir je

nach Kultur Jesus, Buddha oder Mohammed.

Der Alltag sieht meist anders aus und wir

müssen uns jedes bisschen Freiraum, in dem

wir die Zeit und Energie haben uns mit uns

selbst zu beschäftigen, hart erkämpfen. Diese

Zeit und Energie müssen wir uns von den

restlichen Verpflichtungen, wie Partnerschaft,

Arbeit, Familie, etc., absparen. Doch auch in

dieser Situation, in der viele verschiedene

Dinge unter einen Hut zu bringen sind, steht

die Kultivierung der Achtsamkeit, des

Gleichmutes und der Absichtslosigkeit für

jeden offen. Sei es beim Training oder im

Straßenverkehr, negative Emotionen und

unnötig und unbewusstes Denken begleiten

uns fast überall und deshalb ist auch zu jedem

Zeitpunkt der beste Augenblick mit dem

Training zu beginnen. Wie auch der Dalai

Lama sagt: “Das Beste was einem

Praktizierendem passieren kann ist, auf einen

Feind zu treffen”. Unangenehme Situationen

(oder eben ein uns feindlich eingestellte

Person) lehren uns in Geduld, Demut, Mitgefühl

und der Kunst zu Verzeihen. Sie sind die

besten Lehrmeister. Von ihnen können wir,

eine rechten Geisteshaltung vorausgesetzt,

viel mehr lernen als vom liebevollsten Lehrer.

 

Die Rolle des Fliegenfangens

Nun aber die Überleitung zu einem

greifbarerem und für jeden nachvollziehbarem

Beispiel; dem Fliegenfangen.

So, wie es dem Kampfkünstler bei der

Anwendung seiner Techniken in einer

Kampfsituation geht, so geht es jedem von

uns, wenn wir versuchen eine Fliege zu

fangen. Am Anfang der Handlung (also dem

möglichst raschen Ausstrecken des Armes um

die Fliege zu fangen) steht die Absicht. Die

Absicht entsteht im Kopf, also durch Denken.

Wenn wir diese kleine Fliege vor uns sehen,

die uns zuvor vielleicht noch minutenlang um

die Ohren geflogen und uns beim Lesen

gestört hat, dann steigen Aggressionen in uns auf

und wir wollen sie unbedingt fangen und

zerklatschen. Wir DENKEN also, dass wir sie

fangen und unschädlich machen wollen, um in

Ruhe weiter unserer Beschäftigung nachgehen

zu können. Wir DENKEN weiter, dass wir sehr

schnell nach der Fliege schnappen müssen, da

wir wissen, dass Fliegen je Hauptauge ca.

3.200 Einzelaugen haben, mit denen sie alles

in Zeitlupe wahrnehmen können und es

dementsprechend schwer ist den Quälgeist zu

fassen. Während wir diese Denkprozesse

druchlaufen verkrampfen sich automatisch

unsere Muskeln in einer unkontrollierten

Weise, sodass wir rein körperlich gar nicht

mehr in der Lage sind, schnell zuzuschnappen

und die Fliege zu fangen. Wenn wir aber

unseren Geist kultiviert haben, Achtsam im

Moment weilen, unseren Ehrgeiz und alle

Vorstellungen von Vergangenheit und Zukunft

loslassen, der Fliege gleichmütig

gegenüberstehen und quasi absichtslos, aber

mit einer grundlegenden Intention unseren Arm

nach ihr ausstrecken, dann verkrampft unsere

Muskulatur nicht und die Bewegung wird aus

dem Körper heraus (und nicht aus dem

Denken heraus) geschmeidig und blitz schnell

ausgeführt. Damit steigen unsere Chancen

ungemein! Sollte es doch nicht geklappt

haben, dann werden wir uns darüber auch

nicht ärgern, da wir unsere Bewegung

eigentlich ohne Ehrgeiz und Anhaftung an ein

vermeintliches Ziel ausgeführt haben. Vielleicht

freuen wir uns sogar, dass dieses Lebewesen

weiter seine Runden ziehen kann und vielleicht

fliegt das Kleine Tier ohnehin in der nächsten

Sekunde in einen anderen Raum und stört uns

nicht weiter. Jeder der versucht seinen Geist

zu schulen und diesen Fliegen-Fang-Test

einige male ausprobiert, wird merken, dass die

Quote, bei der wir nach unserer Armbewegung

die Fliege in unserer geschlossenen Hand

halten, erstaunlich hoch ist. Mit ziemlicher

Sicherheit zumindest höher, als mit dem

bisherigen Ansatz. Ein weiterer Nebeneffekt

ist, dass der auf diese Weise erfolgreiche

Fliegenfänger in den seltensten Fällen das Tier

töten wird .

 

Conclusio

So wie mit dem Fliegenfangen, verhält es sich

mit allen Dingen in unserem Leben. Die oben

dargelegten Grundsätze eines kultivierten

Geistes helfen uns im Beruf, in der

Partnerschaft, lassen uns gesünder älter

werden, verschaffen uns Freude bei den

einfachen Dingen des Lebens und machen uns

zu ausgeglicheneren, symphatischeren

Menschen. Jede Tätigkeit, die wir ausführen ist

nur eine Tätigkeit. Tieferer Sinn entsteht durch

einen wachen, nicht anhaftenden, nicht

urteilenden Geist in dem Achtsamkeit, Liebe

und Mitgefühl kultiviert werden. Dies ist der

Weg, den jeder auf unterschiedliche Art

beschreiten kann: durch Kampfkunst, durch

Yoga, durch Malen, durch Kochen, etc. Fehlt

der rechte Geist, so kann nichts Sinnvolles

entstehen. Letztendlich gibt es nichts zu tun,

außer mit beschriebener Geisteshaltung im

JETZT zu verweilen. Es gibt keine Ziele zu

erreichen, es gibt nichts zu gewinnen. Mit der

rechten Haltung wird alles zu uns kommen und

alles von uns gehen. Das Leben ist ein Fluss

und wird sind hier um darin zu schwimmen.

 

„ein ewiger Schüler“

 

Referenzen

[1] Laozi: Daodejing. Das Buch vom Weg und seiner

Wirkung. Neuübersetzung. Reclam (2009).

[2] Elected Biographical References of Smoot, George,

and Keay Davidson: Wrinkles in Time; Who’s Who in

America (1992)

[3] Lao Tse; Tao-Te-King; Übersetzt ins Deutsche von

Hans Knospe und Odette Brändli (1990)

[4] Diverse Übersetzungstexte des Daodejing aus dem

Internet (2013)

[5] Hermann Hesse: Siddhartha (2004)

[6] Michael Köhlmeier: “Antiope” aus dem großen

Sagenbuch des klassischen Altertums (2009).

[7] Dan Millman: Der Pfad des friedvollen Kriegers; Aus

dem Englishen von Thomas Lindquist (2010)

[8] Die heilige Bibel: Das Buch des neuen Testamentes:

Matthäus 18:1-4; Die Elberfelder Übersetzung

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Allgemein

2021_Jörg_Kampfkunst, wie wir sie in der Dao-Schule-Tirol praktizieren, als Mobbingprophylaxe.

September 2021
Schriftliche Arbeit, im Rahmen der Prüfung für den dritten Inneren Grad, von Jörg Leiseder, an der Dao-Schule-Tirol.

Kampfkunst, wie wir sie in der Dao-Schule-Tirol praktizieren, als Mobbingprophylaxe.
Kampf wird nur dann zur Kunst, wenn er weit über den körperlichen Zweikampf hinaus geht.

Vorab:
Auf den ersten Blick scheint es offensichtlich, dass Kampfkunst und Kampf überaus geeignet sind, Mobbing zu begegnen. Auch vorbeugend scheint ein zuerst ausgeführter Angriff hilfreich. Ein Präventivschlag allerdings, würde die Gewaltspirale frühzeitig eröffnen. An dieser Stelle kommt der wichtige Unterschied zwischen Kampfkunst und Kampfsport zum Tragen.
Um einen Vorsprung in sich anbahnenden Auseinandersetzung zu haben, kann optimal eingesetzte Kampfkunst ein frühzeitiges, möglichst phantasie- und lustvolles Aussteigen aus der Gewaltspirale ermöglichen.
Definition:
Mobbing1
, ein aus dem Wort „Mob“ (der Pöbel) abgeleiteter und aus der Ethologie entlehnter Begriff, wonach einzelne Personen in ihrer sozialen Gruppe ausgegrenzt, schikaniert und terrorisiert werden. […] Mobbing wird von kleineren Streitereien und punktuellen Gewaltausbrüchen dadurch abgegrenzt, daß die Angriffe wiederholt und über einen längeren Zeitraum hinweg in der Absicht erfolgen müssen, dem Opfer Schaden beizufügen. Mobbing kann dabei von einer oder von mehreren Personen durchgeführt werden, und es richtet sich typischerweise auf ein Opfer, das sich nicht wehren kann (Stärkeungleichgewicht). Schließlich kann Mobbing sowohl direkte Formen annehmen –
wie etwa Drohungen oder körperliche Angriffe – sowie indirekte Formen wie etwa Ausschluss aus der sozialen Gruppe.
Die meisten Forscher betonen laut Christoph Seydl2 folgende Gesichtspunkte:
 Verhaltensmuster: Mobbing bezieht sich auf ein Verhaltensmuster und nicht auf eine einzelne Handlung.
1https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/mobbing/9859
2Christoph Seydl: Mobbing im Spannungsverhältnis sozialer Normen – eine dissonanztheoretische
Betrachtung mit Untersuchung. Trauner, Linz 2007, ISBN 978-3-85499-312-4.

Die Handlungsweisen sind systematisch, das heißt, sie wiederholen sich ständig.
Der Umstand, dass es sich bei den Angriffen um Verhaltensmuster handelt, bieten einen guten Ansatz für ein Training.
Es ist nicht notwendig, mit einzelnen Attacken sofort fertig zu werden, sondern man hat Zeit, Strategien zu entwickeln und erproben.
Durch wiederholte Rollenspiele im Training gewöhnt sich der Teilnehmer daran, dass fremdes Fehlverhalten nicht gleich das eigene Ende bedeuten muss, vielmehr werden alternative Möglichkeiten des Arbeitens und Lernens erarbeitet, eine Neuorientierung der Persönlichkeit kann beginnen.
Es ist nicht notwendig, einzelne Handlungen überstürzt einzusetzen, vielmehr soll ein Horizont für bisher unbekannte Handlungsstrategien erschlossen werden. Mit der Lust am Entwickeln und Erproben wird auch der Druck genommen.
 Negative Handlungen: Mobbingverhalten kann verbal (zum Beispiel Beschimpfung), nonverbal (zum Beispiel Vorenthalten von Informationen) oder physisch (zum Beispiel Verprügeln) sein. Solche Handlungen gelten üblicherweise als feindselig, aggressiv, destruktiv und unethisch.
In diesem Fall ist es wichtig, aggressive und fremdgesteuerte Aktionen rechtzeitig zu erkennen, um in weiterer Folge rechtzeitig agieren zu können.
Im Training gilt es Menschen und Situationen „lesen“ zu lernen und passende „Antworten“ aus den „Effeff“ parat zu haben.
 Ungleiche Machtverhältnisse:
Die Beteiligten haben unterschiedliche Einflussmöglichkeiten auf die jeweilige Situation. Eine Person ist einer anderen Person unter- beziehungsweise überlegen. Dazu ist kein Rangunterschied nötig. Eine Ungleichheit kann durch die bloße Anzahl bedingt sein: Viele Personen gegen eine Person.

Im Training werden die eigenen Stärken entdeckt und geweckt, um situativ mächtig zu bleiben.
 Opfer: Im Handlungsverlauf bildet sich ein Opfer heraus, das infolge ungleicher Machtverhältnisse Schwierigkeiten hat, sich zu verteidigen.
Durch das Training wird mindestens einer der vorangegangenen Punkte zu den eigenen Gunsten verändert, deshalb entwickelt sich der Trainingsteilnehmer nicht mehr zum Opfer aus.
Theorie:
Weder beginnt Kampfkunst, noch endet sie. Vielmehr ist sie eine ständige Bereitschaft zu agieren, anstatt zu re-agieren. Hierin liegt auch der Vorteil für die Mobbingprophylaxe:
Geschultes Vorgehen ist kaum mehr von einem Gegenüber abhängig, der Kampfkunsterprobte behält seine Handlungsfreiheit.
Kampfkunsterprobte sind es gewöhnt, die gleiche Problemstellung auf unterschiedlichste Weisen zu lösen, sich erneut darauf einzustellen und etwas Ungewohntes zu versuchen.
Durch die Erfahrung des Übens, der Erprobung verschiedenster Konzepte auf körperlicher Ebene, stellt sich früher oder später wie von selbst ein lustvolles Experimentieren mit unterschiedlichen Strategien auf geistiger Ebene ein.
Das Prinzip „Schere-Stein-Papier“:
Es gibt keine allgemeingültige „Siegertechnik“; sehr wohl aber passende Strategien, meist mehrere, durchaus unterschiedliche.
Die hohe Schule der Kampfkunst ist ähnlich kreativ, wie ein kunstvoller Scherenschnitt, eine am Stein geschliffene Schere, oder einen phantasievoll mit Papier verzierter Stein. Kreativität bedeutet die Selbstsicherheit zu haben, das Täter – Opfer Szenario verlassen
zu können.

In der Dao-Schule-Tirol unterscheiden wir drei Energien/Konzepte: „gerade“, „rund“ und
„spiralig“.

„Gerade“: verdrängend und entgegengehend „Pflug“ „Wing Tsun“
„Rund“: aufnehmend und ausweichend „Schaukel“ „Tai Qi Quan“
„Spiralig“: vorbei leitend und eindringend „Kreisel“ „Baguazhang“

Selbstverständlich sind die Übergänge fließend und eines kann im anderen gefunden werden.
Für eine Erklärung scheint mir eine prinzipielle theoretische Abgrenzung notwendig, da es sonst leicht zu Verwirrungen kommen kann.
Bietet mein Lebensstil eine große Angriffsfläche, so kann ich auf verschiedene Weisen damit umgehen. Mich persönlich könnte man wegen meines äußeren Erscheinungsbildes verspotten, da ich weder einer Mode oder einem Trend folge, noch sonst irgendwie darauf
achte zu gefallen oder entsprechen.
Mögliche Antworten, den 3 Konzepten folgend, könnten sein:
Gerade:
Ja das ist schon lange bekannt, und unwichtig. Bitte wenden wir uns wieder dienstlichen Angelegenheiten zu.
Rund:
Ja, die Geschmäcker sind eben verschieden. Kann ich ihnen irgendwie behilflich sein? (Ist Ihre persönliche Meinung denn von Belang in einer dienstlichen Besprechung?)
Spiralig:
Ja gewiss, können sie das genauer erläutern, eventuell sogar schriftlich? Ich bin übrigens sehr daran interessiert, warum sie das überhaupt der Erwähnung wert finden.

Außerdem verwenden wir folgende 6 „Tierstrategien“:
„Hase“:
Der Hase verlässt die bedrohliche Situation, denn außerhalb der Reichweite des Fuchses (Mobbers) ist er kein Opfer.
Bin ich beispielsweise einer Partie zugeteilt, in der ich gemobbt werde, so kann ich um eine neue Zuteilung bitten.
„Kluger Rabe“:
Der Kluge Rabe redet sein Gegenüber in Grund und Boden, wichtig ist allein, dass er den längeren Atem als der Opponent hat.
Ähnlich wie ein Igel, zusammengerollt zu einer Kugel, keine Durchdringen zulässt, so bietet auch der Kluger Rabe keine Lücke für einen verbalen Konter.
„Kobra“:
Die Kobra schüchtert durch Drohgebärden ein. Zeigt sich mächtiger als sie ist, denn sie möchte ihr Gift sparsam, also möglichst nur für die Jagd verwenden. Egal ob es sich um einen physischen oder psychischen Angriff handelt, ist die erste Reaktion ein bestimmter (aggressiver) Schritt auf das Gegenüber zu, ohne jedoch dessen Privatsphäre zu verletzen, so verseht das gegenüber für gewöhnlich, dass es kein „leichtes“ Opfer vor sich hat.
„Erdmännchen“:
Erdmännchen holen sich Hilfe.
Einerseits ist in einem Betrieb der Arbeitgeber/Vorgesetzte verpflichtet seine Arbeitnehmer zu schützen, andererseits sind dafür auch Betriebsräte/ Vertrauenspersonen eingerichtet. Außerbetrieblich sind dafür die Kammern und Gewerkschaften zuständig.
Auch Freunde und Verwandte können in manchen Situationen unterstützend mitwirken.
„Cooler Wal“:
Der Coole Wal ignoriert die Einladung in die Gewaltspirale.
Wichtig ist hierbei, dass man, so wie ein Lotus den Wassertropfen abperlen lässt, man wirklich auch zutiefst Innen ruhig ist und nicht im geringsten auswicht, sondern standhaft da bleibt ohne die geringste Verbindung zum Täter.
„Stachelschwein“:
Das Stachelschwein kämpft unerbittlich. Jede nur erdenkliche Möglichkeit wird versucht.
(In der Mobbingprophylaxe sollten wir uns auf legale Mittel beschränken.)
Schlägt ein Versuch, sich zu behaupten, fehl, so verliert das „Stachelschwein“ keine Zeit, von einer anderen Seite, mit einer anderen Strategie oder Technik, erneut seine Glück zu versuchen.
Praxis:
Bei uns im Training ist bei den Übenden meistens folgendes Schema zu erkennen: Zuerst wird „irgendetwas“ „irgendwie“ gemacht, dann kommt langsam, ansatzweise eine Idee „wie“ und „warum“ und mit der Zeit und weiterem Üben auch langsam eine Ahnung,
worum es dabei gehen könnte.
Kampfkunsterprobte sind es gewöhnt, die gleiche Problemstellung auf unterschiedlichste Weisen zu lösen, sich erneut darauf einzustellen und etwas Ungewohntes zu versuchen.
Denn im Training werden die diversen Vorgehensweisen anhand verschiedener Situationen erklärt und somit immer wieder in neuem Kontext geübt, dadurch erlebt man die verschiedensten Einsatzmöglichkeiten derselben. Zwischendurch werden die geübten Vorgehensweisen auch an vermeintlich Unpassenden „Angriffen“ ausprobiert, dabei gibt sich die eine oder andere unerwartete, passende „Antworten“.
Auf diese Weise wird Eintönigkeit und Kleinkariertheit vermieden.
Beschränkt man sich grundsätzlich darauf, den Kopf, also die Steuerungseinheit, auszuschalten, so wird man immer wieder überrascht sein, wie ein Angriff, geduckt von unten, als möglicher Zwischenschritt, erfolgreich zum Ziel führen kann.
Beim Erlernen einzelner Techniken nähert der Übende sich stetig einem Ideal an. Es wird im Laufe der Zeit zur Gewohnheit, nicht „perfekt“ anzufangen. Gleichzeitig gewahrt man, dass auch verbesserungswürdige Versuche schon Wirkung zeigen. Es ist also hilfreicher
etwas zu tun, als nichts zu tun, denn was ich nicht kann, kann ich noch lernen.
Man lernt, dass Steigerung möglich, ja normal ist.
In der alltäglichen Anwendung zeigte sich, dass es schon hilfreich sein kann, anders als üblich zu agieren, um eine neue Reaktion zu provozieren. Dies allein irritiert bereits den Mobber, um sein Opfer in Frieden zu lassen, denn sobald das „Opfer“ Handlungsspielraum hat, fällt es aus seiner zugedachten Rolle.
Dies ist in erster Linie der gewünschte Erfolg, als Zugabe kann diese Aktion auch noch bewirken, dass der Mobber generell weniger darauf baut, andere herabzusetzen.

Fazit:
Durch Theorie (3 Konzepte, 6 Tierstrategien, „Scher-Stein-Papier“, Gewaltspirale) und Praxis (Rollenspiele, Übungen, Wiederholung, Variation) ist eine solide Basis für eine alltagstauglich Mobbingprophylaxe gewährleistet.

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2015_Jörg_Zeremonien und Rituale in der DAO-Schule-Tirol

Schriftliche Arbeit im Rahmen der Prüfung auf der dritten Inneren Grad ARTMA.
Eingereicht und abgelegt von Jörg Leiseder an der Dao-Schule-Tirol.

Thema der Arbeit:
Zeremonien und Rituale in der DAO-Schule-Tirol

Zeremonien und Rituale in der DAO-Schule-Tirol

Begriffsklärung
Wofür brauchen wir Zeremonien und Rituale überhaupt und in der DAO-Schule-Tirol im speziellen.
Welche Zeremonien und Rituale gibt es zur Zeit in der DAO-Schule-Tirol, wann werden sie durchgeführt?
Bedeutung von Handlungen und Gegenständen Zeremonien in der Lakota Tradition in aller Kürze

Begriffsklärung

Die Zeremonie ist ein, nach einem festgelegten Protokoll oder Ritus ablaufender, förmlich-feierlicher Akt.
Ein Ritus ist eine in den wesentlichen Grundzügen vorgegebene Ordnung für die Durchführung zeremonieller Handlungen.
Ritual ist eine nach vorgegebenen Regeln ablaufende, meist formelle und oft feierlich-festliche Handlung mit Symbolgehalt. Ich verstehe hier Symbol als Sinnbild.

Wofür brauchen wir Zeremonien und Rituale überhaupt und in der DAO-Schule-Tirol im speziellen.
Zeremonien dienen verschiedenen Zwecken:
1 Sichtbarmachen von unsichtbarem, zum Beispiel geistiges oder spirituelles Wachstum.
2 Sichtbarmachen im großen Kreis, zum Beispiel eine bestandene Prüfung.
3 Sichtbarmachen von (Lebens-)Abschnitten.
4 Vorbereitung auf Neues, zum Beispiel Initiation.
5 Vorbereitung und / oder Durchführung der Kontaktaufnahme, zum Beispiel Schwitzhütte;
kontakt zur Geistleute-Welt oder Hochzeits Vorbereitungen.
6 Verstärkung des Gebetes.
7 Reinigung.
8 In der Lakota Tradition (wie auch anderen) dient die Zeremonie dazu das Profane zu heiligen.

Das soll heißen, jeden Eingriff in den Fluß des Tao gleiche ich, mit größt möglicher Kraft, so gut wie Möglich aus.
In der DAO-Schule Tirol folgernde Punkte: 1;2;3;4;5 als Teil von 4; 6 als Teil anderer Punkte; 7 detto; 8 sollte durch Achtsamkeit alltäglich werden.

Welche Zeremonien und Rituale gibt es zur Zeit in der DAO-Schule-Tirol, wann werden sie durchgeführt?
Graduierungen, je nach Bedarf
Visionssusche Vorbereitung für Unterrichtstätigkeit und nach Bedarf
Teezeremonie Aufnahme in den Ausbildnerkreis
Gong und Verbeugung Beginn und Abschluß
Basisflow
Anfang
Abschluss Oberstufe: Vortreten Arbeit verlesen Entgegennahme Urkunde & Programmzettel Gemeinsame Feier (Essen & Trinken)

1. Innerer Grad: Vortreten 3 Zeiler verlesen In Roten Umschlag einpacken & übergeben Verbrennen Entgegennahme Urkunde & T-Shirt, T-Shirt überziehen Gemeinsame Feier (Essen & Trinken)

Weiterer Innerer Grad: Vortreten Arbeit verlesen Entgegennahme Urkunde Gemeinsame Feier (Essen & Trinken)

Meistergrad: Vortreten Arbeit verlesen Entgegennahme Urkunde & T-Shirt, T-Shirt überziehen Gemeinsame Feier (Essen & Trinken)

Assistent: Vortreten Arbeit verlesen „Versprechen verlesen“ & übergeben Verbrennen Gemeinsame Feier (Essen & Trinken)

Lehrer: Visionssuche Vortreten Arbeit verlesen steht für: sich präsentieren, Einblick in die geistige Entwicklung geben.

Entgegennahme Urkunde (& Programmzettel, T-Shirt) steht für: Würdigung der geleisteten Arbeit.
3 Zeiler verlesen In Roten Umschlag einpacken & übergeben steht für: Würdigung der Unterstützung durch Sifus & Lehrer, etwas immaterielles zurück geben.
Versprechen verlesen steht für: den wahrhaften Wunsch.
Verbrennen steht für: irreversibel; Schüler bringt Holz, Lehrer facht das Feuer an: Schüler bringt Körper und Einsatz; Lehrer Geist Lehre Technik.
Gemeinsame Feier (Essen & Trinken) Steht für: „Familie“, Ausgleich von Yang (formell, geistig) und Yin (informell, materiell).

Rituale vielseitig, daher nur im Speziellen:
Begrüßung und Verabschiedung: Gong und Verbeugung.
Vorbereitung: Basisflow.

Bedeutung von Handlungen und Gegenständen:

Altar: Er bezeichnet die Art wie die Zeremonie durchgeführt wird. Somit beinhaltet er sowohl den geistigen wie auch den materiellen Rahmen.
Bei jeder Zeremonie gibt es ein Grundgerüst für den Altar. Da auch jeder Zeremonienleiter seinen eigenen Altar hat, muß er eine Möglichkeit finden diesen, in den der Zeremonie einzugliedern.
Schwitzhüttenplatz: Feuerkreis symbolisiert den Kopf, kuppelförmig gebogene Stangen, mit Decken/Fellen abgedeckt den „Bauch von Mutter Erde“;
Schwitzen: neben Blut und Fleisch das einzige Opfer das ich selbst erschaffen habe.
Heilige Pfeife: besteht aus Kopf (Stein) / Yin und Stiel (Holz) / Yang. Beim Gebrauch sind Yin und Yang vereint, wodurch die Schöpfung immitiert wird.
Fasten: zeigt den Geistleuten Entschlossen- und Ernsthaftigkeit und bringt einen diesen näher, da diese auch nichts essen.
Gebets Beutel: mit jedem wurde gebetet, auf daß die Geistleute die Gebete dort abholen können.
Virginischer Tabak: gilt den Lakota als sehr sensible Pflanze, daher kann sie auch die „leisesten“ Gebete übermitteln. Dieser Umstand macht Tabak zu einem wertvollen Geschenk/ Opfer.
Spenden : Ich bin Vermittler und kann nicht dafür verlangen, daß die Geistleute ihre Arbeit verrichten, es gereicht mir zur Ehre erwählt zu sein, familiärer Charakter.

Zeremonien in der Lakota Tradition in aller Kürze:
In der Überlieferung der Lakota gibt es sieben heilige Zeremonien, die von der „Weissen Büffelkalb Frau“ gebracht wurden und Eine ältere nämlich die Schwitzhütte. Der Überlieferung nach später entstandene Zeremonien lasse ich außer acht.
Jenen, die ich Selbst erlebt und erfahren habe, widme ich mehr Aufmerksamkeit.
Da Zeremonien verstärkend wirken und die volle Konzentration gebraucht wird, sollten alle Vorurteile, Emotionen (meist unkontrollierte Reaktionen auf Gefühle),, unvollendete Arbeiten“, bewußtseinsverändernde Substanzen, sowie Kameras und moderne Kommunikationstechnologien von ihnen ferngehalten werden.

Die 7 Gernerationen:
Sie sollten bei allen Handlungen berücksichtigt werden, da sie von unseren Taten betroffen sind.
Diese Geisteshaltung soll vor kurzsichtigen und egoistischen Entscheidungen bewahren.
Es gibt einige Dinge die wir aus Respekt tun, und andere die wir aus Respekt unterlassen.

Die Heilige Pfeife:
Heilige Pfeife: besteht aus Kopf (Stein) / Yin und Stiel (Holz) / Yang. Beim Gebrauch sind Yin und Yang vereint, wodurch die Schöpfung imitiert wird.
Für jede Himmelsrichtung wird eine Priese Tabak in die Pfeife gegeben, somit ist alles vertreten.
Der Rauch, eine Kombination aus Feststoff (Ruß) und Gas (Luft), symbolisiert die Verbindung zwischen Materie unf Geist.

Schwitzhütte: Reinigungzeremonie

Schwitzhütte: kuppelförmig gebogene Stangen, mit Decken/Fellen abgedeckt; spirituelle und körperliche Reinigung im „Bauch von Mutter Erde“(daher der sicherste Platz auf Mutter Erde) In die Mitte werden die heißen Steine in eine Vertiefung gelegt, am Rand sitzen die
Menschen. Der Zeremonienleiter gießt Wasser auf die heißen Steine.

Visionssuche:
Traditionellerweise werden alle Kosten von den Suchenden getragen, da diese um die Unterstützung sowohl des Zeremonienleiters wie auch der Gemeinschaft gebeten haben.

 Ziel der Zeremonie ist es, seine persönliche Lebensaufgabe „Das Geschenk“ kennenzulernen.
Dadurch sollte sich mit der Zeit mehr Klarheit über seinen Platz in der Gemeinschaft und WIE man sich einbringen kann, entstehen. Um jedes Detail zu verstehen braucht es oft Jahre. Vor Antritt sollte sich der Suchende im klaren sein, daß er etwaige Geschenke auch annehmen wird.

Ablauf:
Vorbereitung:
Selbst wenn die Zeremonie als Übergangsritual eingesetzt wird, sollte der Suchende wenigstens eine Frage klar formulieren. Je klarer die Frage, desto eher kann man auf eine klare Antwort hoffen.
Mit dem Hintergrund dieser Frage, bittet der Suchende den Zeremonienleiter seiner Wahl, um Führung durch die Zeremonie.
Sobald der Zeremonienleiter zugestimmt hat, beginnt für den Suchenden, streng genommen, die Zeremonie.
Idealerweise verzichtet der Suchende ab diesem Zeitpunkt auf jegliche bewußtseinsverändernde Substanzen.
Der Suchende bereitet seinen Schutzkreis, eine Schnur mit Gebetsbeutelchen vor. Einstweilen wird sie aufgerollt aufbewahrt.
Weitere Vorbereitungen sind von Zeremonienleiter zu Zeremonienleiter verschieden.
Reinigung der Gegenstände die auf die Visionssuche mitgenommen werden.
Reinigung der Suchenden und Unterstützer in der Schwitzhütte. Verabschiedung in die Geisterwelt.
Die Suchenden werden zu ihren Plätzen gebracht, und der Altar errichtet. Mindestens der Schutzkreis, weiteres vom Leiter abhängig. Der Schutzkreis wird nur zur Toilette und zum Rauchen verlassen.
Gewöhnlich ohne Essen und Trinken in dieser Zeit.
Währenddessen im Lager: Gemeinschaft pflegen.
Zum vereinbarten Zeitpunkt Rückkunft.
Reinigung und eventuelles mitteilen. Zurück in der materiellen Welt.
Gemeinsames Festessen.
Give away

 Meine Erfahrungen 

 Ohne Erwartung stelle ich mich auf das Erhalten der Klarheit ein. 
 Es ist für mich selbstverständlich, dass ich Klarheit erlange. 
 Ich weiß dass ich keinen Anspruch auf Erlangung von Klarheit habe. 
 Klarheit kommt immer nur aus mir. 
 Ich
muss mich aufgeben um Klarheit zu empfangen. 

 Als Suchender genieße ich das Fehlen des Alltags. 
 Das heist für mich, dass keine Arbeit ruft (Geschirr, Kochen, Holzholen, E-Mails lesen,…). So habe ich „freie“ Entscheidung wann ich bete, schlafe, träume, denke,…. Eindrücke der Umgebung, wie etwa Straßenlärm, Kirchenglocken… gehen mich nichts an. 
 Ich habe Zeit meine Gedanken zu beobachten, meine Komfortzone zuerkennen. 
 In diesem Zustand können mehr Feinheiten im Innen wie Außen wahrgenommen werden, es verschieben sich die
Prioritäten, die Aufmerksamkeit rutscht mehr und mehr in den Moment. 
 Für mich werden Zusammenhänge offensichtlicher. 
 Dankbarkeit für den Moment und alles, kommt auf. 
 Das Ich /Ego verliert an Bedeutung, vielleicht da kein Gegenüber zu nahe kommen könnte.
Verschmelzung wird spürbarer: zB.: Tiere auf meinem Körper stören mich kaum. 


 Als Unterstützer nehme ich Prozesse und Bedürfnisse Suchender wahr, zB: Kopfweh, Kälte, Durst..
Ich lerne das Opfer der Suchenden, auf Essen und Trinken zu verzichten, zu schätzen, dies kann sich steigern bis zu einem Gefühl von Gnade/tiefgreifender Dankbarkeit. 
 An dieser Stelle fällt mir auch die biblische Zeile „Einer trägt des andern Last“ ein.

Sonnentanz:
Altar:
Baum im Zentrum
Kreis für die Tänzer
Ring für die ?
beschatteter Ring für die Unterstützer

Vier Tage Reinigung:
morgentliche und abendliche Schwitzhütten
Vorbereitung des Areals
Schattenbereich abdecken
Schwitzhütten der Tänzer errichten
eventuelle Gemeinschaftbereiche aufgebaut (Küche,…)
Vier Tage Tanz:
Baum holen
nicht mit Wasser spritzen oder Spielen allgemein sorgsamer Umgang mit Wasser
nichts ausschütteln
Das Hauptaugenmerk der Unterstützer liegt auf dem Beiwohnen der Zeremonie. Als nächstes muß das Lagerleben koordiniert werden.
Abschlußfest
Vier Tage Ausklang:
Nachbereitung
Gemeinschaft pflegen

Bei alle nun folgenden Zeremonien stütze ich mich ausschließlich auf das Buch: „Die heillige
Pfeife“ von „Schwarzer Hirsch“. Selbstverständlich spielen meine Erfahrungen mithinein.
Verwandtschaftmachen
Vorbereitung eines Mädchens auf das Frausein
Das Aufwerfen des Balls
Das Zurückalten der Seele
Diese Zeremonie wird zur Läuterung der Seele eines Toten durchgeführt, dadurch soll ihr die Rückkehr zu „Wakan Tanka“, der Schöpfungsmacht, auf direktem Wege ermöglicht werden, eine Gnade die „reinen“ Seelen vorbehalten ist.
Außerdem soll dadurch die liebe füreinander gestärkt werden.
Das Zurückalten der Seele beginnt, wie alle Lakotazeremonien, mit der Übergabe der gefüllten Pfeife an den Zeremonienleiter.
Auf Geheiß dessen ein Tipi, Kegelzelt der Prärieindianer, errichtet und geweiht wird. Hierin wird die Seele für ein Jahr betreut beziehungsweise zurückgehalten. Dadurch weilt der Verstorbene noch in der Gemeinschaft.
Quasi als Aufenthaltsort für die Seele wird eine Strähne des Verstorbenen im Rauch gereinigt und in ein Heiliges Bündel gegeben. Dieses wiederum bekommt einen besonderen Platz im Tipi.
Der zurückgehaltenen Seele muß täglich Nahrung gebracht werden. An schönen Tagen wird das Bündel, an einen Dreifuss vor dem Tipi, gehängt, hier kann es besucht werden, Gebete und Opfergaben sind erwünscht.
Jene die um die Zeremonie gebeten haben, die „Seelenbewahrer“, müssen all dies organisieren.
Ein „Seelenbewahrer“ darf weder Kämpfen noch töten oder auch nur ein Messer berühren.
Um die Seele wieder frei zu lassen muß der Abschlussritus vollzogen werden. Hiefür wird die ganze Gemeinschaft benötigt. Im wesentlichen geht es um die Vorbereitung der Seele, ihre Wanderung anzutreten.
Als Abschluß gibt es ein rituelles Letztes Essen für die Seele im Kreis des Stammes. Das Bündel mit der Seele wird zum Tipi hinaus getragen, dabei bittet der Zeremonienleiter die Seele auf sein Volk zurückzuschauen/aufzupassen. Sobald das Bündel das Tipi verläßt ist die Seele freigelassen.

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2013_Jörg_Im Moment sein; Die Verschmelzung von Innen und Außen. Oder doch :Hara1

Die verschiedenen Wege welche ich beschreite, sei es Shiatsu, Artma, „Wildnisbewegung“ oder
Schamanismus treffen sich zumindest in einem Punkt: „Im Moment sein“.

Shiatsu (zu deutsch: Daumendruck), eine japanische manuelle Therapiemethode, arbeitet mit dem momentanen Energiezustand des Menschen, basierend auf der Traditionellen Chinesischen Medizin. Ziel einer Behandlung ist der Ausgleich zwischen zwei Extremen.
Artma ist stilfreie ganzheitliche Kampfkunst.
Der Name Artma bedeutet die „Kunst des Kampfes“ und setzt sich aus folgenden Buchstabenfeldern zusammen: ART – von Kunst und MA – von Mars, dem Gott des Kampfes der altrömischen Mythologie.
Ausgesprochen weist der Begriff ARTMA auf das Ziel dieser Kampfkunst hin, sein WAHRES SELBST (Sanskrit „ATMA“ oder „ATMAN“) wiederzuentdecken, zu entwickeln und dadurch zufrieden und glücklich zu sein.

„Wildnisbewegung“:
Mit diesem Ausdruck bezeichne ich in dieser Arbeit Strömungen, die eine Verbindung zur Wildnis/Natur herstellen wollen, nicht jedoch solche, welche die Natur als Sport- (z.B. Skifahren) beziehungsweise Therapiegerät (z.B. Erlebnispädagogik) oder Kulisse (z.B. Golf) erachten.
Wildnis bedeutet im Rahmen meiner Begrifflichkeiten, soviel wie „von urbaner Zivilisation unberührt“. Damit meine ich nicht, dass nur in einer Verneinung jeglicher Zivilisation oder Kultur das Heil für den Menschen zu finden wäre, um aber dem günstigen Einfluss der Natur /
des Tao nahe zu sein, empfiehlt es sich für die menschliche Zivilisation „High-Tech“ möglichst sparsam zu verwenden.
Vollkommen und widerspruchslos in der Zivilisation eingebettet zu sein, setzte ich gleich mit „nicht im Moment sein“, was aber die unabdingbare Voraussetzung darstellt, erstgenannte zu ertragen. In weiterer Folge führt dieses „ver-rückt“ sein des Menschen zu Krankheit/Verletzung,in der Wildnis hingegen bedeutet es fehlende Entscheidungsgrundlagen,folglich den Tod. Wer hingegen seine Wurzeln in der Erde und „Tradition“ hat, dem eröffnet sich die Möglichkeit mit neuen Mitteln zu arbeiten.
Der „Sitzplatz“ oder der „geheime Platz“ bezeichnet in der Wildnisbewegung einen Ort, an dem täglich, möglichst zur gleichen Zeit, die Veränderungen in der Natur (Umgebung) beobachtet werden. Beobachten hilft „in den Moment“ zu kommen, durch die täglich gleiche Zeit werden die vor Ort wohnenden Tiere an den menschlichen Beobachter gewöhnt. Dieser erhält nun tiefere Einblicke in seine Umgebung.

Schamanismus:
Schamanismus wird von Schamane abgeleitet. Dieser Begriff wurde ursprünglich nur bei dem ostsibirischen Volk der Tungusen verwendet. Andere Völker haben andere Bezeichnungen.
Ich verstehe den Begriff in dieser Arbeit als unabhängig von jeglicher Tradition.
„Der Schamanismus ist gekennzeichnet durch ein Weltbild, das Kommunikation oder Auseinandersetzung mit Geistern, die auf irdische Erscheinungen Einfluss haben, für möglich hält.[…] Der Schamane kann sich auf seinen Jenseitsreisen zu […] anderen Ebenen begeben. Zum Schamanen wird man meist gegen den eigenen Willen durch Initiation, die durch ältere Schamanen oder die Geister direkt erfolgt. Der Schamane ist als Mittler zwischen den bei ihm Hilfe Suchenden und den Geistern tätig.“2
„Michael Harner, […] spricht vom schamanischen Weg als einer der am besten definierten Methoden, um das Tor in eine andere Realität zu öffnen.“3 Diese andere Realität stellt für mich eine Erweiterung des „Moments“ dar, der folglich auch Beachtung beim „im Moment sein“
geschenkt werden muss.
Meine Berührung mit dem Schamanismus begann mit der Tradition der Lakota. Hier gibt es verschiedene Rituale, bei welchen jede Handlung und jeder verwendete Gegenstand eine bestimmte Bedeutung hat. Folglich ist der anzustrebende Zustand für ein optimales Ausführen
des Rituals der α-Rhythmus4, gleichzeitig unterstützt das Ritual die Erlangung des voran genannten Zustandes .
Neben dem Gebet (Dankbarkeit für alles erhaltene, bitten für Neues) sehe ich für mich den Kontakt mit der „anderen Realität“ als zentralen Wert eines Rituals.
An dieser Stelle möchte ich nicht auf die einzelnen Rituale eingehen, sondern auf die Literaturliste verweisen. Für mich von Bedeutung ist immer das Überleiten in den Alltag. Im Laufe meiner spirituellen Reise folgten Berührungen mit anderen Zeremonien, woraus sich für
mich das Ziel des bewussten Handelns entwickelte.
Aus all diesen Wurzeln ergibt sich für mich „Im Moment sein“ als Lebensziel.
Der Moment kann wahrgenommen werden ohne eigenes Zutun, man unterstützt lediglich etwas, das passiert. Auf diese Art und Weise kann man entstehen lassen, was es braucht, ohne sofort zu fragen: Wozu? So erscheint dem bewusst Wahrnehmenden, eine der natürlichen Ordnung
entsprechende Handlung als selbstverständlich. Bleibt man nun in dieser wertfreien Beobachtung, ohne dies erzwingen zu wollen, noch zu können, so entstehen keine Gedanken. Oft wird dabei auch ein Gefühl der allgemeinen Verbundenheit wahrgenommen. Im Japanischen wird dieser Modus „Hara“ (beziehungsweise im Hara sein) genannt. Die Hirntätigkeit in diesem Zustand wird mit α – Rhythmus bezeichnet.
Um in diesen Zustand zu gelangen, ist es notwendig, den „Kopf“ oder das „Ego“ auszuschalten.
Dabei können sowohl eintönige, wie auch lange andauernde Tätigkeiten behilflich sein. Stress-oder Notsituationen können ebenso helfen, das Ego zu umgehen und dem eigenen Selbst eine Ruhepause zu gönnen. Genauso gut unterstützt ein langer, intensiver Aufenthalt in der Natur diesen „natürlichen“ Zustand, ebenso „natürliche“ Bewegungen (Eulenblick5, Fuchsgang6, ChisSao7). Auch Meditation/Gebet/Zentrierung ist bekannt, um diesen Zustand zu erlangen.
„Im Moment sein“ ist eigentlich der natürliche Zustand. Dennoch schaffen wir es, mit Hilfe unseres Verstandes, diesen Zustand zu verlassen. Das Zurückkommen ist gar nicht so einfach. Es scheint um die Erfahrungen auf diesem Weg zu gehen. Im Laufe seiner Entwicklungsgeschichte (er)fand der Mensch verschiedenste Übungen, um zielstrebig „zurück“ zu finden.
Ein hilfreiches Element ist die Gleichförmigkeit der Übung. Dies manifestiert sich zum Beispiel im Pilgergang, dem Mantra, dem (Trance)-Tanz, dem Mandala malen, gewissen handwerklichen Tätigkeiten.
Durch längere Dauer kann die Übung intensiviert werden, da der Verstand ermüdet. Nicht ohne Grund führen Pilgerwege quer durch Europa, dauern große Rituale mehrere Tage. Die Fertigstellung eines Mandalas, eines Kunsthandwerkes, sollte bei entsprechender Präzision
mehrere Wochen in Anspruch nehmen, um in den α-Rhythmus zu gelangen.
Da auch die Natur unterstützend wirkt, gibt es den Pilgergang, den Sonnentanz, die Visionssuche, um nur einige zu nennen.
Wenn man im Hara ist, wird jede Bewegung und Handlung auf ihre „natürliche“ Art und Weise vollführt. So kann, vice versa die „natürliche“ Bewegung z.B.: Eulenblick, Fuchsgang, Chi Sao, als Unterstützung auf dem Weg in den Moment verwendet werden.
Eine andere Form der Überforderung des Verstandes ist die Not- beziehungsweise Stresssituation, denn hier fehlt die Zeit zu reflektieren. Solche Momente zu kreieren, um sie zu nutzen, bedarf eines hohen Könnens.
Der Verstand (Ego) bewirkt eine Trennung vom Moment, denn er bewertet das Erlebte.
Im Moment wird nicht analysiert, alles ist.
In unserer modernen, verstandesbetonten zivilisierten Welt, mit ihrer analytischen Wissenschaft, wird schon jedes Kind in der Schule darauf konditioniert, rationell zu handeln; ganz im Widerspruch zum Moment. Diese Trennung, kombiniert mit den unnatürlichen Anforderungen des Alltags führen oft zu Sorge, Kummer und Angst.
Will man seine Annährung an den Moment erkennen, stößt man schnell an die Grenzen des Möglichen, denn es ist zu paradox, den wertfreien Zustand zu bewerten.
Dennoch erkennt der immer wieder Suchende, dass es in diesem gewünschten Zustand „wie am Schnürchen“ läuft, oft verbunden mit einem Gefühl der Zeitlosigkeit, des inneren Friedens. Durch oben beschriebene Merkmale, sowie der Veränderung der Wahrnehmung (meist
intensiver, ganzheitlicher, von außen betrachtend) ist eine Klassifizierung im Nachhinein sehr bald möglich.
Ich komme speziell beim Chi Sao Training immer wieder zu der Erkenntnis: das ist „entstanden“ (im Gegensatz zu „gemacht“).
Ähnliche Momente erlebe ich auch während einer „guten“ Shiatsu Behandlung, meine Berührung „entsteht“ im Einklang mit dem Empfänger.
Mit der Zeit lernt man selbstverständlich das Gefühl des Hara-Zustandes zu erkennen. Auf dieser direkten Gefühlsebene ist es leicht möglich, sich des „im Moments seins“ zu vergewissern.
Eine andere Möglichkeit der Gewahrwerdung ergibt sich durch die Beobachtung der Umgebung.
Wie wird auf mich reagiert? Werde ich durch Alarmsignale der Tiere angezeigt? Flüchten Tiere bei meinem Nahen?
Freilich kann man auch die Reaktionen von Menschen heranziehen, jedoch muss hierbei immer berücksichtigt werden, dass Menschen äußerst selten im Hara sind.
Der Transfer in den Alltag ergibt sich von selbst, jedoch nicht ohne regelmäßige Übung; denn man muss zum Moment „werden“.
Durch (Weg-)Übung entsteht Können, woraus Vertrauen erwächst, dies wiederum hilft, die Angst abzulegen. Angstfreiheit ist die Voraussetzung, um für unerwartete Wendungen offen zu sein.
Aufmerksamkeit lässt den Moment wahrnehmen, was mehr Sensibilität für den Augenblick bringt. Die Aufmerksamkeit in der Haltung des wertfreien Beobachtens korrigiert Abschweifungen vom Moment.
Da der Mensch durch Routinen (nicht jedoch durch meisterhaftes Können) für den „Moment“ unempfänglich wird, kann sich der bewusst Suchende durch das Aufbrechen von Routinen dem Moment annähern.
Auch der Faktor Zeit kann kreativ benutzt werden. Wer sich genügend Zeit für eine bestimmte Arbeit lässt, kann erfahren, was absichtslose Zeit bedeutet. Die einzige Möglichkeit, permanent im Moment zu sein, ergibt sich aus konsequenter Übung,
sodass daraus Gewohnheit wird.
Als ersten Schritt erlangt man eine Stufe des Könnens, die einem selbst Sicherheit gibt, aufgrund häufiger Erfolgserlebnisse (zur rechten Zeit am rechten Ort), anfänglich nur in der geübten Technik. Mit der Zeit verinnerlicht man Hara. Abschließend weiten sich die Erfolgsmomente auch auf andere Bereiche des Lebens aus, sie werden verinnerlicht.
Ein daraus erwachsendes (Selbst)Vertrauen löst Angst auf. Diese Gelöstheit macht offen für unerwartete Wendungen. Nun ist der Mensch durchlässig für den Moment. In diesem Zustand ist es endlich möglich, sofort zu bemerken, wenn man den Moment verlässt, um ihn umgehend
wieder aufzusuchen.
Es wird in diesem Zusammenhang auch von einem sechsten Sinn gesprochen.
Manche erleben sich als Teil von ETWAS/ Gott/ Tao.
Literaturliste:
Carr-Gomm, Philip und Stefanie: Das Keltische Tierorakel: 3. Auflage Bielefeld 2009
Dürckheim, Karlfried Graf: Hara Die Erdmitte des Menschen,
14.Auflage,Bern,München, Wien 1989
Schwarzer Hirsch: Die Heilige Pfeife Das Indianische Weisheitsbuch der sieben geheimen
Riten,4.Auflage, Olten und Freiburg im Breisgau 1982
Schwarzer Hirsch: Ich rufe mein Volk, 13.Auflage, Göttingen 2008
Religion in Geschichte und Gegenwart, vierte Auflage

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2010_Jörg_zyklische_entwicklungen anhand von wt

Entwicklungszyklus

Profilreise
Weisheit
Führerschaft Eins sein
Präsentation Inspiration
Rebellion/Zweifel Orientierung
Arbeit/Focus

Bei genauer Beobachtung der Natur lässt sich eine strenge Abfolge von Phasen in jedem Ereignis erkennen.
Hierbei spielen weder Dauer noch Effekt noch Ort eine Rolle.
Da sich im Universum verschiedene Ereignisse treffen und beeinflussen, können sich mehrere Zyklen überlagern.
So beginnt alles mit Inspiration welche von Orientierung gefolgt wird.
Als nächstes kommt eine Zeit der (harten) Arbeit (=>Kung/Gong Fu), diese wird von Zweifel und Rebellion
abgelöst.
Dann kommt es zur Präsentation dessen was sich, nach allen Zweifeln, als Eigenheit herauskristallisiert hat. Durch diesen, oft unbewussten, Schritt nach aussen kommt es zur Vernetzung.
Führerschaft entsteht durch das Übernehmen von Verantwortung. Stellt man sich der Führerschaft in ihrem ganzen Umfang, so wird man feststellen, daß man seine Mitmenschen auch privat begleitet. Diese Erkenntnis leitet einen zur spirituellen Einheit.
Auf dem Nährboden der spirituellen Einheit reift die Weisheit, ab jetzt tritt man als Mentor auf, welcher schon mehr aus dem Hintergrund agiert.
Der Großmeister oder Schamane bewirkt am meisten rein durch seine Anwesenheit. Er ist Zeremonien Meister und überwacht ob alles richtig gemacht wird. Aus agieren müssen andere.
Mein Weg im WT:
Mein Freund erzählt von seinem Bruder, der WT macht (Inspiration).
Bemerke die Werbung in der in der Andreas-Hofer-Straße, gehe aber nicht hin, nehme einen Flugzettel von
Hall mit, und melde mich an (Orientierung).
Ich besuche das Training regelmäßig und lege Prüfungen ab (Arbeit).
Ich zweifle das System der EWTO an, komme seltener zum Unterricht (Zweifel).
Ich beginne Anfängern etwas zu erklären und lasse meine Theorien von Fortgeschritteneren zerpflücken (Präsentation, Vernetzung).
Ich leite Trainings Einheiten und gebe„meinen “Stil weiter (Führerschaft).
ab jetzt wird’s fiktiv:
Ich gründe eine Schule (einen Stil) oder gestalte das Konzept einer Schule mit und korrigiere hauptsächlich
Trainer (Weisheit/Mentor).
Ich überwache den Lauf der Dinge (Großmeister Schamane).

Schülerprogramme:
Inspiration – Selbstverteidigung/Kampfkunstinteresse oder ähnliches
Orienierung – Schule suchen und dort anfangen
Arbeit – Training, viel Basics 😉
RebellionZweifel – funktioniert das überhaupt, will ich mir das antun; Grenzen erkennen
Präsentation – erreichen der nächsten Stufe; mit Neuanfängern merken, was schon alles funktioniert
Führerschaft – Hilfestellung für Neuanfänger/Trainingspartner
Weisheit – Abschluss der Schülerprogramme
Eins sein -> = Inspiration für die weiteren Programme/Entwicklung

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Der Weg Schritt für Schritt – 2. IG Sonja 2016

Zum zweiten Inneren Grad ARTMA
an der Dao Schule Tirol

Arbeit: Schritt für Schritt
Schülerin: Sonja Kössler
Unter der Leitung Sifu Günther

Zum 17.August 2016

In tiefer Dankbarkeit zu allen die mich auf meinem Lebensweg begleiten und inspirieren und die ich Lieben darf.

Der Weg
Schritt für Schritt

Einleitung:
Ich möchte in dieser Arbeit meine Erkenntnisse und Einsichten in das Leben als solches mit dem Leser teilen.
Es geht mir dabei darum dem Interessierten zu vermitteln auf was es meiner Meinung nach beim Leben als Mensch (oder als Wesen in einem menschlichen Körper) ankommt.
Weiters auch darum auf was als solche Lebensform wert zu legen ist und zum Teil darum was in unserer Gesellschaft derzeit fehlgeleitet und vom natürlichen Zustand entfernt ist.
Ich bediene hierfür der Sprache und dem geschriebenen Wort.
Demnach handelt es sich um eine zeitliche Folge, die immer nur beschränkte Dimension, Richtigkeit und Genauigkeit aufweist.
Auch bin ich mir sicher in einiger Zeit diese Texte überarbeiten zu können und in jedem der genannten Bereiche selbst dazu gelernt zu haben, denn das Leben ist ein Fortschreiten und sich ständig verwandeln.

Zur Idee für diese Arbeit und Auseinandersetzung mit dem Thema:
Ich erhielt den Vorschlag für diese Arbeit von Sifu Günther im Zuge meiner voreiligen Meldung, wann ich mit der Arbeit beginnen dürfe. Zu diesem Zeitpunkt war ich gerade ein halbes Jahr mit meinem „neuen“ Programm zu Gange, das entspricht einem „Neuling“ in nahezu jeder Beschäftigung.
Damals sagte er zu mir ich solle erst lernen die Dinge Schritt für Schritt zu tun und mir darüber eine Arbeit überlegen.
Jetzt, nachdem ich einen Motorradunfall hatte und als Konsequenz halbseitig Gelähmt war, erscheint mir dieses Motto bei allen Dingen die ich neuerlich erlernen muss.
Sei es das Gehen, Stehen, Essen oder Schwimmen.
Ich erlerne im Zuge dessen eine unendliche Dankbarkeit meinem Körper gegenüber und auch zu allen Personen die mir in dieser Zeit beistehen.
Der Welt gegenüber, dass ich noch weiter Teil sein darf. Sowie zu dem Essen, welches sich für mein Überleben opfert.
Und auch gegenüber dem Tod, wäre er mir nicht so nahe gekommen hätte ich diese Sicht nicht gelernt. Gleichfalls auch dem Leben, hätte es mich nicht gehalten, könnte ich nun nicht darüber schreiben.
Ich fühle mich nicht mehr als ein Lebewesen auf dieser Welt, sondern als Teil von ihr. Ich sehe mich in allem und ich sehe alles in mir. Mein Körper wird, wenn seine Zeit gekommen ist, andere ernähren und die Energie zurückgeben. Doch bis dies so weit ist gehe ich den Weg der mir bestimmt ist, Schritt für Schritt…

Über den Weg als solchen

Alles was ist befindet sich auf einem Weg.
Als Folge der Zeit sind wir darauf beschränkt Ding nacheinander zu erleben. Dies Trifft auf alles zu das Existiert.
Den Gesetzten von Jin und Yang folgend muss allerdings alles Endliche eine Unendliche Komponente aufweisen und umgekehrt. Somit liegt in allem was Existiert ein Funke Unsterblichkeit.
Und im Unsterblichen auch etwas Zeit, der Weg von Erfahrungen und somit Endlichkeit.
Mit dem Erlernen einer Kampfkunst wird dies deutlich. Sie befasst sich direkt mit dem Tod und dem Beenden von Leben. Allerdings auch genau mit dem Gegenteil, so erlernt ein Schüler auch seinem Gegenüber möglichst wenig Schaden zu zufügen und ihm dennoch überlegen zu sein und ihn zur Not zum Beenden seiner Aktion zu motivieren.

Gehen wir etwas näher auf den Menschen als Teil der Zeit ein.
Wir sind anfangs zwei Zellen im Körper unserer Mütter. Diese verschmelzen und bilden ein von der Umwelt durch eine Zellmembran isoliertes Lebewesen, welches sich seinem inneren Plan nach entwickelt und wächst. Das „Außen“ wirkt allerdings immer auf uns ein. So bekommen wir die energetische und stoffliche Versorgung durch unsere Mutter gestellt, sind aber gleichzeitig auch den Schadstoffen ausgesetzt welche sie bewusst oder unbewusst in sich aufnimmt. Diese Stoffe haben Einfluss auf unsere Entwicklung.
Wir werden dann von unseren Müttern geboren, sind körperlich je zur Hälfte genetische Nachkommen unserer Eltern. Von der Umwelt durch die Haut und Sinne getrennt und verbunden.
Am Anfang sind wir auf Hilfe angewiesen. Unsere Körper erledigen die grundlegendsten Funktionen selbst und unsere Seelen finden sich langsam ein.
Wir beginnen das „Blatt“ unseres Lebens zu beschreiben und uns den Körper zu Eigen zu machen, die Sinne zu erfassen und ihn nach unserem Belieben zu bewegen.
Dies erfolgt nach und nach. Die Bewegungen werden gezielter und genauer. Aus Liegen wird Krabbeln, daraus Stehen und darauf folgt Gehen. Bevor Laufen und Radfahren erlernt wird, oder was immer dann kommen mag.
Würde der erste Schritt nicht gemacht käme nie etwas Anderes als Liegen zu Stande.
Der Mensch ist auf ständiges Lernen angewiesen. So sind bereits zu Beginn des Lebens alle Voraussetzungen für Lernen körperlich angelegt.
Die Neugierde und das Interesse an der Welt sind vorhanden und Botenstoffe im Körper lösen bei einem Versuch (von zB. Krabbeln) Glücksgefühle aus. Wenn der Versuch scheitert (was bei den ersten Versuchen normal ist und im erwachsenen Alter oft zur Ausrede und zur Aufgabe des weiteren Bemühens wird) wird eine neuronale Kaskade ausgelöst, die zum neuerlichen Versuch motiviert um auf das selbe „Glücksniveau“ von „ich starte einen Versuch“ zu kommen.
Der Wille zu lernen ist auch Grundlage der Kampfkunst. Der Schüler ist sich seines Lernbedarfes mehr oder weniger bewusst und möchte sein Verhalten, seine Haltung oder Einstellung ändern. Mit dem Versuch und der Beschäftigung damit ändert er sich langsam und Schritt für Schritt.

Wir wachsen so weit in unserem Körper und mit dem von unseren Eltern gegebenen Namen, bis sich das Wesen damit identifiziert.
Mit der Zeit und der Sprache erhalten die Dinge Namen und das „Ich“ entsteht.
Ich beginne zu denken, den Verstand und die Logik nutzend, die Welt zu kategorisieren und zu analysieren und das Gefühl des Getrennt-seins wächst.
In der Kampfkunst bekommen am Anfang des Lernprozesses auch alle Dinge einen Namen.
Dies ist eine TaanSao (Handfläche-oben-Hand), dies eine BongSao (Schwingen-Arm) und jenes der IRAS (Zeichen-Zwei-Stand). Wir lernen mit diesen Begriffen Positionen und Funktionen, können sie aber noch nicht klar trennen und bewusst verwenden. Es ist mein Arm und Ich, doch wir sind noch nicht eins. Wir sind getrennt.

In der kindlichen Entwicklung wird die Abhängigkeit von den Eltern (vor allem zur Mutter) weniger und die Basis für die Selbstständigkeit entsteht.
In der Kampfkunst wäre dies die Zeit in der Schüler selbst (mit sich oder ihren Brüdern und Schwestern) die Kunst üben und ausprobieren. Eigene Erklärungen finden und nicht mehr nur auf den Sifu (väterlicher Lehrer) angewiesen sind.

Beim Kinde kommt bald ein Gefühl und Verständnis für die Zeit hinzu. Ich lerne was „Gestern, Heute und Morgen“ bedeutet. Bis Ich erfasse eines Tages auch „erwachsen“ zu werden und eines Tages zu sterben.
Die Kinder beginnen Fragen zu stellen die ihre Herkunft, ihren Körper (oder Körper generell) und die Welt betreffen. Sie sind neugierig und wollen ein sachliches Bild erlangen.
Auch hier lässt sich leicht ein Zusammenhang zur Kampfkunst herstellen. Wenn wir uns eine Zeit lang einer Kampfkunst widmen werden „Neue“ anfangen und wir erkennen was wir bereits gelernt haben. Gleichzeitig wird unser Sifu selbst dazu gelernt haben so dass unser Weiterlernen im Vergleich zu ihm gleich geblieben ist. So erkennen wir: Wenn wir in eine Sache Zeit investieren werden wir besser.

In der westlichen Gesellschaft setzt bisweilen etwas ein, das wir als „Erziehung“ benennen. Diese stellt eine mehr oder weniger zwingende Formung des Kindes dar, damit sie später als funktionierende Teile der Gesellschaft, vermeintlich problemlos (?) und glücklich leben können.
Doch Kinder erfassen die Welt noch anders als die meisten Erwachsenen.
Sie werden mit den Persönlichkeiten der Erwachsenen konfrontiert. In unseren Breiten mit einer Welt in der wenig Verbundenheit und Ausgleich existiert.
Kinder (aber auch Jugendliche und zum Teil Erwachsene) lernen und erkennen zum einen an dem was sie vorgelebt bekommen und zum andern selbst versuchen dürfen.
So ist auch für gemeinsames Training eine gewisse Form der Sozialisation/Erziehung wichtig. Da sich allerdings meist um bereits erwachsene Menschen handelt die bereits eine gewisse Form dessen erlebt haben, kann die Brücke leichter oder schwerer zu erschaffen sein. In kurzen Zügen erklärt: Wir wollen gemeinsam besser werden. Dafür trainieren wir langsam, sorgsam und mit relativ wenig Verletzungspotential. Wir wollen im Training nicht mehr Verletzungen davontragen als uns jemals auf der Straße passieren werden. Dies ist für Menschen mit einschlägigem Hintergrund nicht leicht zu bewerkstelligen.

Zurück zur Erziehung. Auf Österreichs Boden (dies ist der Einzige von dem ich wirklich aus Erfahrung sprechen kann) ist dies sehr viel von Angst gekennzeichnet und trägt somit zu der Angst und Unsicherheit eines Kindes bei.
Viele Missgeschicke und Unfälle passieren, weil die Eltern die Möglichkeit dazu in den Raum stellen. So ruft eine Mutter: „Pass auf da kommt eine Treppe“, als das Kind nach oben springen will. Das Kind hört die Stimme und dreht sich um und fällt mit dem restlichen Schwung die erste Stufe nach oben.

Kinder lernen sich unentwegt Gedanken zu machen, ihre Eltern tun es ja auch. Die Folge ist eine unaufhörliche Aneinanderreihung von Möglichkeiten, Abwägungen, Kalkulationen und Wünschen mit Was-wäre-Wenn Vorstellungen. Und erschwerend kommt eine unzureichende Erfüllung der einfachen Bedürfnisse wie Aufmerksamkeit und Liebe, denn die Eltern sind meist körperlich nicht anwesend, weil in der Arbeit, mit ihren Gedanken wo anders und/oder mit den Gefühlen in einer Spirale des Verzagens und der Ohnmacht gefangen, hinzu.
Und diese tragen nicht zur Entwicklung einer gesunden und selbstbewussten Persönlichkeit bei.
Natürlich sei hinzugefügt, dass auch durch dieses Leiden eine Notwendigkeit zur Entwicklung entsteht und so auch erfolgt (erfolgen kann).
In unserer Gesellschaft wird dieses Defizit allerdings meistens betäubt und verdrängt und dadurch an die nächste Generation vermacht.
Durch körperliche Betätigung und dem Erlernen der eigenen (körperlichen wie geistigen) Grenzen, so wie es in der Dao-Schule-Tirol geübt und gelebt wird, können die Defizite ihre Wichtigkeit verlieren und eine klare Abgrenzung der Vergangenheit und den Vorstellungen anderer erarbeitet werden. Und somit das Individuum in seiner Einzigartigkeit existieren und die Liebe und wenn man so will den Wert in sich finden.

Eine Gesellschaft folgt der Vorhergehenden. Lernt an ihrem Vorbild und kann ohne eine Hinterfragung auch so enden.
Weiters ist es dem Individuum eher durch Zufall (oder Lebensgeschichte) in die Wiege gelegt sich über das europäische Modell zu entwickeln. Und die eigene Persönlichkeit zur Reife zu bringen.
An dieser Stelle sei auf Die Erziehung des indigenen Volkes der Yequana (siehe Literaturverzeichnis) verwiesen:
Auszug und Zusammenfassung:
Dieses indigene Volk lebt ohne Angst um seine Kinder. Sie vertrauen in deren angeborenes Wissen um Gefahren und die Kleinen lernen aufgrund von Eigeninitiative und am passiven Vorbild. Einfache klare Grenzen (zb. Eigentum) sind von Anfang an Bestandteil des Lernprozesses.
Die Kinder sind sehr bald alleine Unterwegs und erleben ihr Dasein im Dorf selbstständig. Allerdings mit dem Wissen sich für wichtige Bedürfnisse an die Eltern wenden zu können.

Zurück zu der Grundidee des kindlichen Lernens (in Österreich):

Kinder kommen in die Schule in einer Zeit in der das Lernen in Form des Spürens im Vordergrund steht. Damit einher geht das Lernen im Sinne des körperlichen „Greifens“, sprich des „Begreifens“.
Dieses Lernen erfasst mit mehr Sinnen, als dem geistigen Verstand, was es umgibt. Da unser Gehirn eben auch diese Information verarbeitet lernt es vielschichtiger und schneller.
Es kommt zur Wiederholung des Gelernten mit positivem Feedback, und zur Steigerung der Lernkurve, denn Fehler der vorherigen Versuche können vermieden werden.
So auch im Erlernen und Üben von ARTMA wir können „Fehler“ nicht länger negativ behaften. Sie sind notwendig um beim nächsten oder übernächsten Versuch etwas dazu zu lernen.

Wenn also die Umwelt uns direkt zurückmeldet was an unserer Vorgehensweise passend und was unpassend war ist der Lernerfolg größer. Das Problem an unseren Schulen entsteht, wenn Kinder, die noch im Begreifen lernen, konfrontiert werden mit abstrahiertem Lehrstoff bzw. wenn der Zusammenhang zwischen Lehrstoff und direktem Interesse/Begreifen nicht hergestellt wird.
Kindern wäre also geholfen, wenn sie anhand von praktischen Fragen und Dingen, die sie in die Hand nehmen können, lernen.
Sobald das Interesse geweckt ist kommen tiefer gehende Fragen und weiter reichende Assotiationsketten von selbst.
Aber nicht nur das stellt ErzieherInnen wie auch Kinder vor eine Herausforderung. So sollen die Kinder Kontrolle über ihren Bewegungsdrang erlernen, soziale Kompetenz entwickeln und fachlich wie inhaltlich Lernen lernen. Ersteres (in Zeiten von Computern und Handys) ist zunehmend unwichtiger, wo hingegen Zweiteres (genau deshalb) an Wichtigkeit zu nehmen würde.
Auf was in vielen Fällen jedoch nicht genügend Wert gelegt wird. Viele LehrerInnen sind mit der (zunehmenden) Unausgeglichenheit und Konfliktbereitschaft ihrer Schüler überfordert. Werten allerdings auch spielerische Auseinandersetzung oft falsch und verbieten diese (oder wissen nicht um deren Wichtigkeit und richtige Umsetzung).
So erfolgt auch das soziale Lernen bei Kindern über das Fühlen, den Körper und die direkte Interaktion.
Es ist im Tierreich normal, dass sich Junge (besonders bei Carnivoren) balgen (oder raufen).
Sie erfahren dadurch ihren Körper, was schmerzt, legen ihre Grenzen und Rangordnung fest und lernen sich im Sozialgefüge zu verhalten. Sie achten darauf die Schmerzen bei sich selbst und den anderen gering zu halten. Sie erreichen dadurch auch eine Schulung ihrer Fähigkeiten.
Wenn eines allerdings zu weit geht (und körperlicher Schmerz zugefügt wird) wird sehr schnell und lauthals Protestiert und ein Stopp erzwungen. Welches respektiert wird, worauf das Raufen weiter geht ohne Schuldzuweisungen und Nachtragungen.
Auch kann jedes, ohne Letztgenanntem ausgesetzt zu sein, das Spiel verlassen.
Sie versuchen auch hin und wieder die bereits Ausgewachsenen zum Raufen zu bewegen, worauf diese mit gelassenem Spielen oder entschiedener Ablehnung reagieren. Im ersteren Fall geht es dem Erwachsenen nicht um das Gewinnen und nicht darum zu beweisen der Stärkere zu sein, dies ergibt sich aus der bloßen Tatsache, dass es so ist. Auch die Kleinen wollen nicht gewinnen und nehmen das Unterlegen-sein als Gegeben hin, doch sie wollen trotzdem spielen und sich messen. So entsteht ein gemeinsames Tun das zum Wohlbefinden und Vertrauen beiträgt.
Will das erwachsene Tier nicht mitspielen, oder ist das Jungtier zu grob, erfährt das Kleine eine klare Ansage mittels Laut und Verhalten.
So sollte es sich meiner Meinung nach bei Menschen auch verhalten. In schulischen Einrichtungen wird es komplizierer durch die Sprache und die bereits aus dem Elternhaus mit gebrachten Erfahrungen. Doch auch wenn die Lehrperson nicht mitspielen möchte kann sie durch klare Regeln und dem Beharren auf Fairness, das Spiel der Kinder beeinflussen und positiv Bestärken.
In der Dao-Schule wird im Kinder- und Jugendtraining sehr viel wert auf das Raufen gelegt. Wir wollen Kinder motivieren Körperkontakt als etwas Positives zu erfahren und sich im fairen Spiel zu messen. Dies dient einerseits der „Opfer-prävention“, weil die Teilnahme freiwillig ist und so jedes seine Grenzen vertreten darf und diese wahrgenommen und gehört werden. Andererseits auch der „Täter-prävention“ weil auch jedes Kind lernt die Grenzen der anderen zu respektieren und empathisch zu sein, weil das direkte Feedback von unkontrolliertem Krafteinsatz vorhanden ist.

Ich bin also der Meinung Raufen sollte den Kindern heute in unseren Breiten neu und richtig vermittelt werden.
So dass sie lernen aufeinander acht zu geben, Spaß zu haben (abseits von Handy und Internet), ihren Körper zu steuern, dass Verlieren wie Gewinnen dazu gehört und dass Entschuldigungen ausgesprochen und angenommen werden.
So stellen die wichtigsten Punkte für erfolgreiches Raufen der Spaß, ein klarer Start, sowie ein klares Stopp, einander nicht zu verletzten und das Einhalten der vereinbarten Regeln dar (s. EIGENSTÄNDIG WERDEN GEWALTPRÄVENTIONS-BUCH).

Zurück zur Schule.
Das Gefühl von Zwang kombiniert mit der falschen (nicht zum Begreifen gehörenden) Unterrichtsdidaktik und theoretischem Stoff, ohne direkt erkennbarem Nutzen, mit dem Leistungszwang des Bulimie-Paukens (viel und schnell lernen, alles bei Prüfungen wiedergeben und zwei Stunden später so gut wie nichts mehr wissen) führen zu Unverständnis des Lehrstoffes und in weiter Konsequenz zu Frustration und Aufgabe der Lernmotivation.
Zumal bei aufbauenden Lehrinhalten und raschem Voranschreiten im Stoff kaum Aufholmöglichkeit besteht und Frustration vorprogrammiert ist.

Und nun sind wir bei der Eigenverantwortung des Schülers.
Wie gesagt das Problem der Schul-Pflicht besteht im MÜSSEN. Der Schüler kann Eigenmotivation mitbringen. Dies liegt in seiner Verantwortung. Allerdings kann er auf Grund des Zwanges auch Auflehnung entwickeln, welche zwar wiederum in seine Verantwortung fällt, wenn diese allerdings eintrifft kann zum Begreifen gestalteter Unterricht die unmittelbare Nützlichkeit wieder vor den Zwang gestellt werden. Bei geistig bereits fortgeschrittenen Schülern können eigene Strategien entwickelt werden um diese Brücke selbst zu bauen.
Im Beispiel des Englisch-Unterrichts könnte dies, statt Vokabeltest, ein englischer Film sein oder ein selbst gespieltes Theaterstück.
In der Kampfkunst wäre es, die auf eine theoretische Erläuterung folgende Übung.
Das Problem des Zwangs kenne ich persönlich nur vom Kinder- und Jugendtraining, wenn Eltern ihre Kinder „zwingen“ (nahe legen dass es schon wirklich wichtig ist) zu uns zu kommen. Da hilft nur viel Spaß und praktische Nützlichkeit. Die meisten Schüler in unserer Schule sind jedoch freiwillig anwesend und wissen um die Nützlichkeit einer geistigen und körperlichen Anwesenheit.

In der Pflichtschule findet eine massive Vernachlässigung der Körperschulung statt (allerdings finden bereits viele Programme und Entwicklungen statt, die hier gegen arbeiten).
Normalerweise wird die Entwicklung des Verstandes und der neurologischen Leistung in größerem Maße gefordert und gefördert. Nur wer Wert darauf legt und selbst körperlich aktiv ist (und dies vorlebt) oder das Kind an oben genannten Maßnahmen Teil haben lässt, ermöglicht dem Kind einen tieferen Einblick in die Funktionsweise des Körpers und seiner feinstofflichen Verschränkungen.
Aber auch hier ist ein sozialer Fehler erblich. Denn die wenigsten Erwachsenen erreichen echte Bewusstheit für ihren Körper, seine Funktionen (geschweige denn wie sie Schritt für Schritt zu lernen wären) und somit auch über ihre Fehlhaltungen und technischen Ungenauigkeiten. Und somit der Wichtigkeit einer körperlichen Schulung.
(Wobei hier anzumerken wäre, dass viele Fehlhaltungen des Körpers sekundärer Natur sind. Sie entstehen aus Fehlhaltungen des Geistes. Aus Ängsten, Mangel und Schutz- oder Vermeidungsgedanken. Folglich erlangen die wenigsten Menschen echtes Wissen über sich selbst und eben so wenig über die Umwelt/das Außen.
Würden diese Fehlhaltungen korrigiert würden sie sich auch zunehmend ihrer Geistigen bewusst und könnten zu einem entspannteren und glücklicheren Sein vordringen.)

Nun genug zum Kinde. Es wird jugendlich, seine hormonelle und geschlechtsspezifische Entwicklung setzen ein. Schließlich wird es erwachsen und altert naturgemäß weiter.
Es ändern sich seine Bedürfnisse und Wertigkeiten. Der Platz in der Gesellschaft, seine Stellung in der Familie und seine körperliche Konstitution. Doch die Grundidee des Lernens am Tun bleibt dem Menschen erhalten. Ebenso wie die Fähigkeit sich durch (selbst)Erziehung zu ändern und Unerwünschtes/Schlechtes der Vergangenheit los zu lassen (ohne Wertung zu Betrachten).

Die Wege sind ebenso wie die einzelnen Individuen sehr verschieden und wohl kaum zu generalisieren.
Fest steht jedoch die Wege enden, wenn die Zeit gekommen ist und es ist egal wie der Weg beschritten wurde.
Der Tod wertet nicht.
Es variiert nur die persönliche Interpretation oder Erfahrung dessen was geschieht. Und was danach kommt vermag doch niemand mit Gewissheit zu sagen.

Da, wie bereits gesagt wurde, jeder gegangene Weg enden wird…
Wie sieht denn meine Vorstellung nach einem erstrebenswerteren Weg aus (im Angesicht der Bedeutungslosigkeit unseres Daseins für die Welt)?

Als kurzer Einschub sei hier noch einmal mein Dank ausgesprochen:
Es gab in der Geschichte der Menschheit schon einige Weise die sich Gedanken zu diesem Thema gemacht haben. Ich wandle in ihren Fußstapfen und kann wohl kaum einen Gedanken oder eine Ansicht in das Wesen der Menschheit gewinnen, welchen diese nicht schon hatten. Somit möchte ich allen die vor mir auf diesem Planeten wandelten danken.
Dank ihnen bin ich heute hier und vermag die Ideen zu fassen die sie bereits vor vielen Jahren hatten.

Es handelt sich im folgenden Text um Ideen und Werte die dem Einzelnen als Maßstab zum Handeln und Leben dienen können. Es sind Erkenntnisse die meinem Training und meiner Schulung entspringen. Sicher ergänzungswürdig und ausbaufähig. Doch sind es tieferliegend die Attribute nach denen zu streben und/oder zu leben, meiner Meinung nach, einen Meister aus macht.

Meines Erachtens nach sind die wichtigsten Eckpfeiler des Mensch-seins, dass wir uns unserer Unbedeutsamkeit als Individuum für die Welt bewusst werden, aber gleichzeitig auch dessen, dass wir WIR sind, was (bei zunehmender Bevölkerungsdichte) dann schon wieder von Bedeutung ist.
Wir sind viele Menschen auf diesem Planeten, wir wollen gesund sein, uns das Leben leichter machen und streben nach mehr Komfort, Wissen, Bedeutsamkeit, Wertigkeit, Zugehörigkeit, Achtung und Sicherheit.
Doch sollten wir uns bewusst werden, dass Wir zum Wohle des Ganzen handeln und somit einen Teil unserer Eigentümlichkeit ablegen müssen (um nicht wie die Hasenplage auf einer Insel an zu wenig Futter zu sterben).
Jeder Mensch ist in jeder Minute seines Lebens verantwortlich, das Beste aus sich zu machen, für seine Mitmenschen und die Umwelt. Daraus kann ein erfülltes Leben erwachsen.

Aber was tun, wenn ich mich nicht motivieren kann? Gestresst bin? Rastlos und Unzufrieden?
Lerne Achtsamkeit.
Achte auf Dinge die dich erfreuen im Alltag. Nimm dir Zeit auf dich zu schauen und Zeit deine Mitte und Ausgeglichenheit wieder zu finden oder zu erneuern.
„Nur, wenn es mir gut geht kann ich für andere da sein…“ –Sifu Günther

Die Welt ist wie du sie siehts, weil du es bist der/die von Innen nach außen blickt. Du kannst in der Welt nur sehen was du sehen kannst (einfachstes Beispiel: versuch mal UV zu sehen…) und was sich in dir wiederspiegelt.

Wenn du am Morgen aufwachst beobachte deine Gedanken. Denkst du an den faden oder stressigen Tag der dir bevorsteht oder erfreust du dich daran am Leben zu sein, mit deinem Job dein Leben zu finanzieren (oder einen erfüllenden Beruf zu haben) und deine Freizeit zu genießen?
Versuche das Positive in deinem Leben hervor zu heben!
Jeder Mensch und jede Situation hat positive wie negative Seiten und Eigenschaften (sogar Eigenschaften können vom Kontext abhängig positiv oder negativ gewertet werden). So ist das Leben. Doch wer sich zu sehr auf die Negativen konzentriert wird unglücklich, sorg- und leidvoll.

Genügsamkeit.
Damit einhergehend die Zufriedenheit. Ich kann mir ins Bewusstsein holen:
– Was Brauche ich wirklich um glücklich zu sein?
– Was will ich haben, um mir Gutes zu tun?
– Was will ich haben, weil ich denke es muss so sein?
– Was „muss“ bei meinem Lebensstil/Beruf/Wohnort sein?
Und versuchen unnötige oder sinnlose Wünsche und Gegenstände zu ermitteln. Dinge die ich besitze und nicht brauche verschenken, verkaufen oder wegschmeißen. Ich kann meine Finanzen „bessern“ wenn ich nicht alles kaufen muss. Und somit unnötigen Stress reduzieren.

Entspannung.
Ich versuche mir öfter selbst etwas Gutes zu tun und zu entspannen. Meditieren, Baden, Schlafen,… es gibt unzählige Möglichkeiten die für jeden anders gut funktionieren.
Ich erlerne besser auf mich zu hören. Was mein Körper oder mein Geist gerade braucht. Gleichzeitig finde ich zu mir und kann dadurch besser auf meine Umwelt eingehen, anderen zuhören und aufmerksam sein.

Vertrauen.
Ich kann lernen in das Leben zu vertrauen. Alles geht weiter, egal wie gut oder schlecht es uns scheinbar geht.

Chinesische Geschichte vom Bauern und seinem Pferd:
Eine alte chinesische Geschichte erzählt von einem Bauern in einem armen Dorf. Er galt als reich, denn er besaß ein Pferd, mit dem er pflügte und Lasten beförderte.
Eines Tages lief ihm sein Pferd davon. Seine Nachbarn riefen, wie schrecklich das sei, aber der Bauer meinte nur: „Vielleicht.“
Ein paar Tage später kehrte das Pferd zurück und brachte zwei Wildpferde mit. Die Nachbarn freuten sich alle über sein günstiges Geschick, aber der Bauer antwortete erneut: „Vielleicht.“
Am nächsten Tag versuchte der Sohn des Bauern, eines der Wildpferde zu reiten. Das Pferd warf ihn ab und er brach sich beide Beine. Die Nachbarn bekundeten ihm alle ihr Mitgefühl für dieses Missgeschick, aber vom Bauer hörten sie wieder nur ein: „Vielleicht.“
In der nächsten Woche kamen Rekrutierungsoffiziere ins Dorf, um die jungen Männer zur Armee zu holen. Ein Krieg mit dem Nachbarkönigsreich bahnte sich an. Den Sohn des Bauern wollten sie nicht, weil seine Beine gebrochen waren.
Als die Nachbarn ihm sagten, was für ein Glück er hat, antwortete der Bauer: „Vielleicht.“
„http://www.zeitblueten.com/news/der-bauer-und-das-pferd/“

Wurstigkeit.
Die Zeit vergeht. Mit mir auf diesem Planeten und ohne mich. Was will ich also wirklich mit meiner Zeit anfangen und wo stresse ich mich komplett umsonst? Ist es notwendig für „Freunde“ Zeit zu opfern nur dass sie nicht schlecht von einem Denken oder können mir manche Menschen und Meinungen egal sein?

Spaß.
Finde etwas was spaß macht und nimm dir Zeit dafür 😉

Das Lernen lernen

Wir alle sind physiologisch so veranlagt, dass unsere Nerven sich bis zu unserem Tod neu bilden und verknüpfen.
Demnach lernen wir unser Leben lang nicht aus.
Wir können diese Fähigkeit nun verkümmern lassen oder fördern. Indem wir uns zurückziehen in Angst und Ausreden oder uns bemühen Neues zu lernen und aus zu probieren (wie zB. das Positive zu sehen) und offen mit Unbekanntem umzugehen. (In dem Sinn: Mal sehen was da kommt, wenn es nicht das ist was ich mag, lass ich es, ändere es oder wehre mich dagegen)
Ob dies nun das Erlernen einer nicht-Muttersprache oder einer neuen Bewegungsform ist, hat keine Relevanz für das Lernen der betreffenden Person an sich.
In beiden Fällen ist die richtige geistige Einstellung zum leichteren erlernen notwendig. Ich spreche von Interesse (welches mit Willen zum Lernen einhergeht), Aufmerksamkeit und Fehlertoleranz.

In der Kampfkunst wird vorausgesetzt, dass ein Schüler aufgrund von Eigenmotivation und Interesse das Dao Kwoon (Trainingsraum) betritt.
Die körperliche Schulung erfolgt Schritt für Schritt. Mangelndes Bewegungsbewusstsein wird erst grob und dann immer feiner neu aufgebaut. So dass mit zunehmender Unterrichtsanwesenheit das Gespür für den Körper und auch die Partner in verschieden Übungen feiner wird. (Natürlich ist das Einstellen auf verschiedene Partner auch eine soziale Übungsaufgabe und der Schüler lernt allen Menschen gleichwertig zu begegnen.)

Dass eine (für den Fortgeschrittenen einfache) Übung anfangs als ungelenk, unpassend oder schlichtweg unmöglich wahrgenommen wird ist normal. Es handelt sich um einen Lernprozess der mit der Funktion der Zeit behaftet ist und sich mit zunehmender Wiederholungsfrequenz, der selben Übung, „bessert“.

Ich denke es gibt grundlegende Ideen die helfen mit dieser Schwierigkeit um zu gehen.

Wir haben es bereits besprochen, das kindliche Lernen.
Wir setzen nicht voraus irgendetwas zu können und gehen dem neuen Tun ohne Vorstellung entgegen. Wir lassen Fehler zu und versuchen beim nächsten Ansatz es besser zu machen.
Warum nicht diese Grundidee für alles was es neu zu lernen gilt umsetzen.
„Ich kann nicht malen, ich habe kein Talent dazu…“ habe ich von diversen Menschen, die ich unabhängig von einander in meinem Leben traf, gehört.
Ja klar sie können keinen Klimt oder van Gogh nachmalen. Doch das kann niemand. Sie konnten alle einen Stift oder eine Kreide halten und ein Strichmännchen zu Papier bringen. Was ihnen fehlte war die Übung und die Überzeugung dessen dass es für sie „nur“ daran mangelte.

Eine weitere Eigenschaft die in unserer Zeit gerade nicht gefördert wird ist die Geduld.
Auch die Neuronen unseres Gehirns brauchen Zeit sich zu verschalten. Und je öfter etwas wiederholt wird umso leichter geht der Stromfluss und umso leichter fällt uns die neue Materie, die nun zu einem Teil von uns geworden ist und somit nicht mehr zu „Neu“ zählt, um zu setzen.
Somit schließt sich der Kreis zum positives-Sehen. Ich kann immer nur darauf schauen was ich nicht kann, oder aber ich richte meinen Blick darauf was ich schon gelernt habe und bereits kann.

Gerade als Lehrer sollte anfangs die Waage aus Fördern (was schon alles da ist hervorheben) und Fordern (da ist noch zu verbessern)
gehalten werden.
Dies gibt dem Schüler Erfolgserlebnisse und regt sein Hirn an andere Bahnen zu verwenden (Selbstbewusstsein stärken).
Und aus dem Fordern ergibt sich das Lernen der Demut. Der Schüler erkennt dass der Lehrer fortgeschritten (geübter) ist und lernt seinen Verbesserungsvorschlägen zu vertrauen.

Wir lernen nie aus.
Doch lernen zu wollen ist entscheidend.
Dann wird es nebensächlich wie wir damit umgehen etwas nicht zu können, wir verschwenden dann keine Zeit darauf darüber nach zu Denken.
An dieser Stelle wird ein weiterer Mangel unserer heutigen Zeit ersichtlich, die Zielstrebigkeit. Können wir ein Ziel auf direktem Weg nicht erreichen, suchen wir ein neues Ziel.
Anstelle von dieser Idee könnten wir auch das Beste aus den Schwierigkeiten machen die im Weg stehen. Wenn es geistige Einstellungen sind, die uns nicht weiter bringen: Könne wir sie überdenken und ablegen. Wenn es äußere Gegebenheit sind: Sie belassen und akzeptieren, ändern oder verlassen.

Dies entspricht auch den Tugenden die der Dailai Lama für einen wahrhaften Weg voraus setzt:
Entschlossenheit – Anstrengung – Fleiß
(Um sie noch einmal in meine Worte zu fassen:
Ich will – ich bemühe mich – ich tue)

Diese Drei bedingen sich gegenseitig und sollten im Gleichgewicht gehalten werden.
Denn die Schwierigkeit kann auch darin liegen, eines zu vernachlässigen oder über zu strapazieren.
Die Chinesen bezeichnen das Halten des Gleichgewichts als Maß und Mitte „Zhōng Yōng“. Ein zu viel ist genau so schädlich wie ein zu wenig.
Mit zu wenig Entschlossenheit werden die Schüler dem Unterricht nicht Teil haben.
Bei zu wenig Anstrengung mangelt es an echter Motivation und Interesse sich die Fähigkeit zu erarbeiten.
Und wenn der Fleiß zu wenig ist, findet kaum (also nur sehr geringes) Wachstum in dieser Richtung statt.

Wenn ein Schüler also motiviert, interessiert und entschlossen ist sich weiter zu entwickeln, wird er nach einem Lehrer Ausschau halten der ihm die gewünschten Inhalte vermitteln kann, oder es auf eigene Faust versuchen (er wird auf diesem Wege auch Erfolg haben, wahrscheinlich aber länger brauchen).
Wenn er/sie einen solchen Lehrer gefunden hat, wird vom Schüler die Persönlichkeit gefordert.
Nehmen wir die Kampfkunst wieder als Vergleichsbasis.
Der Lehrer ist eine Person die in ihr Körperverständnis mehr Zeit investiert hat, also jemand der seinen Körper besser ansteuern und der die Übungsinhalte vermitteln kann. Der Schüler muss sich also lernen unter zu ordnen und Respekt zu zollen.

Mit der Zeit findet der Schüler in seinen Körper und hat die ersten Erfolgsmomente, die ihm Spaß machen und seinen (unruhigen) Geist besänftigen.
Ein guter Lehrer der sich für den Schüler (und/oder den Aufbau der Übung) Zeit nimmt, lässt den Schüler an der Übung lernen ohne ihn zu viel zu verbessern, aber ihn dennoch mit den wichtigsten Fokuspunkten im Hinterkopf zu korrigieren. Er gibt zur rechten Zeit Hinweise und lässt den Schüler am Tun erfahren. Auch wenn dies für den Schüler bedeuten mag, dass er Stunden mit der selben Übung verbringt (wodurch er sie verinnerlicht).

Der Schüler wird den Lehrer respektieren lernen und so gemeinsam mit ihm an etwas arbeiten was sie beide größer macht.

Ein weiterer wichtiger Punkt im Zusammenleben ist die Klarstellung der Worte.
So war schon Konfuzius der Überzeugung:
„Am Anfang allen Leitens steht für Konfuzius – selbst für seine Anhänger überraschend – das „Berichtigen der Namen“ (zheng ming), die Klarstellung der Begriffe. Regieren beginnt mir dem Durchforsten der Sprache, dem Aufspühren von Worten, deren Bedeutung unklar und verworren ist und die deshalb zu Irrtümern führen oder die einen Sachverhalt verschleiern, beschönigen, verharmlosen, verdrehen, ins Gegenteil verkehren und damit Lüge und Heuchelei Vorschub leisten (–…). Eine „unsauber“ Sprache stiftet Verwirrung, schafft Unordnung und gefährdet das Miteinander der Menschen (…) die Dinge beim Namen zu nennen, ist der Anfang von allem.“
So füge ich an dieser Stelle ein, dass es für das miteinander in der Familie oder anderen sozialen Gefügen hilfreich und von enormer Wichtigkeit ist seine Wünsche und Bedürfnisse klar und deutlich zu formulieren. So wird das eigene Wohlergehen bewahrt und jeder weiß über den anderen bescheid.
Um in der Kampfkunst zu bleiben, hier ist dies ebenso wichtig. Damit Sachverhalte richtig geklärt werden und Ideen zur Übung richtig vermittelt werden.

Um die Verbindung zu sich selbst wieder her zu stellen die (vielleicht/vielleicht auch nicht) im Laufe der Zeit verloren gegangen ist bedarf es einem großen Maß an Energie und dem richtigen Input an Material für die Selbsterziehung.
Niemand kann seine Vergangenheit ändern und wir alle haben Dinge erlebt die uns geprägt haben, doch wie viel sie uns beeinflussen und beeinträchtigen liegt an unserer Anschauungsweise. Wir haben alle genau so viele schöne und positive Dinge erlebt. Und auch hier wenn nicht, wollen wir dann den Rest unserer Existenz in diesem Zustand weiter leben? Die Zeit verrinnt so wie so. Und jetzt ist der Augenblick in dem sich Dinge (wie unsere Anschauung) ändern lassen. Blick auf deine Finger oder in dein Inneres und sei Dankbar da zu sein, spür die Ruhe in dir und dein zeitloses Wesen und du wirst mit der Zeit erkennen dass Leben schön und grausam gleichermaßen ist.

Zusammenfassend sei nun gesagt:

Leben ist endlich.
Egal wie dein Weg bisher war, du hast jetzt die Möglichkeit das Gute zu sehen und dich bewusst dafür zu entscheiden.
In dir liegt die Macht an dir zu ändern was dir nicht gut tut.
Besser gesagt: Blicke auf das Positive in deinem Leben und an und in dir.
Leben ist lernen und wir sind nicht mit der Fähigkeit geboren absolut Unabhängig und voll „Aus-gebildet“ zu sein.
Wenn wir für die Gemeinschaft arbeiten finden wir mehr Erfüllung als wenn wir für uns selbst oder unsere Vorstellungen arbeiten.

Kampfkunst und Bewegungsbewusstsein fördert die Fähigkeit bei mir selbst zu bleiben und mich zu erkennen sowie, andere anders sein zu lassen und auch ihre Weltsicht gelten zu lassen.
Mich ausdücken zu können im körperlichen, geistigen und den Ideen die dahinter stehen.
Ebenso lerne ich mich selbst zu schätzen und zu lieben. Daraus ergibt sich auch eine Dankbarkeit allem Leben gegenüber.

So sei an dieser Stelle ein weiteres Mal mein Dank angebracht.
Meiner Familie, die mich unterstützt
Meinem Sifu, der mich sehen lässt
Meinem Selbst, das mich fordert, motiviert und lieben lässt
Der Welt, die mich trägt…

Literatur:

Miyamoto Musashi; Fünf Ringe, Die Kunst des Samurai-Schwertweges; 1645

Dan Millman; Der Pfad des friedvollen Kriegers; 1980

Die Erziehung des indigenen Volkes der Yequana; Weis Joyce; http://www.lem.lu/memoires/2014_weis_joyce.pdf

Moshé Feldenkrais; Die Entdeckung des Selbstverständlichen; 1987

dtv; I Qing, Das Buch der Wandlungen; 2005

Rick Hanson; Denken wie ein Buddha

GEWALT-PRÄVENTIONS-BUCH; Raderbauer Armin, Eigenstängig Werden
Diversität und Identität; Hanns-Stephan Haas
Video:
Vera F. Birkenbihl:
https://www.youtube.com/watch?v=6B7-OfLOgPI

Besonderer Dank gilt:
Unzählige Stunden an Gesprächen mit Sifu
Meinen Beobachtungskindern Eva, Max, Noah
Den Schülern der Dao-Schule-Tirol

Kategorien
Allgemein

Der Meister Sonja 3. IG 2019

Schriftliche Arbeit zum 3. Inneren Grad an der Dao Schule Tirol.

Plank Sonja, März 2019, Si-Fu Günther Plank

Der Meister

Vorwort
Ich bin Sonja Plank. Ich habe mich vor vier Jahren für den Weg des Ausbilders an der Dao Schule entschieden. Habe mich vor mir, meinem Meister und Zeugen verpflichtet, das Feuer der Kampfkunst zu nähren, zu mehren und weiter zu tragen.

Spätestens seit diesem Zeitpunkt frage ich mich wie ein Lehrer/Ausbilder/Meister zu sein hat, versuche durch „try ´n´ error“ meinen Weg als solcher zu finden und vertretbar zu gestalten.

Ich kann diese Frage nun an dieser Stelle erörtern und mich dabei auf gelesenes und selbst erlebtes berufen. Und für andere eventuell verständlicher machen worum es mir geht.

Ich habe mich dazu entschieden „den Meister“ als geschlechtsneutralen Titel zu gebrauchen, weiteres sind unter allem als männlich Angeführten auch alle weiblichen, sowie unter dem weiblich Angeführten auch die männlichen, gemeint.

Viel Freude beim Lesen, erfahren und erkennen.

Der äußere Meister

Als Meister wird ein Mensch bezeichnet der durch viel Arbeit und Übung zu Erfahrung und Geschick in seinem Fach kam, allerdings ist dieser Begriff bei uns für handwerkliche Berufe vorbehalten.
So beginnt wer ein Handwerk erlernen will eine Lehre.
Nach der Lehrzeit wird er zum Gesellen und danach zum Meister.
Ich vergleiche dies nun mit der Aufteilung der Programme von den Grundlegenden- (Basis-, Mittel- und Oberstufe), die in gewisser Weise die Lehrzeit darstellen, zu den Inneren Programmen, die das gelernte verfeinert und erweitern sollen, sodass nach der Gesellenzeit einer sich Meister nennen, oder als solcher bezeichnet werden kann.
Ab der Meisterstufe beginnt die eigentliche Arbeit. Der Mensch hat seine Fähigkeiten aufs feinste geschult und ist befähigt schwierige Aufgaben sauber und gewissenhaft zu lösen.

Jeder von uns begegnet im Laufe seines Lebens solchen Menschen.
Sie alle betreiben Kung Fu, harte Arbeit. Ob dies nun ein Bäcker ist der Brot bäckt, ein Maler der ein Bild malt oder ein Meister der Kampfkunst bei seinem Werke ist.

Doch was ist nun das Werk eines Kampfkunstmeisters?
Ist es das Weitergeben seines Wissens? …zum Teil sicher…
Ist es die Kampfkunst? …als Lebenskunst, gewiss, denn für den Kampf mit einem körperlichen Feind wird er sie nur mehr selten brauchen. Da sein Auftreten und seine Geisteshaltung eine Auswahl zum Gegner unwahrscheinlich macht.

Ich habe in meinem Leben bemerkenswerte Menschen kennen gelernt, solche die sich durch ihre Herzlichkeit auszeichnen, andere durch ihre Lebhaftigkeit, manche durch Disziplin, wieder andere durch Konsequenz, wenige durch ihren Sanftmut, andere durch ihr Bewusstsein oder ihre Ruhe…
Sie alle hatten Einfluss auf mich und waren Meister, hatten kleinere oder größere Teile ihres Selbst feinstofflich gemacht und an sich selbst gearbeitet.

Als äußere Meister bezeichne ich im Folgenden Menschen, die außerhalb von mir existieren und in mein Leben getreten sind (körperlich und/oder geistig) und durch ausreichend lange Beschäftigung mit einem Thema zu einer gewissen Einfachheit, Tiefe und/oder Einsicht gelangt sind.
Traditionell nimmt der Meister den Schüler in seine Schule/Werkstätte auf, nimmt ihn als Mensch hin und bleibt selbst die Person die er bisher war, unabhänig vom Schüler (sprich als eigenständige Person, die nicht gefallen muss). Der Schüler oder Lehrling wiederum darf sich nun beweisen und bei einfacheren Tätigkeiten einbringen.
Der Meister lebt nun vor, was seiner Meinung nach richtig und gut ist und fordert Respekt und Disziplin, Gehorsam und Loyalität. Sodass der Schüler seinem Weg treu bleibt und ihm vertraut, damit die nötigen Formungsprozesse beginnen können. Doch ist der Meister menschlich, wertfrei geschrieben.
Er ist eine Person die durch ihre Eigenarten und Voraussetzungen, körperlich wie geistig, historisch wie zukünftig ihren Weg geht. Darum glaube ich ist es schwierig einen passenden Meister zu finden, der vom Wesen und seinen Eigenarten zum Schüler passt, oder umgekehrt. Sodass eine Herz-zu-Herz-Verbindung entstehen kann. Damit der Schüler über einen längeren Zeitraum hin weg gewillt und motiviert ist, dem Weg des Meisters uneingeschränkt zu folgen.

Der äußere Meister gibt uns Aufgaben, die er für angemessen, wichtig und notwendig für unsere Ent-wicklung hält. Diese sind nicht immer angenehm… stimmt so nicht ganz ;), diese sind nie angenehm und einfach, denn der Lehrer ist an ausgeglichenem Wachstum interessiert und dadurch arbeitet er immer mit Schwächen, Mängeln und Defiziten. So kann der Schüler Richtung Ganzheitlichkeit wachsen. Wird aber auch im Willen und Charakter geschult und geprüft.
Als Schüler mag es sein, dass wir zweifeln, ob es das Richtige ist, was wir beigebracht bekommen, mögen wir uns fragen wozu dies oder jenes nun gut ist, sind wir kritisch wenn wir etwas verstehen und/oder fragen wollen, doch müssen wir auch vertrauen, dass der Meister für uns einen Weg wählt, der nicht nur gangbar sondern auch praktisch anwendbar und zielorientiert ist, und er uns durch jahrzehntelanges Training soweit vorausgegangen ist, sodass er weiß worauf es im jetzigen Moment in unserer Entwicklung an kommt.

Äußere Meister sind Quellen der Inspiration, Dinge zu tun, die bisher unbekannt waren, Ideen zu sehen die bisher verborgen lagen und den Anklang von etwas Größerem zu sehen das Teil eines jeden ist.
Doch haben sie mit unter auch Eigenheiten, die nicht ganz in die Erwartung passen, die auch ein Schüler in der heutigen Zeit mitbringt. Er will gelobt und anerkannt werden, nur mit dem Besten versorgt, von allem Unglück verschont, den einzig wahren Übungen beglückt und mit Fähigkeiten geradezu beschenkt werden. Dies mag zu Konflikten führen die gelöst werden wollen, so ist die, wie ich denke wichtigste, Eigenschaft, eines Meisters und auch eines Lehrers ist seine Authentizität. Nicht zuletzt dadurch, dass der Meister einst selbst diesen Weg des Schülers beschritten hatte und empatisch auf einen Schüler eingehen kann (natürlich nicht muss, je nach Situation). Dies alles neben der Überzeugung dessen, dass es richtig ist wie er handelt und es so beim Schüler zur überzeugung kommen kann. In diesem Sinne können auch arbeitsökonmische Schüler überzeugt werden, dass sich ihre Ergebnisse an der investierten Zeit messen und der Meister recht hat in seinen Angaben, oder sie lassen es bleiben aber auch dafür ist beim Meister Platz, es muss nicht jeder Schüler zu einem Wegschüler werden.

Scheut ein Meister es nicht einem Schüler klar vor Auge zu halten an was es ihm mangelt, was seine Fehler sind und auf welchem Holzweg er sich befindet, kann dies unweigerlich zu einer Kränkung der kindlichen Seite des Schülers führen. Doch bringt es ihn – wenn er bereit ist dies anzunehmen – unweigerlich auch auf einen Pfad der Selbstwirksamkeit, des Selbstvertrauens und des Bewusstseins für die Eigenverantwortung. Er wird aufhören andere für sein Glück oder Pech verantwortlich zu machen, seine eigene Position überdenken und selbst einen ungetrübteren Blick für Vorgänge in ihm erlernen und ehrlich zu sich selbst zu werden.

Kampfkunst als Lebenskunst

Also könnten wir fragen wieso überhaupt einen Meister aufsuchen und von und mit ihm lernen?
Nun, ein Meister ist eine gewisse Zeitabkürzung (Ja mit genügend Zeit mich einzulesen könnte ich herausfinden wie meine Heizung funktioniert und ich sie zur Not sogar reparieren kann), er bringt mich schneller und effizienter zu den Themen die für mich zur Entwicklung zum ganzheitlichen Menschen wichtig sind und kann aus der Erfahrung schöpfen für mich die passenden Übungen zu finden.

Ich möchte wieder an Hand der Kampfkunst erläutern.
Wir lernen im Training grundlegend unser Selbst zu schützen, Gesundheit zu fördern und mit Kräften zu arbeiten.
Kurz gefasst lernen wir anhand dieser Schwerpunkte:

„Im Selbstschutz geht es in erster Linie darum, mein Selbst zu schützen und selbst zum Macher zu werden. Das Selbstvertrauen, dass ich auch in einem Fall der körperlichen Auseinandersetzung die Oberhand behalte und mich verteidigen kann, hilft Ängste abzubauen und agil in einer Notsituation zu bleiben. Wobei durch Schulung des Richtigen Auftretens die Wahrscheinlichkeit letzter genannter auf ein Minimum reduziert wird.
Die Kampfkunst, aber noch mehr das Qigong, hält uns dazu an uns mit unserem Körper, seiner Geometrie, seiner Energie auseinander zu setzen. Wir erlernen eine völlig neue Zusammenarbeit mit uns selbst und sich daraus ergebend auch mit unseren Trainingspartnern.
Die Waffenarbeit stellt eine Erweiterung der waffenlosen Kunst dar. Obwohl jede Waffe verschieden ist, lebt jede doch von ihren Stärken. Sie lehren uns noch mehr als andere Bereiche der Kampfkunst hinter etwas zu stehen, Respekt, Demut und Ehrfurcht vor der Macht, dem Leben und dem Tod.“

Wie ist also Kampfkunst als Lebenskunst zu verstehen?
Anfangs (zugegeben als eine Möglichkeit ;)) arbeiten wir im Training für den Selbstschutz (mögliche andere Ziele: Kampfkunst, Einklang,…), doch je weiter wir den Weg gehen und je intensiver wir uns damit beschäftigen, umso mehr bestärken Ereignisse um uns, dass wir für unser ganzes Leben gelernt haben/lernen. Durch unser selbstsicheres Auftreten und unsere Arbeit mit Energien wird die Anzahl derer die uns als Opfer oder Gegner sehen immer geringer, die Notwendigkeit für eine körperliche Selbstverteidigung auch, wenn auch durch unser sozial flexibles Handeln (Ausstiegsmethoden aus der Gewaltspirale) die Dringlichkeit der Selbstbehauptung weniger wird, bleibt nur mehr der Selbstschutz, welcher im Kopf beginnt und bei der Frage: „Was ist das Selbst?“. Zum Teil ist die Lebenskunst sicher damit beschäftigt, alle nicht zum Selbst gehörenden Angewohnheiten und Prägungen aufzuzeigen und abzulegen.

Der Meister tritt dabei an eine entscheidende Schlüsselposition.
Früher wurden innere Schüler in das Haus des Meisters geholt und wohnten mit ihm unter einem Dach. Sie wurden so Teil der Familie und lernten nicht nur die Kampfkunst, sondern auch die Alltagsphilosophie, Gebräuche und Gepflogenheiten. Dies führt zu einer Veränderten Wahrnehmung des Schülers. Einem neuen Blickwinkel auf sich selbst und seinen Standpunkt in der Gemeinschaf, sowie seinen Ideen und Überzeugungen. Er erweitert sein selbst, legt ab was nicht seinem Selbst entspricht, so erkennt er durch die Nähe zum Meister (ob nun als ermahnender Vater oder in der Rolle des Vorbildes in der sich der Schüler selbst erkennt) früher wo er aufhört er selbst zu sein und zB. anerzogene oder erlernte Muster des Verhaltens aufruft, die ihm eigentlich nicht entsprechen.
Mein Meister ist mir in dieser Hinsicht Lehrer für verschiedene Inhalte.
Er geht seinen Weg und es liegt an mir ob ich folgen möchte, daraus ergibt sich eine intrinsische Motivation. Solange ich lernen will, bestimmt er den Weg. In unserem Training wird im Laufe der Zeit jedoch das Mitspracherecht eines jeden Schülers mehr und Entscheidungen, Ideen, Veränderungen werden im inneren Kreis besprochen, diskutiert und adaptiert, wobei Si-Fu (der Meister, väterlicher Lehrer) die letzte Entscheidungsinstanz darstellt.

Ein paar Auszüge aus fast zehn Jahren Erlebnissen und Lehren von Sifu Günther:
Er ist ein Macher. Sobald etwas zu tun ist wird es getan. Er legt großen Wert darauf die Dinge zu ihrer Zeit zu tun. Nicht zu früh und nicht zu spät, rechtzeitig eben. Sei dies nun in der Kampfkunst, wo er den Schüler in der Übung dort abholt wo er ist, im Waffenkampf, wo er mit den Zeiten des Vor, Indess, Nach im passenden Timing auf einen Angriff entsprechend antworten kann, oder im Haushalt wenn Sanierungsarbeiten, Steuerausgleich oder ein Einkauf anstehen.
Er steht hinter Aussagen, Zusagen und Prinzipien. Wenn er etwas sagt meint er es auch so. Er hält uns dazu an auf unsere Wortwahl zu achten, um das zu sagen was wir sagen wollen. Dies ist zugegebenermaßen nicht die einfachste Anforderung, denn wir verwenden und verstehen eben das worauf wir konditioniert sind und hier einen Schritt zurück zu gehen und uns selbst dabei zu beobachten was Worte in uns auslösen und wie wir sie selbst verwenden ist eine sehr große Herausforderung.
Zuhören. Er ist wohl einer der wenigen die immer ein offenes Ohr für Mitmenschen haben, wenn sie es brauchen. Er nimmt sich (zumindest wenn die Mühe nicht vergeblich scheint) die Zeit darüber nachzudenken und Vorschläge und Richtungen zu weisen, die vorher nicht im Raum gestanden sind.
Bei sich selbst bleiben. Er schafft es trotz widriger Umstände bei sich selbst zu bleiben, sich nicht in die Emotion des anderen hinein reißen zu lassen und sogar noch auf humoristische Art damit umzugehen. Er nimmt auch im Training die Energien auf verschiedene Arten und lernt uns verschiedene Herangehensweise an Problemstellungen, die sich alle im Übertragenen Sinn auf Alltagssituationen umlegen lassen. Kann aber auch rigoros durchgreifen und sich durchsetzen, wenn er es für angemessen hält.
Er lebt alles ist Eins. Wir alle befinden uns auf dem Weg (des Lebens). Wenn wir einmal dieses Bewusstsein erlangt haben wird alles einfach. Wenn aus einem Fauststoß viele verschiedene Arten einen Fauststoß zu machen werden und danach alle wieder nur ein Fauststoß sind, ist die Erklärung der Welt nicht mehr viel weiter weg…

Ein anderer Meister der mir von Anfang an, mit seinem Weg gezeigt hat, was möglich ist, hat mir die Augen geöffnet für bewusste Ansteuerung der Körpers. Ist Sifu Franz.
Er bewegt sich mit einer Anmut, Erhabenheit und Schnelligkeit, die mich von ersten Moment an fesselten und dazu führten, dass ich mir dieses Bewegungsbewusstsein selbst erarbeiten möchte.
Er verfügt über ein Einfühlungsvermögen und Sanftmut bei doch klarer Struktur, diese spiegelt sich in all seinen Übungen und Aufgaben wieder. Er kann zwischen Einfühlsam und Bestimmt reibungslos switchen sodass es der Grundphilosophie des Selbstschutzes entspricht.
Die Take-away-message: „Wenn etwas passiert was ich nicht mag, kann ich klare und eindeutige Worte, Gestik und Mimik wählen um dies aus zu drücken.“
Die Demut, die er vermittelt. Er lässt uns immer wieder daran Teil haben demütig und mit Respekt anderen, sich selbst und der Welt entgegen zu treten. Er lebt es in der Kampfkunst und der Musik vor.

Wie geschrieben ist es möglich mehr als einen Meister zu haben.
Meist wird sich jedoch, so sich eine passende Konstellation aus Meister und Schüler gefunden hat, der Großteil des zu Lernenden auf einen Meister beschränken, allein schon aus der Problematik der Dreidimensionalität unserer Welt, wird sich der Schüler nicht Teilen können um gleichzeitig von zwei Meistern zu lernen. Nicht in der Tiefe die ich mir vorstelle. Allerdings, je weiter ich meinen Weg gehe umso leichter fällt es mir Menschen zu erkennen und ihre Besonderheit wahr zu nehmen. Und somit schneller ihren meisterlichen Anteil zu sehen und von ihm zu lernen.

In jedem Menschen steckt die Anlage zum Vorbild, zur Inspiration und zum Meister zu werden. Die wenigsten jedoch nutzen diese Anlage und noch weniger in wirklich umfassenderer Weise.
Natürlich ist wie bereits erwähnt jeder dieser Meister ein Mensch, hat seine individuellen Grenzen und Eigenheiten. Somit ist keine der vorher genannten Eigenschaften zu verallgemeinern und ist immer zu 100% in jeder Situation zu gegen, trifft aber dennoch in sich geschlossen zu und bildet das Fundament des inneren Meisters.

Innerer Meister
Drunter verstehe ich das Bild von mir in meinem Inneren, dass ich mir zum Zwecke der Motivation und Inspiration von mir selbst schaffe. So wie ich Leben und sein möchte. Eine Idee auf die ich mich in schlechten Zeiten selbst berufen und in guten Zeiten immer etwas mehr nach ihr Leben kann.
Als Ideen und Vorlage dienen meine äußeren Meister. Jeder dieser Menschen hat einen Abdruck in mir hinterlassen, ein Echo das durch mich und in mir Resonanz findet. Eigenarten, Ideen, Verhaltensweisen, kurz gesagt Teile seiner Persönlichkeit die mich ansprechen und die ich für mich auch Leben möchte.
Für einen jeden selbst sind die Fragen
„Wie will ich sein/werden?“
„Wer will ich sein/werden?“
zu stellen. Und zu beantworten ;)…

Menschen die wir kennen, vielleicht auch so genannte Alltagshelden, dienen uns als Inspiration. Ermöglichen uns über uns selbst hinaus zu wachsen und uns zu veredeln.
Wir beobachten ihr Handeln und sind dadurch auf eine gewisse Art und Weise bewegt, die uns motiviert selbst so zu handeln, mehr so zu werden wie diese Person, Dinge (materiell wie immateriell) so zu sehen wie wir es vorher nicht bewusst taten.

So erschaffen wir ein Bild von uns selbst in uns, hinterfragen vielleicht den einen oder anderen Grundsatz/das eine oder andere Verhalten den/das wir als Kind gelernt haben und werden so nach und nach erwachsen. Übernehmen Verantwortung für unseren Körper, unser Denken und unser Handeln.
Wir können an unserem Verhalten arbeiten, Wert darauf legen es zu ändern, ist es eigentlich nur eine Entscheidung die wir treffen müssen. Los zu lassen von trägem, selbstbemitleidendem und selbstzerstörerischem Denken und Handeln. Je mehr wir an etwas festklammern, wie wir sein müssen oder etwas anderes sein soll, umso schmerzlicher und unerträglicher wird unser Sein mit uns selbst und umso unausstehlicher werden wir in Gemeinschaft mit anderen.

Ich möchte nun an dieser Stelle meinen Inneren Meister erörtern.

Er fordert mich auf, bittet mich, stellt sich als Möglichkeit zur Verfügung, immer etwas mehr zu werden wie ich gerne bin, mich wohl zu fühlen mit mir selbst, mich stark zu fühlen, mich in mein Leben ein zu fügen. Er ist ein größeres Bild meiner selbst und stellt den Platzhalter zwischen meinen geistigen Vorstellungen und vergangenen Erlebnissen mit meisterlichen Menschen (die Gesamtheit aller Meister würde ein Bild des ewigen Meisters darstellen und das gesamte Potential der Menschheit umfassen) und dem was ich bin dar. Es ist das bildliche Potential das er darstellt, welches ich wahrnehmen, aber vielleicht noch nicht zur Gänze umsetzen kann. Ich aber bin bestrebt mir diese Eigenheiten als Teil meines alltäglichen Auftretens ein zu verlaiben.
Er lebt Geduld und Harmonie. Ist Nachsichtig mit seinem Körper und dessen Beschränktheit in der Zeit, ist bestrebt immer im Ausgleich zu Leben.
Kann die Einheit aller Dinge zu jedem Zeitpunkt fühlen und sich zwischen ihnen und im Fluss des Dao bewegen.
Er ist diszipliniert. Aufgaben, die gestellt sind, löst er mit energieeffizientem Einsatz, der nötigen Konzentration und Ernsthaftigkeit. So auch, wenn es um das Erlernen neuer Inhalte geht, die nicht zwingend nur der Kampfkunst entstammen.
Er nimmt das Leben leicht. Positives wie negatives bewegen ihn nur oberflächlich, er steht mit und bei sich und um ihn herum geschieht was geschieht.
Er kann Schüler konstruktiv auf Defizite hinweisen, sodass ein gemeinsames Ganzes entstehen kann. Der Schüler wird auf seine Mankos aufmerksam gemacht, doch auf eine Art die nicht sein Wesen verletzt, stattdessen kann er offen mit dem Feedback arbeiten und erspart sich sehr viel Mühe und Zeit.
Er lebt als Beispiel vor.
Hält sich ordentlich, gepflegt, anmutig und schön. Doch ist Kung Fu eben harte Arbeit und diese scheut er nicht.
Er ist erhaben und anmutig, achtet auf jede Bewegung in jeder Zeit seines Lebens. Jeder Tritt und Schritt, jede Bewegung der Hände, jedes Lächeln und jedes Wort soll den Grundlagen der Demut, des Respekts, der Erhabenheit und der Gleichheit unterstellt sein.

Dies zu meinem Inneren Meister. Diese Auflistung stellt keinen Vollkommenheitsanspruch, noch kann sie sich nicht verändern, wachsen oder vereinfachen. Es handelt sich lediglich um die Punkte die mir als wichtig erschienen sie aus meinem Kopf auf Papier zu bringen.

Nachtrag zum ewigen Meister
Das Dao steht für den großen Weg, der ewige Meister für das Meisterliche in all seinen Facetten.
Kein Mensch kann jemals alle Facetten des Dao abdecken, jeder kann nur seinen Weg gehen. So ist der ewige Meister eine Vorstellung, die Summe aller meisterlichen Aspekte und aller Meister in unserer Welt, eine nie endende Liste die immer einem Wandel unterworfen ist…
Es ist unmöglich die Unendlichkeit greifbar zu machen und zu erfahren, doch wie der menschliche Geist fähig ist auch das Unendliche zu benennen und zu umschreiben, kann er in selber weise auch mit dem Dao und mit einem Meister tun.

Der ewige Meister ist ein immerwährendes Vorbild. Zu dem sich ein jeder von seinem Standpunkt aus bewegt, sodass sie gemeinsam erst alle Möglichkeiten die es gäbe abdeckten.
Demnach ist jeder innere Meister ein Splitter des Spiegels in dem sich das Bild des ewigen Meisters reflektiert.

Nachwort

Es war für mich sehr spannend und für die Reflexion sehr aufschlussreich diese Arbeit zu schreiben. Es ist fast schon schade, dass ich sie in doch sehr kurzer Zeit geschrieben habe, denn alleine das Beschäftigen mit dem Thema und meinem inneren Meister haben mir etlicher Versäumnisse aufgezeigt und dadurch habe ich nun Gelegenheit weiter an mir zu arbeiten.
Dank sei an dieser Stelle gesprochen.
An meinen Si-Fu. An Sifu Franz. Und ALL die großen Meister (damit seid ihr alle gemeint ;)) in deren Fußstapfen ich heute stehen darf, denn so viele sind diesen Weg gegangen, manche Spuren hat die Zeit bereits geschluckt, doch waren sie und sind somit Teil des Weges…

„…denn jede Blüte… – das bin ich…“

Sonja Plank

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Schere – Stein – Papier …. und der Bezug zu meinem Unterrichtskonzept 2018

Gerade heute, da Abtrennung und Spezialisierung ja wichtiger denn je scheinen, meine ich genau das Gegenteil müsste es sein, was eine stilfreie, ganzheitliche und lebendige Kampfkunst (in meinem Fall ARTMA) ausmacht. Es geht nicht darum mehr und mehr hineinzupacken, sondern mehr und mehr „wegzulassen“, um die Matrix dahinter zum Vorschein kommen zu lassen. Und mit weglassen meine ich nicht weniger Fähigkeiten zu schulen, sondern die Grundfähigkeiten zu entwickeln, aus denen der Rest und die Spezialisierung entstehen kann.
Wie Michelangelo in die Schuhe geschoben wird einst gesagt zu haben wie er denn David aus der Statue erschaffen habe: “Der David war immer schon da gewesen. Ich musste lediglich den überflüssigen Marmor um ihn herum entfernen.”

Was hat das nun mit „Schere – Stein – Papier“ zu tun? Mit diesem für jeden sicher in Erinnerung gebliebenen Spiel erschließt sich meiner Meinung nach sehr gut, welcher Kampfkunstzugang der „Beste“ ist.

Es gibt ihn einfach nicht!

Nur wer über alle 3 Auswahlmöglichkeiten verfügt und diese entsprechend passend einsetzen kann (was das Spiel natürlich unfair macht wenn ich vorher weiß was benötigt wird – aber um Fairness geht es in der Anwendung ja nicht), der hat zu jeder der 3 Vorgaben eine passende Antwort.

Mein „Schere – Stein – Papier“ Ansatz basiert auf den Zugängen von

• Keil/Kegel/Geometrie (aus dem Wing Chun System)
• Kreis/Ball/Energie (aus dem Taijiquan)
• Spirale/Bewegung/Mehrdimensionalität (aus dem Baguazhang)

Welcher dieser 3 Zugänge besser ist kann nicht vorher gesagt werden – jeder hat seine Vor- und Nachteile, aber in Kombination habe ich eine umfangreiche Toolbox zur Verfügung, die mich für mehr oder weniger alles wappnen sollte.

Eine zarte kleine Frau wird mit „sich anpassen“ und „rumwuseln“ wahrscheinlich besser fahren als einen stabilen Keil in einen 120 kg Typ reinschieben zu wollen. Nach vielen Jahren Kampfkunstausbildung kann aber dann auch die kleine zarte Frau einen 120 kg Typ einfach wegschieben wenn sie funktionell mehr Kraft aufwenden kann (ist immer wieder lustig zu sehen wie die großen Jungs von meiner Frau rumgeschubst werden). Aber diese Fähigkeit der – ich nenn sie mal – funktionellen Ganzkörperkraft wächst eben nicht von heute auf morgen. Aber mit einem passenden Übungswerkzeug sind in kürzester Zeit hier riesige Fortschritte zu erzielen.
Ebenso wird ein 120 kg Brocken selten das Bedürfnis verspüren sich elegant an den Angreifer anzupassen – Keil vor und fertig wird in den meisten Fällen recht gut funktionieren. Aber auch 120 kg mit funktioneller Ganzkörperkraft und Beweglichkeit richten mehr aus als reine Masse.
Meine Aufgabe als Lehrer sehe ich darin, meinen Schülern alle 3 Möglichkeiten anzubieten, damit sie später auch aus allen 3 Möglichkeiten wählen können / das „Passende“ passieren kann. Damit aber auch gleich von Beginn an Sachen funktionieren, werden bei uns von Anfang an alle 3 Zugänge unterrichtet (natürlich auf das Niveau der Schüler angepasst).

Weiters wird großer Wert darauf gelegt, Grundlagen der Waffenarbeit (welche unter anderem Geometriezusammenhänge ungemein deutlicher aufzeigen als waffenlose Kampfkunst) und des Gesundheits (Qigong) Bereiches zu transferieren (Transition). Die Fähigkeit eines aufrechten Standes aus dem Qigong beeinflussen natürlich die Körperhaltung in der Selbstverteidigung und in der Kampfkunst. Ebenso wie die Erkenntnis aus der Waffenarbeit, dass ich „hinter der Waffe“ stehen muss (also hinter dem, was ich vorhabe zu tun) sich im Alltag auswirken sollten. Überhaupt – wer Kampfkunst betreibt und sie im Dojo lässt, der hat nicht verstanden, worum es in der Kampfkunst geht. Wenn die körperliche Entwicklung keine geistige Entwicklung mit sich bringt, dann mag das zwar kämpferische Vorteile haben, eine ganzheitliche Kampfkunst wird dann aber nicht betrieben. Flexibilität im Tun und im Denken sollte einher gehen – und das eine das andere unterstützen.

….und ob ich nun Dantien, Hara oder Bewegungszentrum sage …. wenn meine Bewegung daraus geführt wird macht die Bezeichnung keinen Unterschied. Und wenn die Bewegung nicht daraus geführt wird, hilft es auch nicht x verschiedene Bezeichnungen dafür zu kennen….

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Beispielhafte Unterrichtsmethodik anhand von „Malen lernen“ bei Kindern – aus 2017

Ausgehend von der Grundidee meinen Schülern eine möglichst breite Palette an Lernmöglichkeiten zu geben, diversen Vorträgen von Gerald Hüther und nicht zuletzt der Begeisterung der eigenen Kinder aktuell am Ausmalen von (durchwegs schwierigen) Mandalas und Ausmalbildern haben sich folgende Gedankengänge bei mir ausgebildet:

Wenn Kinder zuerst „mit dem ganzen Körper“ malen, später zu den Strichmännchen und –zeichnungen übergehen um dann eine Phase von „Ausmalbildern“ zu durchlaufen bevor es ans „Abmalen“ und dann frei malen geht – ist sowas nicht auch auf das Lernen (von Kampfkunst) übertragbar?

Am Anfang stehen die „Ganzkörperübungen“ (Basisflow, Zhangzhuan, div. Formen und Bewegungsmuster), welche noch weit weg von irgendwelchen Anwendbarkeiten stehen – der Schüler lernt seinen Körper kennen, seine Körpergrenzen und gewisse Bewegungsmuster kennen – daraus kann weder abstrakte Kunst, noch irgendein Stilleben erkannt werden.

Über diese Stufe hinaus gibt es dann gewisse „Vorgaben“, wie eben zBsp. „Mal einen Baum“ – und mit viel Fantasie kann man einen Baum erkennen. Ein Strich hier, ein Strich da und dort… Dies ist für mich die Stufe der sogenannten „Selbstverteidigungs-Aktionen“. So wie sie ausgeführt werden weit weg von Kampfkunst, aber durchaus schon erkennbare Funktionalität, Freude daran, dass etwas „klappt“, also ein Schritt in die richtige Richtung.

Dann kommt aber interessanterweise die Zeit, in der die „eigenen“ Zeichnungen der Kinder weniger werden und Vorlagen ausgemalt werden. Eventuell deshalb, weil man mit den „Eigenkreationen“ nicht zufrieden ist (oder gesagt bekommt dass sie „nicht schön“ seien) – auf alle Fälle sollen dann Vorlagen her, welche farbig ausgefüllt werden. Auch hier wird natürlich anfänglich überall drüber hinausgemalen, aber mit der Zeit entwickelt sich ein besseres Gefühl für die Grenzen (wie auch in den Formen, bei Koordinationsübungen usw.).
Also Kreativität im Rahmen quasi – welche Flächen mit welchen Farben ausgemalen werden ist beliebig, gut ausschauen tut es meist so oder so.

• Dem Gegenüber gibt es die Möglichkeiten des „Malen nach Zahlen“ bzw. „Malen nach Farben“, welche ähnliche Wege gehen – entsprechend eines vorgegebenen Rahmens entweder die Zahlen von 1 bis x nachfahren und es gibt ein Bild, oder alles mit den gleichen Zahlen in den gleichen Farben ausmalen und es gibt ein Bild; Also auch hier: vorgegebene Rahmenbedingungen mit der Möglichkeit „bedingter Kreativität“.

So ungefähr sehen meine Beispiele im Kampfkunstunterricht aus: Ich zeige gewisse Bewegungsmuster vor (zum Beispiel: gerader Angriff kommt – Keilförmig vorschieben, mit der inneren Hand außen Kontakt aufnehmen, aus der Angriffslinie hinausgehen, den Angriff gerade weiterbegleiten und mit der anderen Seite den Gegner treffen) und die Schüler erarbeiten sich innerhalb dieser Rahmenvorgaben für sie passende Ansätze: wo nun der Trainingspartner getroffen wird hängt vom Größenverhältnis der Partner zueinandern, dem Kräfteverhältnis, aber auch von innerer Einstellung und Durchsetzungsvermögen ab. Natürlich könnte ich exakt vorgeben wie es auszuschauen hat – aber damit nehme ich dem Schüler die Möglichkeit „selbst zu spielen“ und gebe die Illusion von „diese Aktion passt“ vor – was aber eben nicht immer stimmt; Die Aktion von mir passiert eben genau deshalb so, weil die Konstellation der Trainingspartner nun genau so war – wäre sie auch nur etwas anders würde die Antwort auch entsprechend anders ausfallen; Was ich meinen Schülern damit also beibringen will, ist einerseits eine grundlegende Vorgangsweise welche gegen solche Angriffe möglich ist (andere Varianten folgen dann enstprechend in den nächsten Wochen wenn diese Variante halbwegs „sitzt“), andererseits aber gleichzeitig die Kreativität und Eigenverantwortung nicht nur mich zu kopieren, sondern auch selber probieren was für sie funktioniert (und was eben nicht) – und, dass es immer auf die Situation darauf ankommt.
Natürlich gibt es (nach anfänglichem „Alleinstudium mit den Partnern“) dann den ein oder anderen Hinweis was sich für mich in dieser Konstellation anbieten würde, und auch gleich die Überleitung zu ähnlichen Bewegungsmustern aus anderen Übungsbereichen (sei es Waffentraining oder Qigong Elementen) – um auch hier klar zu machen, dass alles einander verstärkt.

Mein Ziel ist es, dass meine Schüler das Rüstzeug bekommen um selbständige Maler zu werden – ob dies dann im Bereich von Aquarellen, Bleistiftzeichnungen, Ölfarben oder was auch immer passiert liegt nicht an mir zu entscheiden; sehr wohl aber liegt es an mir diese verschiedenen Möglichkeiten aufzuzeigen.
Oder um es auf die Grundidee des menschlichen Gehirnes nach Hüther zu übertragen: ich versuche möglichst viele Verknüpfungsmöglichkeiten anzubieten. Aus welchen dann Datenautobahnen werden und welche verkümmern liegt allein daran, welche benutzt werden. Wenn ich allerdings nur eine Möglichkeit anbiete wird diese wohl oder übel die Datenautobahn werden und „funktionieren“ – die Wahrscheinlichkeit, dass sie für alle unterschiedlichen Schüler aber „die Richtige“ ist kann sich jeder selber ausrechnen 😉