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2021_Jörg_Kampfkunst, wie wir sie in der Dao-Schule-Tirol praktizieren, als Mobbingprophylaxe.

September 2021
Schriftliche Arbeit, im Rahmen der Prüfung für den dritten Inneren Grad, von Jörg Leiseder, an der Dao-Schule-Tirol.

Kampfkunst, wie wir sie in der Dao-Schule-Tirol praktizieren, als Mobbingprophylaxe.
Kampf wird nur dann zur Kunst, wenn er weit über den körperlichen Zweikampf hinaus geht.

Vorab:
Auf den ersten Blick scheint es offensichtlich, dass Kampfkunst und Kampf überaus geeignet sind, Mobbing zu begegnen. Auch vorbeugend scheint ein zuerst ausgeführter Angriff hilfreich. Ein Präventivschlag allerdings, würde die Gewaltspirale frühzeitig eröffnen. An dieser Stelle kommt der wichtige Unterschied zwischen Kampfkunst und Kampfsport zum Tragen.
Um einen Vorsprung in sich anbahnenden Auseinandersetzung zu haben, kann optimal eingesetzte Kampfkunst ein frühzeitiges, möglichst phantasie- und lustvolles Aussteigen aus der Gewaltspirale ermöglichen.
Definition:
Mobbing1
, ein aus dem Wort „Mob“ (der Pöbel) abgeleiteter und aus der Ethologie entlehnter Begriff, wonach einzelne Personen in ihrer sozialen Gruppe ausgegrenzt, schikaniert und terrorisiert werden. […] Mobbing wird von kleineren Streitereien und punktuellen Gewaltausbrüchen dadurch abgegrenzt, daß die Angriffe wiederholt und über einen längeren Zeitraum hinweg in der Absicht erfolgen müssen, dem Opfer Schaden beizufügen. Mobbing kann dabei von einer oder von mehreren Personen durchgeführt werden, und es richtet sich typischerweise auf ein Opfer, das sich nicht wehren kann (Stärkeungleichgewicht). Schließlich kann Mobbing sowohl direkte Formen annehmen –
wie etwa Drohungen oder körperliche Angriffe – sowie indirekte Formen wie etwa Ausschluss aus der sozialen Gruppe.
Die meisten Forscher betonen laut Christoph Seydl2 folgende Gesichtspunkte:
 Verhaltensmuster: Mobbing bezieht sich auf ein Verhaltensmuster und nicht auf eine einzelne Handlung.
1https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/mobbing/9859
2Christoph Seydl: Mobbing im Spannungsverhältnis sozialer Normen – eine dissonanztheoretische
Betrachtung mit Untersuchung. Trauner, Linz 2007, ISBN 978-3-85499-312-4.

Die Handlungsweisen sind systematisch, das heißt, sie wiederholen sich ständig.
Der Umstand, dass es sich bei den Angriffen um Verhaltensmuster handelt, bieten einen guten Ansatz für ein Training.
Es ist nicht notwendig, mit einzelnen Attacken sofort fertig zu werden, sondern man hat Zeit, Strategien zu entwickeln und erproben.
Durch wiederholte Rollenspiele im Training gewöhnt sich der Teilnehmer daran, dass fremdes Fehlverhalten nicht gleich das eigene Ende bedeuten muss, vielmehr werden alternative Möglichkeiten des Arbeitens und Lernens erarbeitet, eine Neuorientierung der Persönlichkeit kann beginnen.
Es ist nicht notwendig, einzelne Handlungen überstürzt einzusetzen, vielmehr soll ein Horizont für bisher unbekannte Handlungsstrategien erschlossen werden. Mit der Lust am Entwickeln und Erproben wird auch der Druck genommen.
 Negative Handlungen: Mobbingverhalten kann verbal (zum Beispiel Beschimpfung), nonverbal (zum Beispiel Vorenthalten von Informationen) oder physisch (zum Beispiel Verprügeln) sein. Solche Handlungen gelten üblicherweise als feindselig, aggressiv, destruktiv und unethisch.
In diesem Fall ist es wichtig, aggressive und fremdgesteuerte Aktionen rechtzeitig zu erkennen, um in weiterer Folge rechtzeitig agieren zu können.
Im Training gilt es Menschen und Situationen „lesen“ zu lernen und passende „Antworten“ aus den „Effeff“ parat zu haben.
 Ungleiche Machtverhältnisse:
Die Beteiligten haben unterschiedliche Einflussmöglichkeiten auf die jeweilige Situation. Eine Person ist einer anderen Person unter- beziehungsweise überlegen. Dazu ist kein Rangunterschied nötig. Eine Ungleichheit kann durch die bloße Anzahl bedingt sein: Viele Personen gegen eine Person.

Im Training werden die eigenen Stärken entdeckt und geweckt, um situativ mächtig zu bleiben.
 Opfer: Im Handlungsverlauf bildet sich ein Opfer heraus, das infolge ungleicher Machtverhältnisse Schwierigkeiten hat, sich zu verteidigen.
Durch das Training wird mindestens einer der vorangegangenen Punkte zu den eigenen Gunsten verändert, deshalb entwickelt sich der Trainingsteilnehmer nicht mehr zum Opfer aus.
Theorie:
Weder beginnt Kampfkunst, noch endet sie. Vielmehr ist sie eine ständige Bereitschaft zu agieren, anstatt zu re-agieren. Hierin liegt auch der Vorteil für die Mobbingprophylaxe:
Geschultes Vorgehen ist kaum mehr von einem Gegenüber abhängig, der Kampfkunsterprobte behält seine Handlungsfreiheit.
Kampfkunsterprobte sind es gewöhnt, die gleiche Problemstellung auf unterschiedlichste Weisen zu lösen, sich erneut darauf einzustellen und etwas Ungewohntes zu versuchen.
Durch die Erfahrung des Übens, der Erprobung verschiedenster Konzepte auf körperlicher Ebene, stellt sich früher oder später wie von selbst ein lustvolles Experimentieren mit unterschiedlichen Strategien auf geistiger Ebene ein.
Das Prinzip „Schere-Stein-Papier“:
Es gibt keine allgemeingültige „Siegertechnik“; sehr wohl aber passende Strategien, meist mehrere, durchaus unterschiedliche.
Die hohe Schule der Kampfkunst ist ähnlich kreativ, wie ein kunstvoller Scherenschnitt, eine am Stein geschliffene Schere, oder einen phantasievoll mit Papier verzierter Stein. Kreativität bedeutet die Selbstsicherheit zu haben, das Täter – Opfer Szenario verlassen
zu können.

In der Dao-Schule-Tirol unterscheiden wir drei Energien/Konzepte: „gerade“, „rund“ und
„spiralig“.

„Gerade“: verdrängend und entgegengehend „Pflug“ „Wing Tsun“
„Rund“: aufnehmend und ausweichend „Schaukel“ „Tai Qi Quan“
„Spiralig“: vorbei leitend und eindringend „Kreisel“ „Baguazhang“

Selbstverständlich sind die Übergänge fließend und eines kann im anderen gefunden werden.
Für eine Erklärung scheint mir eine prinzipielle theoretische Abgrenzung notwendig, da es sonst leicht zu Verwirrungen kommen kann.
Bietet mein Lebensstil eine große Angriffsfläche, so kann ich auf verschiedene Weisen damit umgehen. Mich persönlich könnte man wegen meines äußeren Erscheinungsbildes verspotten, da ich weder einer Mode oder einem Trend folge, noch sonst irgendwie darauf
achte zu gefallen oder entsprechen.
Mögliche Antworten, den 3 Konzepten folgend, könnten sein:
Gerade:
Ja das ist schon lange bekannt, und unwichtig. Bitte wenden wir uns wieder dienstlichen Angelegenheiten zu.
Rund:
Ja, die Geschmäcker sind eben verschieden. Kann ich ihnen irgendwie behilflich sein? (Ist Ihre persönliche Meinung denn von Belang in einer dienstlichen Besprechung?)
Spiralig:
Ja gewiss, können sie das genauer erläutern, eventuell sogar schriftlich? Ich bin übrigens sehr daran interessiert, warum sie das überhaupt der Erwähnung wert finden.

Außerdem verwenden wir folgende 6 „Tierstrategien“:
„Hase“:
Der Hase verlässt die bedrohliche Situation, denn außerhalb der Reichweite des Fuchses (Mobbers) ist er kein Opfer.
Bin ich beispielsweise einer Partie zugeteilt, in der ich gemobbt werde, so kann ich um eine neue Zuteilung bitten.
„Kluger Rabe“:
Der Kluge Rabe redet sein Gegenüber in Grund und Boden, wichtig ist allein, dass er den längeren Atem als der Opponent hat.
Ähnlich wie ein Igel, zusammengerollt zu einer Kugel, keine Durchdringen zulässt, so bietet auch der Kluger Rabe keine Lücke für einen verbalen Konter.
„Kobra“:
Die Kobra schüchtert durch Drohgebärden ein. Zeigt sich mächtiger als sie ist, denn sie möchte ihr Gift sparsam, also möglichst nur für die Jagd verwenden. Egal ob es sich um einen physischen oder psychischen Angriff handelt, ist die erste Reaktion ein bestimmter (aggressiver) Schritt auf das Gegenüber zu, ohne jedoch dessen Privatsphäre zu verletzen, so verseht das gegenüber für gewöhnlich, dass es kein „leichtes“ Opfer vor sich hat.
„Erdmännchen“:
Erdmännchen holen sich Hilfe.
Einerseits ist in einem Betrieb der Arbeitgeber/Vorgesetzte verpflichtet seine Arbeitnehmer zu schützen, andererseits sind dafür auch Betriebsräte/ Vertrauenspersonen eingerichtet. Außerbetrieblich sind dafür die Kammern und Gewerkschaften zuständig.
Auch Freunde und Verwandte können in manchen Situationen unterstützend mitwirken.
„Cooler Wal“:
Der Coole Wal ignoriert die Einladung in die Gewaltspirale.
Wichtig ist hierbei, dass man, so wie ein Lotus den Wassertropfen abperlen lässt, man wirklich auch zutiefst Innen ruhig ist und nicht im geringsten auswicht, sondern standhaft da bleibt ohne die geringste Verbindung zum Täter.
„Stachelschwein“:
Das Stachelschwein kämpft unerbittlich. Jede nur erdenkliche Möglichkeit wird versucht.
(In der Mobbingprophylaxe sollten wir uns auf legale Mittel beschränken.)
Schlägt ein Versuch, sich zu behaupten, fehl, so verliert das „Stachelschwein“ keine Zeit, von einer anderen Seite, mit einer anderen Strategie oder Technik, erneut seine Glück zu versuchen.
Praxis:
Bei uns im Training ist bei den Übenden meistens folgendes Schema zu erkennen: Zuerst wird „irgendetwas“ „irgendwie“ gemacht, dann kommt langsam, ansatzweise eine Idee „wie“ und „warum“ und mit der Zeit und weiterem Üben auch langsam eine Ahnung,
worum es dabei gehen könnte.
Kampfkunsterprobte sind es gewöhnt, die gleiche Problemstellung auf unterschiedlichste Weisen zu lösen, sich erneut darauf einzustellen und etwas Ungewohntes zu versuchen.
Denn im Training werden die diversen Vorgehensweisen anhand verschiedener Situationen erklärt und somit immer wieder in neuem Kontext geübt, dadurch erlebt man die verschiedensten Einsatzmöglichkeiten derselben. Zwischendurch werden die geübten Vorgehensweisen auch an vermeintlich Unpassenden „Angriffen“ ausprobiert, dabei gibt sich die eine oder andere unerwartete, passende „Antworten“.
Auf diese Weise wird Eintönigkeit und Kleinkariertheit vermieden.
Beschränkt man sich grundsätzlich darauf, den Kopf, also die Steuerungseinheit, auszuschalten, so wird man immer wieder überrascht sein, wie ein Angriff, geduckt von unten, als möglicher Zwischenschritt, erfolgreich zum Ziel führen kann.
Beim Erlernen einzelner Techniken nähert der Übende sich stetig einem Ideal an. Es wird im Laufe der Zeit zur Gewohnheit, nicht „perfekt“ anzufangen. Gleichzeitig gewahrt man, dass auch verbesserungswürdige Versuche schon Wirkung zeigen. Es ist also hilfreicher
etwas zu tun, als nichts zu tun, denn was ich nicht kann, kann ich noch lernen.
Man lernt, dass Steigerung möglich, ja normal ist.
In der alltäglichen Anwendung zeigte sich, dass es schon hilfreich sein kann, anders als üblich zu agieren, um eine neue Reaktion zu provozieren. Dies allein irritiert bereits den Mobber, um sein Opfer in Frieden zu lassen, denn sobald das „Opfer“ Handlungsspielraum hat, fällt es aus seiner zugedachten Rolle.
Dies ist in erster Linie der gewünschte Erfolg, als Zugabe kann diese Aktion auch noch bewirken, dass der Mobber generell weniger darauf baut, andere herabzusetzen.

Fazit:
Durch Theorie (3 Konzepte, 6 Tierstrategien, „Scher-Stein-Papier“, Gewaltspirale) und Praxis (Rollenspiele, Übungen, Wiederholung, Variation) ist eine solide Basis für eine alltagstauglich Mobbingprophylaxe gewährleistet.

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2015_Jörg_Zeremonien und Rituale in der DAO-Schule-Tirol

Schriftliche Arbeit im Rahmen der Prüfung auf der dritten Inneren Grad ARTMA.
Eingereicht und abgelegt von Jörg Leiseder an der Dao-Schule-Tirol.

Thema der Arbeit:
Zeremonien und Rituale in der DAO-Schule-Tirol

Zeremonien und Rituale in der DAO-Schule-Tirol

Begriffsklärung
Wofür brauchen wir Zeremonien und Rituale überhaupt und in der DAO-Schule-Tirol im speziellen.
Welche Zeremonien und Rituale gibt es zur Zeit in der DAO-Schule-Tirol, wann werden sie durchgeführt?
Bedeutung von Handlungen und Gegenständen Zeremonien in der Lakota Tradition in aller Kürze

Begriffsklärung

Die Zeremonie ist ein, nach einem festgelegten Protokoll oder Ritus ablaufender, förmlich-feierlicher Akt.
Ein Ritus ist eine in den wesentlichen Grundzügen vorgegebene Ordnung für die Durchführung zeremonieller Handlungen.
Ritual ist eine nach vorgegebenen Regeln ablaufende, meist formelle und oft feierlich-festliche Handlung mit Symbolgehalt. Ich verstehe hier Symbol als Sinnbild.

Wofür brauchen wir Zeremonien und Rituale überhaupt und in der DAO-Schule-Tirol im speziellen.
Zeremonien dienen verschiedenen Zwecken:
1 Sichtbarmachen von unsichtbarem, zum Beispiel geistiges oder spirituelles Wachstum.
2 Sichtbarmachen im großen Kreis, zum Beispiel eine bestandene Prüfung.
3 Sichtbarmachen von (Lebens-)Abschnitten.
4 Vorbereitung auf Neues, zum Beispiel Initiation.
5 Vorbereitung und / oder Durchführung der Kontaktaufnahme, zum Beispiel Schwitzhütte;
kontakt zur Geistleute-Welt oder Hochzeits Vorbereitungen.
6 Verstärkung des Gebetes.
7 Reinigung.
8 In der Lakota Tradition (wie auch anderen) dient die Zeremonie dazu das Profane zu heiligen.

Das soll heißen, jeden Eingriff in den Fluß des Tao gleiche ich, mit größt möglicher Kraft, so gut wie Möglich aus.
In der DAO-Schule Tirol folgernde Punkte: 1;2;3;4;5 als Teil von 4; 6 als Teil anderer Punkte; 7 detto; 8 sollte durch Achtsamkeit alltäglich werden.

Welche Zeremonien und Rituale gibt es zur Zeit in der DAO-Schule-Tirol, wann werden sie durchgeführt?
Graduierungen, je nach Bedarf
Visionssusche Vorbereitung für Unterrichtstätigkeit und nach Bedarf
Teezeremonie Aufnahme in den Ausbildnerkreis
Gong und Verbeugung Beginn und Abschluß
Basisflow
Anfang
Abschluss Oberstufe: Vortreten Arbeit verlesen Entgegennahme Urkunde & Programmzettel Gemeinsame Feier (Essen & Trinken)

1. Innerer Grad: Vortreten 3 Zeiler verlesen In Roten Umschlag einpacken & übergeben Verbrennen Entgegennahme Urkunde & T-Shirt, T-Shirt überziehen Gemeinsame Feier (Essen & Trinken)

Weiterer Innerer Grad: Vortreten Arbeit verlesen Entgegennahme Urkunde Gemeinsame Feier (Essen & Trinken)

Meistergrad: Vortreten Arbeit verlesen Entgegennahme Urkunde & T-Shirt, T-Shirt überziehen Gemeinsame Feier (Essen & Trinken)

Assistent: Vortreten Arbeit verlesen „Versprechen verlesen“ & übergeben Verbrennen Gemeinsame Feier (Essen & Trinken)

Lehrer: Visionssuche Vortreten Arbeit verlesen steht für: sich präsentieren, Einblick in die geistige Entwicklung geben.

Entgegennahme Urkunde (& Programmzettel, T-Shirt) steht für: Würdigung der geleisteten Arbeit.
3 Zeiler verlesen In Roten Umschlag einpacken & übergeben steht für: Würdigung der Unterstützung durch Sifus & Lehrer, etwas immaterielles zurück geben.
Versprechen verlesen steht für: den wahrhaften Wunsch.
Verbrennen steht für: irreversibel; Schüler bringt Holz, Lehrer facht das Feuer an: Schüler bringt Körper und Einsatz; Lehrer Geist Lehre Technik.
Gemeinsame Feier (Essen & Trinken) Steht für: „Familie“, Ausgleich von Yang (formell, geistig) und Yin (informell, materiell).

Rituale vielseitig, daher nur im Speziellen:
Begrüßung und Verabschiedung: Gong und Verbeugung.
Vorbereitung: Basisflow.

Bedeutung von Handlungen und Gegenständen:

Altar: Er bezeichnet die Art wie die Zeremonie durchgeführt wird. Somit beinhaltet er sowohl den geistigen wie auch den materiellen Rahmen.
Bei jeder Zeremonie gibt es ein Grundgerüst für den Altar. Da auch jeder Zeremonienleiter seinen eigenen Altar hat, muß er eine Möglichkeit finden diesen, in den der Zeremonie einzugliedern.
Schwitzhüttenplatz: Feuerkreis symbolisiert den Kopf, kuppelförmig gebogene Stangen, mit Decken/Fellen abgedeckt den „Bauch von Mutter Erde“;
Schwitzen: neben Blut und Fleisch das einzige Opfer das ich selbst erschaffen habe.
Heilige Pfeife: besteht aus Kopf (Stein) / Yin und Stiel (Holz) / Yang. Beim Gebrauch sind Yin und Yang vereint, wodurch die Schöpfung immitiert wird.
Fasten: zeigt den Geistleuten Entschlossen- und Ernsthaftigkeit und bringt einen diesen näher, da diese auch nichts essen.
Gebets Beutel: mit jedem wurde gebetet, auf daß die Geistleute die Gebete dort abholen können.
Virginischer Tabak: gilt den Lakota als sehr sensible Pflanze, daher kann sie auch die „leisesten“ Gebete übermitteln. Dieser Umstand macht Tabak zu einem wertvollen Geschenk/ Opfer.
Spenden : Ich bin Vermittler und kann nicht dafür verlangen, daß die Geistleute ihre Arbeit verrichten, es gereicht mir zur Ehre erwählt zu sein, familiärer Charakter.

Zeremonien in der Lakota Tradition in aller Kürze:
In der Überlieferung der Lakota gibt es sieben heilige Zeremonien, die von der „Weissen Büffelkalb Frau“ gebracht wurden und Eine ältere nämlich die Schwitzhütte. Der Überlieferung nach später entstandene Zeremonien lasse ich außer acht.
Jenen, die ich Selbst erlebt und erfahren habe, widme ich mehr Aufmerksamkeit.
Da Zeremonien verstärkend wirken und die volle Konzentration gebraucht wird, sollten alle Vorurteile, Emotionen (meist unkontrollierte Reaktionen auf Gefühle),, unvollendete Arbeiten“, bewußtseinsverändernde Substanzen, sowie Kameras und moderne Kommunikationstechnologien von ihnen ferngehalten werden.

Die 7 Gernerationen:
Sie sollten bei allen Handlungen berücksichtigt werden, da sie von unseren Taten betroffen sind.
Diese Geisteshaltung soll vor kurzsichtigen und egoistischen Entscheidungen bewahren.
Es gibt einige Dinge die wir aus Respekt tun, und andere die wir aus Respekt unterlassen.

Die Heilige Pfeife:
Heilige Pfeife: besteht aus Kopf (Stein) / Yin und Stiel (Holz) / Yang. Beim Gebrauch sind Yin und Yang vereint, wodurch die Schöpfung imitiert wird.
Für jede Himmelsrichtung wird eine Priese Tabak in die Pfeife gegeben, somit ist alles vertreten.
Der Rauch, eine Kombination aus Feststoff (Ruß) und Gas (Luft), symbolisiert die Verbindung zwischen Materie unf Geist.

Schwitzhütte: Reinigungzeremonie

Schwitzhütte: kuppelförmig gebogene Stangen, mit Decken/Fellen abgedeckt; spirituelle und körperliche Reinigung im „Bauch von Mutter Erde“(daher der sicherste Platz auf Mutter Erde) In die Mitte werden die heißen Steine in eine Vertiefung gelegt, am Rand sitzen die
Menschen. Der Zeremonienleiter gießt Wasser auf die heißen Steine.

Visionssuche:
Traditionellerweise werden alle Kosten von den Suchenden getragen, da diese um die Unterstützung sowohl des Zeremonienleiters wie auch der Gemeinschaft gebeten haben.

 Ziel der Zeremonie ist es, seine persönliche Lebensaufgabe „Das Geschenk“ kennenzulernen.
Dadurch sollte sich mit der Zeit mehr Klarheit über seinen Platz in der Gemeinschaft und WIE man sich einbringen kann, entstehen. Um jedes Detail zu verstehen braucht es oft Jahre. Vor Antritt sollte sich der Suchende im klaren sein, daß er etwaige Geschenke auch annehmen wird.

Ablauf:
Vorbereitung:
Selbst wenn die Zeremonie als Übergangsritual eingesetzt wird, sollte der Suchende wenigstens eine Frage klar formulieren. Je klarer die Frage, desto eher kann man auf eine klare Antwort hoffen.
Mit dem Hintergrund dieser Frage, bittet der Suchende den Zeremonienleiter seiner Wahl, um Führung durch die Zeremonie.
Sobald der Zeremonienleiter zugestimmt hat, beginnt für den Suchenden, streng genommen, die Zeremonie.
Idealerweise verzichtet der Suchende ab diesem Zeitpunkt auf jegliche bewußtseinsverändernde Substanzen.
Der Suchende bereitet seinen Schutzkreis, eine Schnur mit Gebetsbeutelchen vor. Einstweilen wird sie aufgerollt aufbewahrt.
Weitere Vorbereitungen sind von Zeremonienleiter zu Zeremonienleiter verschieden.
Reinigung der Gegenstände die auf die Visionssuche mitgenommen werden.
Reinigung der Suchenden und Unterstützer in der Schwitzhütte. Verabschiedung in die Geisterwelt.
Die Suchenden werden zu ihren Plätzen gebracht, und der Altar errichtet. Mindestens der Schutzkreis, weiteres vom Leiter abhängig. Der Schutzkreis wird nur zur Toilette und zum Rauchen verlassen.
Gewöhnlich ohne Essen und Trinken in dieser Zeit.
Währenddessen im Lager: Gemeinschaft pflegen.
Zum vereinbarten Zeitpunkt Rückkunft.
Reinigung und eventuelles mitteilen. Zurück in der materiellen Welt.
Gemeinsames Festessen.
Give away

 Meine Erfahrungen 

 Ohne Erwartung stelle ich mich auf das Erhalten der Klarheit ein. 
 Es ist für mich selbstverständlich, dass ich Klarheit erlange. 
 Ich weiß dass ich keinen Anspruch auf Erlangung von Klarheit habe. 
 Klarheit kommt immer nur aus mir. 
 Ich
muss mich aufgeben um Klarheit zu empfangen. 

 Als Suchender genieße ich das Fehlen des Alltags. 
 Das heist für mich, dass keine Arbeit ruft (Geschirr, Kochen, Holzholen, E-Mails lesen,…). So habe ich „freie“ Entscheidung wann ich bete, schlafe, träume, denke,…. Eindrücke der Umgebung, wie etwa Straßenlärm, Kirchenglocken… gehen mich nichts an. 
 Ich habe Zeit meine Gedanken zu beobachten, meine Komfortzone zuerkennen. 
 In diesem Zustand können mehr Feinheiten im Innen wie Außen wahrgenommen werden, es verschieben sich die
Prioritäten, die Aufmerksamkeit rutscht mehr und mehr in den Moment. 
 Für mich werden Zusammenhänge offensichtlicher. 
 Dankbarkeit für den Moment und alles, kommt auf. 
 Das Ich /Ego verliert an Bedeutung, vielleicht da kein Gegenüber zu nahe kommen könnte.
Verschmelzung wird spürbarer: zB.: Tiere auf meinem Körper stören mich kaum. 


 Als Unterstützer nehme ich Prozesse und Bedürfnisse Suchender wahr, zB: Kopfweh, Kälte, Durst..
Ich lerne das Opfer der Suchenden, auf Essen und Trinken zu verzichten, zu schätzen, dies kann sich steigern bis zu einem Gefühl von Gnade/tiefgreifender Dankbarkeit. 
 An dieser Stelle fällt mir auch die biblische Zeile „Einer trägt des andern Last“ ein.

Sonnentanz:
Altar:
Baum im Zentrum
Kreis für die Tänzer
Ring für die ?
beschatteter Ring für die Unterstützer

Vier Tage Reinigung:
morgentliche und abendliche Schwitzhütten
Vorbereitung des Areals
Schattenbereich abdecken
Schwitzhütten der Tänzer errichten
eventuelle Gemeinschaftbereiche aufgebaut (Küche,…)
Vier Tage Tanz:
Baum holen
nicht mit Wasser spritzen oder Spielen allgemein sorgsamer Umgang mit Wasser
nichts ausschütteln
Das Hauptaugenmerk der Unterstützer liegt auf dem Beiwohnen der Zeremonie. Als nächstes muß das Lagerleben koordiniert werden.
Abschlußfest
Vier Tage Ausklang:
Nachbereitung
Gemeinschaft pflegen

Bei alle nun folgenden Zeremonien stütze ich mich ausschließlich auf das Buch: „Die heillige
Pfeife“ von „Schwarzer Hirsch“. Selbstverständlich spielen meine Erfahrungen mithinein.
Verwandtschaftmachen
Vorbereitung eines Mädchens auf das Frausein
Das Aufwerfen des Balls
Das Zurückalten der Seele
Diese Zeremonie wird zur Läuterung der Seele eines Toten durchgeführt, dadurch soll ihr die Rückkehr zu „Wakan Tanka“, der Schöpfungsmacht, auf direktem Wege ermöglicht werden, eine Gnade die „reinen“ Seelen vorbehalten ist.
Außerdem soll dadurch die liebe füreinander gestärkt werden.
Das Zurückalten der Seele beginnt, wie alle Lakotazeremonien, mit der Übergabe der gefüllten Pfeife an den Zeremonienleiter.
Auf Geheiß dessen ein Tipi, Kegelzelt der Prärieindianer, errichtet und geweiht wird. Hierin wird die Seele für ein Jahr betreut beziehungsweise zurückgehalten. Dadurch weilt der Verstorbene noch in der Gemeinschaft.
Quasi als Aufenthaltsort für die Seele wird eine Strähne des Verstorbenen im Rauch gereinigt und in ein Heiliges Bündel gegeben. Dieses wiederum bekommt einen besonderen Platz im Tipi.
Der zurückgehaltenen Seele muß täglich Nahrung gebracht werden. An schönen Tagen wird das Bündel, an einen Dreifuss vor dem Tipi, gehängt, hier kann es besucht werden, Gebete und Opfergaben sind erwünscht.
Jene die um die Zeremonie gebeten haben, die „Seelenbewahrer“, müssen all dies organisieren.
Ein „Seelenbewahrer“ darf weder Kämpfen noch töten oder auch nur ein Messer berühren.
Um die Seele wieder frei zu lassen muß der Abschlussritus vollzogen werden. Hiefür wird die ganze Gemeinschaft benötigt. Im wesentlichen geht es um die Vorbereitung der Seele, ihre Wanderung anzutreten.
Als Abschluß gibt es ein rituelles Letztes Essen für die Seele im Kreis des Stammes. Das Bündel mit der Seele wird zum Tipi hinaus getragen, dabei bittet der Zeremonienleiter die Seele auf sein Volk zurückzuschauen/aufzupassen. Sobald das Bündel das Tipi verläßt ist die Seele freigelassen.

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2013_Jörg_Im Moment sein; Die Verschmelzung von Innen und Außen. Oder doch :Hara1

Die verschiedenen Wege welche ich beschreite, sei es Shiatsu, Artma, „Wildnisbewegung“ oder
Schamanismus treffen sich zumindest in einem Punkt: „Im Moment sein“.

Shiatsu (zu deutsch: Daumendruck), eine japanische manuelle Therapiemethode, arbeitet mit dem momentanen Energiezustand des Menschen, basierend auf der Traditionellen Chinesischen Medizin. Ziel einer Behandlung ist der Ausgleich zwischen zwei Extremen.
Artma ist stilfreie ganzheitliche Kampfkunst.
Der Name Artma bedeutet die „Kunst des Kampfes“ und setzt sich aus folgenden Buchstabenfeldern zusammen: ART – von Kunst und MA – von Mars, dem Gott des Kampfes der altrömischen Mythologie.
Ausgesprochen weist der Begriff ARTMA auf das Ziel dieser Kampfkunst hin, sein WAHRES SELBST (Sanskrit „ATMA“ oder „ATMAN“) wiederzuentdecken, zu entwickeln und dadurch zufrieden und glücklich zu sein.

„Wildnisbewegung“:
Mit diesem Ausdruck bezeichne ich in dieser Arbeit Strömungen, die eine Verbindung zur Wildnis/Natur herstellen wollen, nicht jedoch solche, welche die Natur als Sport- (z.B. Skifahren) beziehungsweise Therapiegerät (z.B. Erlebnispädagogik) oder Kulisse (z.B. Golf) erachten.
Wildnis bedeutet im Rahmen meiner Begrifflichkeiten, soviel wie „von urbaner Zivilisation unberührt“. Damit meine ich nicht, dass nur in einer Verneinung jeglicher Zivilisation oder Kultur das Heil für den Menschen zu finden wäre, um aber dem günstigen Einfluss der Natur /
des Tao nahe zu sein, empfiehlt es sich für die menschliche Zivilisation „High-Tech“ möglichst sparsam zu verwenden.
Vollkommen und widerspruchslos in der Zivilisation eingebettet zu sein, setzte ich gleich mit „nicht im Moment sein“, was aber die unabdingbare Voraussetzung darstellt, erstgenannte zu ertragen. In weiterer Folge führt dieses „ver-rückt“ sein des Menschen zu Krankheit/Verletzung,in der Wildnis hingegen bedeutet es fehlende Entscheidungsgrundlagen,folglich den Tod. Wer hingegen seine Wurzeln in der Erde und „Tradition“ hat, dem eröffnet sich die Möglichkeit mit neuen Mitteln zu arbeiten.
Der „Sitzplatz“ oder der „geheime Platz“ bezeichnet in der Wildnisbewegung einen Ort, an dem täglich, möglichst zur gleichen Zeit, die Veränderungen in der Natur (Umgebung) beobachtet werden. Beobachten hilft „in den Moment“ zu kommen, durch die täglich gleiche Zeit werden die vor Ort wohnenden Tiere an den menschlichen Beobachter gewöhnt. Dieser erhält nun tiefere Einblicke in seine Umgebung.

Schamanismus:
Schamanismus wird von Schamane abgeleitet. Dieser Begriff wurde ursprünglich nur bei dem ostsibirischen Volk der Tungusen verwendet. Andere Völker haben andere Bezeichnungen.
Ich verstehe den Begriff in dieser Arbeit als unabhängig von jeglicher Tradition.
„Der Schamanismus ist gekennzeichnet durch ein Weltbild, das Kommunikation oder Auseinandersetzung mit Geistern, die auf irdische Erscheinungen Einfluss haben, für möglich hält.[…] Der Schamane kann sich auf seinen Jenseitsreisen zu […] anderen Ebenen begeben. Zum Schamanen wird man meist gegen den eigenen Willen durch Initiation, die durch ältere Schamanen oder die Geister direkt erfolgt. Der Schamane ist als Mittler zwischen den bei ihm Hilfe Suchenden und den Geistern tätig.“2
„Michael Harner, […] spricht vom schamanischen Weg als einer der am besten definierten Methoden, um das Tor in eine andere Realität zu öffnen.“3 Diese andere Realität stellt für mich eine Erweiterung des „Moments“ dar, der folglich auch Beachtung beim „im Moment sein“
geschenkt werden muss.
Meine Berührung mit dem Schamanismus begann mit der Tradition der Lakota. Hier gibt es verschiedene Rituale, bei welchen jede Handlung und jeder verwendete Gegenstand eine bestimmte Bedeutung hat. Folglich ist der anzustrebende Zustand für ein optimales Ausführen
des Rituals der α-Rhythmus4, gleichzeitig unterstützt das Ritual die Erlangung des voran genannten Zustandes .
Neben dem Gebet (Dankbarkeit für alles erhaltene, bitten für Neues) sehe ich für mich den Kontakt mit der „anderen Realität“ als zentralen Wert eines Rituals.
An dieser Stelle möchte ich nicht auf die einzelnen Rituale eingehen, sondern auf die Literaturliste verweisen. Für mich von Bedeutung ist immer das Überleiten in den Alltag. Im Laufe meiner spirituellen Reise folgten Berührungen mit anderen Zeremonien, woraus sich für
mich das Ziel des bewussten Handelns entwickelte.
Aus all diesen Wurzeln ergibt sich für mich „Im Moment sein“ als Lebensziel.
Der Moment kann wahrgenommen werden ohne eigenes Zutun, man unterstützt lediglich etwas, das passiert. Auf diese Art und Weise kann man entstehen lassen, was es braucht, ohne sofort zu fragen: Wozu? So erscheint dem bewusst Wahrnehmenden, eine der natürlichen Ordnung
entsprechende Handlung als selbstverständlich. Bleibt man nun in dieser wertfreien Beobachtung, ohne dies erzwingen zu wollen, noch zu können, so entstehen keine Gedanken. Oft wird dabei auch ein Gefühl der allgemeinen Verbundenheit wahrgenommen. Im Japanischen wird dieser Modus „Hara“ (beziehungsweise im Hara sein) genannt. Die Hirntätigkeit in diesem Zustand wird mit α – Rhythmus bezeichnet.
Um in diesen Zustand zu gelangen, ist es notwendig, den „Kopf“ oder das „Ego“ auszuschalten.
Dabei können sowohl eintönige, wie auch lange andauernde Tätigkeiten behilflich sein. Stress-oder Notsituationen können ebenso helfen, das Ego zu umgehen und dem eigenen Selbst eine Ruhepause zu gönnen. Genauso gut unterstützt ein langer, intensiver Aufenthalt in der Natur diesen „natürlichen“ Zustand, ebenso „natürliche“ Bewegungen (Eulenblick5, Fuchsgang6, ChisSao7). Auch Meditation/Gebet/Zentrierung ist bekannt, um diesen Zustand zu erlangen.
„Im Moment sein“ ist eigentlich der natürliche Zustand. Dennoch schaffen wir es, mit Hilfe unseres Verstandes, diesen Zustand zu verlassen. Das Zurückkommen ist gar nicht so einfach. Es scheint um die Erfahrungen auf diesem Weg zu gehen. Im Laufe seiner Entwicklungsgeschichte (er)fand der Mensch verschiedenste Übungen, um zielstrebig „zurück“ zu finden.
Ein hilfreiches Element ist die Gleichförmigkeit der Übung. Dies manifestiert sich zum Beispiel im Pilgergang, dem Mantra, dem (Trance)-Tanz, dem Mandala malen, gewissen handwerklichen Tätigkeiten.
Durch längere Dauer kann die Übung intensiviert werden, da der Verstand ermüdet. Nicht ohne Grund führen Pilgerwege quer durch Europa, dauern große Rituale mehrere Tage. Die Fertigstellung eines Mandalas, eines Kunsthandwerkes, sollte bei entsprechender Präzision
mehrere Wochen in Anspruch nehmen, um in den α-Rhythmus zu gelangen.
Da auch die Natur unterstützend wirkt, gibt es den Pilgergang, den Sonnentanz, die Visionssuche, um nur einige zu nennen.
Wenn man im Hara ist, wird jede Bewegung und Handlung auf ihre „natürliche“ Art und Weise vollführt. So kann, vice versa die „natürliche“ Bewegung z.B.: Eulenblick, Fuchsgang, Chi Sao, als Unterstützung auf dem Weg in den Moment verwendet werden.
Eine andere Form der Überforderung des Verstandes ist die Not- beziehungsweise Stresssituation, denn hier fehlt die Zeit zu reflektieren. Solche Momente zu kreieren, um sie zu nutzen, bedarf eines hohen Könnens.
Der Verstand (Ego) bewirkt eine Trennung vom Moment, denn er bewertet das Erlebte.
Im Moment wird nicht analysiert, alles ist.
In unserer modernen, verstandesbetonten zivilisierten Welt, mit ihrer analytischen Wissenschaft, wird schon jedes Kind in der Schule darauf konditioniert, rationell zu handeln; ganz im Widerspruch zum Moment. Diese Trennung, kombiniert mit den unnatürlichen Anforderungen des Alltags führen oft zu Sorge, Kummer und Angst.
Will man seine Annährung an den Moment erkennen, stößt man schnell an die Grenzen des Möglichen, denn es ist zu paradox, den wertfreien Zustand zu bewerten.
Dennoch erkennt der immer wieder Suchende, dass es in diesem gewünschten Zustand „wie am Schnürchen“ läuft, oft verbunden mit einem Gefühl der Zeitlosigkeit, des inneren Friedens. Durch oben beschriebene Merkmale, sowie der Veränderung der Wahrnehmung (meist
intensiver, ganzheitlicher, von außen betrachtend) ist eine Klassifizierung im Nachhinein sehr bald möglich.
Ich komme speziell beim Chi Sao Training immer wieder zu der Erkenntnis: das ist „entstanden“ (im Gegensatz zu „gemacht“).
Ähnliche Momente erlebe ich auch während einer „guten“ Shiatsu Behandlung, meine Berührung „entsteht“ im Einklang mit dem Empfänger.
Mit der Zeit lernt man selbstverständlich das Gefühl des Hara-Zustandes zu erkennen. Auf dieser direkten Gefühlsebene ist es leicht möglich, sich des „im Moments seins“ zu vergewissern.
Eine andere Möglichkeit der Gewahrwerdung ergibt sich durch die Beobachtung der Umgebung.
Wie wird auf mich reagiert? Werde ich durch Alarmsignale der Tiere angezeigt? Flüchten Tiere bei meinem Nahen?
Freilich kann man auch die Reaktionen von Menschen heranziehen, jedoch muss hierbei immer berücksichtigt werden, dass Menschen äußerst selten im Hara sind.
Der Transfer in den Alltag ergibt sich von selbst, jedoch nicht ohne regelmäßige Übung; denn man muss zum Moment „werden“.
Durch (Weg-)Übung entsteht Können, woraus Vertrauen erwächst, dies wiederum hilft, die Angst abzulegen. Angstfreiheit ist die Voraussetzung, um für unerwartete Wendungen offen zu sein.
Aufmerksamkeit lässt den Moment wahrnehmen, was mehr Sensibilität für den Augenblick bringt. Die Aufmerksamkeit in der Haltung des wertfreien Beobachtens korrigiert Abschweifungen vom Moment.
Da der Mensch durch Routinen (nicht jedoch durch meisterhaftes Können) für den „Moment“ unempfänglich wird, kann sich der bewusst Suchende durch das Aufbrechen von Routinen dem Moment annähern.
Auch der Faktor Zeit kann kreativ benutzt werden. Wer sich genügend Zeit für eine bestimmte Arbeit lässt, kann erfahren, was absichtslose Zeit bedeutet. Die einzige Möglichkeit, permanent im Moment zu sein, ergibt sich aus konsequenter Übung,
sodass daraus Gewohnheit wird.
Als ersten Schritt erlangt man eine Stufe des Könnens, die einem selbst Sicherheit gibt, aufgrund häufiger Erfolgserlebnisse (zur rechten Zeit am rechten Ort), anfänglich nur in der geübten Technik. Mit der Zeit verinnerlicht man Hara. Abschließend weiten sich die Erfolgsmomente auch auf andere Bereiche des Lebens aus, sie werden verinnerlicht.
Ein daraus erwachsendes (Selbst)Vertrauen löst Angst auf. Diese Gelöstheit macht offen für unerwartete Wendungen. Nun ist der Mensch durchlässig für den Moment. In diesem Zustand ist es endlich möglich, sofort zu bemerken, wenn man den Moment verlässt, um ihn umgehend
wieder aufzusuchen.
Es wird in diesem Zusammenhang auch von einem sechsten Sinn gesprochen.
Manche erleben sich als Teil von ETWAS/ Gott/ Tao.
Literaturliste:
Carr-Gomm, Philip und Stefanie: Das Keltische Tierorakel: 3. Auflage Bielefeld 2009
Dürckheim, Karlfried Graf: Hara Die Erdmitte des Menschen,
14.Auflage,Bern,München, Wien 1989
Schwarzer Hirsch: Die Heilige Pfeife Das Indianische Weisheitsbuch der sieben geheimen
Riten,4.Auflage, Olten und Freiburg im Breisgau 1982
Schwarzer Hirsch: Ich rufe mein Volk, 13.Auflage, Göttingen 2008
Religion in Geschichte und Gegenwart, vierte Auflage

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2010_Jörg_zyklische_entwicklungen anhand von wt

Entwicklungszyklus

Profilreise
Weisheit
Führerschaft Eins sein
Präsentation Inspiration
Rebellion/Zweifel Orientierung
Arbeit/Focus

Bei genauer Beobachtung der Natur lässt sich eine strenge Abfolge von Phasen in jedem Ereignis erkennen.
Hierbei spielen weder Dauer noch Effekt noch Ort eine Rolle.
Da sich im Universum verschiedene Ereignisse treffen und beeinflussen, können sich mehrere Zyklen überlagern.
So beginnt alles mit Inspiration welche von Orientierung gefolgt wird.
Als nächstes kommt eine Zeit der (harten) Arbeit (=>Kung/Gong Fu), diese wird von Zweifel und Rebellion
abgelöst.
Dann kommt es zur Präsentation dessen was sich, nach allen Zweifeln, als Eigenheit herauskristallisiert hat. Durch diesen, oft unbewussten, Schritt nach aussen kommt es zur Vernetzung.
Führerschaft entsteht durch das Übernehmen von Verantwortung. Stellt man sich der Führerschaft in ihrem ganzen Umfang, so wird man feststellen, daß man seine Mitmenschen auch privat begleitet. Diese Erkenntnis leitet einen zur spirituellen Einheit.
Auf dem Nährboden der spirituellen Einheit reift die Weisheit, ab jetzt tritt man als Mentor auf, welcher schon mehr aus dem Hintergrund agiert.
Der Großmeister oder Schamane bewirkt am meisten rein durch seine Anwesenheit. Er ist Zeremonien Meister und überwacht ob alles richtig gemacht wird. Aus agieren müssen andere.
Mein Weg im WT:
Mein Freund erzählt von seinem Bruder, der WT macht (Inspiration).
Bemerke die Werbung in der in der Andreas-Hofer-Straße, gehe aber nicht hin, nehme einen Flugzettel von
Hall mit, und melde mich an (Orientierung).
Ich besuche das Training regelmäßig und lege Prüfungen ab (Arbeit).
Ich zweifle das System der EWTO an, komme seltener zum Unterricht (Zweifel).
Ich beginne Anfängern etwas zu erklären und lasse meine Theorien von Fortgeschritteneren zerpflücken (Präsentation, Vernetzung).
Ich leite Trainings Einheiten und gebe„meinen “Stil weiter (Führerschaft).
ab jetzt wird’s fiktiv:
Ich gründe eine Schule (einen Stil) oder gestalte das Konzept einer Schule mit und korrigiere hauptsächlich
Trainer (Weisheit/Mentor).
Ich überwache den Lauf der Dinge (Großmeister Schamane).

Schülerprogramme:
Inspiration – Selbstverteidigung/Kampfkunstinteresse oder ähnliches
Orienierung – Schule suchen und dort anfangen
Arbeit – Training, viel Basics 😉
RebellionZweifel – funktioniert das überhaupt, will ich mir das antun; Grenzen erkennen
Präsentation – erreichen der nächsten Stufe; mit Neuanfängern merken, was schon alles funktioniert
Führerschaft – Hilfestellung für Neuanfänger/Trainingspartner
Weisheit – Abschluss der Schülerprogramme
Eins sein -> = Inspiration für die weiteren Programme/Entwicklung

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Der Weg Schritt für Schritt – 2. IG Sonja 2016

Zum zweiten Inneren Grad ARTMA
an der Dao Schule Tirol

Arbeit: Schritt für Schritt
Schülerin: Sonja Kössler
Unter der Leitung Sifu Günther

Zum 17.August 2016

In tiefer Dankbarkeit zu allen die mich auf meinem Lebensweg begleiten und inspirieren und die ich Lieben darf.

Der Weg
Schritt für Schritt

Einleitung:
Ich möchte in dieser Arbeit meine Erkenntnisse und Einsichten in das Leben als solches mit dem Leser teilen.
Es geht mir dabei darum dem Interessierten zu vermitteln auf was es meiner Meinung nach beim Leben als Mensch (oder als Wesen in einem menschlichen Körper) ankommt.
Weiters auch darum auf was als solche Lebensform wert zu legen ist und zum Teil darum was in unserer Gesellschaft derzeit fehlgeleitet und vom natürlichen Zustand entfernt ist.
Ich bediene hierfür der Sprache und dem geschriebenen Wort.
Demnach handelt es sich um eine zeitliche Folge, die immer nur beschränkte Dimension, Richtigkeit und Genauigkeit aufweist.
Auch bin ich mir sicher in einiger Zeit diese Texte überarbeiten zu können und in jedem der genannten Bereiche selbst dazu gelernt zu haben, denn das Leben ist ein Fortschreiten und sich ständig verwandeln.

Zur Idee für diese Arbeit und Auseinandersetzung mit dem Thema:
Ich erhielt den Vorschlag für diese Arbeit von Sifu Günther im Zuge meiner voreiligen Meldung, wann ich mit der Arbeit beginnen dürfe. Zu diesem Zeitpunkt war ich gerade ein halbes Jahr mit meinem „neuen“ Programm zu Gange, das entspricht einem „Neuling“ in nahezu jeder Beschäftigung.
Damals sagte er zu mir ich solle erst lernen die Dinge Schritt für Schritt zu tun und mir darüber eine Arbeit überlegen.
Jetzt, nachdem ich einen Motorradunfall hatte und als Konsequenz halbseitig Gelähmt war, erscheint mir dieses Motto bei allen Dingen die ich neuerlich erlernen muss.
Sei es das Gehen, Stehen, Essen oder Schwimmen.
Ich erlerne im Zuge dessen eine unendliche Dankbarkeit meinem Körper gegenüber und auch zu allen Personen die mir in dieser Zeit beistehen.
Der Welt gegenüber, dass ich noch weiter Teil sein darf. Sowie zu dem Essen, welches sich für mein Überleben opfert.
Und auch gegenüber dem Tod, wäre er mir nicht so nahe gekommen hätte ich diese Sicht nicht gelernt. Gleichfalls auch dem Leben, hätte es mich nicht gehalten, könnte ich nun nicht darüber schreiben.
Ich fühle mich nicht mehr als ein Lebewesen auf dieser Welt, sondern als Teil von ihr. Ich sehe mich in allem und ich sehe alles in mir. Mein Körper wird, wenn seine Zeit gekommen ist, andere ernähren und die Energie zurückgeben. Doch bis dies so weit ist gehe ich den Weg der mir bestimmt ist, Schritt für Schritt…

Über den Weg als solchen

Alles was ist befindet sich auf einem Weg.
Als Folge der Zeit sind wir darauf beschränkt Ding nacheinander zu erleben. Dies Trifft auf alles zu das Existiert.
Den Gesetzten von Jin und Yang folgend muss allerdings alles Endliche eine Unendliche Komponente aufweisen und umgekehrt. Somit liegt in allem was Existiert ein Funke Unsterblichkeit.
Und im Unsterblichen auch etwas Zeit, der Weg von Erfahrungen und somit Endlichkeit.
Mit dem Erlernen einer Kampfkunst wird dies deutlich. Sie befasst sich direkt mit dem Tod und dem Beenden von Leben. Allerdings auch genau mit dem Gegenteil, so erlernt ein Schüler auch seinem Gegenüber möglichst wenig Schaden zu zufügen und ihm dennoch überlegen zu sein und ihn zur Not zum Beenden seiner Aktion zu motivieren.

Gehen wir etwas näher auf den Menschen als Teil der Zeit ein.
Wir sind anfangs zwei Zellen im Körper unserer Mütter. Diese verschmelzen und bilden ein von der Umwelt durch eine Zellmembran isoliertes Lebewesen, welches sich seinem inneren Plan nach entwickelt und wächst. Das „Außen“ wirkt allerdings immer auf uns ein. So bekommen wir die energetische und stoffliche Versorgung durch unsere Mutter gestellt, sind aber gleichzeitig auch den Schadstoffen ausgesetzt welche sie bewusst oder unbewusst in sich aufnimmt. Diese Stoffe haben Einfluss auf unsere Entwicklung.
Wir werden dann von unseren Müttern geboren, sind körperlich je zur Hälfte genetische Nachkommen unserer Eltern. Von der Umwelt durch die Haut und Sinne getrennt und verbunden.
Am Anfang sind wir auf Hilfe angewiesen. Unsere Körper erledigen die grundlegendsten Funktionen selbst und unsere Seelen finden sich langsam ein.
Wir beginnen das „Blatt“ unseres Lebens zu beschreiben und uns den Körper zu Eigen zu machen, die Sinne zu erfassen und ihn nach unserem Belieben zu bewegen.
Dies erfolgt nach und nach. Die Bewegungen werden gezielter und genauer. Aus Liegen wird Krabbeln, daraus Stehen und darauf folgt Gehen. Bevor Laufen und Radfahren erlernt wird, oder was immer dann kommen mag.
Würde der erste Schritt nicht gemacht käme nie etwas Anderes als Liegen zu Stande.
Der Mensch ist auf ständiges Lernen angewiesen. So sind bereits zu Beginn des Lebens alle Voraussetzungen für Lernen körperlich angelegt.
Die Neugierde und das Interesse an der Welt sind vorhanden und Botenstoffe im Körper lösen bei einem Versuch (von zB. Krabbeln) Glücksgefühle aus. Wenn der Versuch scheitert (was bei den ersten Versuchen normal ist und im erwachsenen Alter oft zur Ausrede und zur Aufgabe des weiteren Bemühens wird) wird eine neuronale Kaskade ausgelöst, die zum neuerlichen Versuch motiviert um auf das selbe „Glücksniveau“ von „ich starte einen Versuch“ zu kommen.
Der Wille zu lernen ist auch Grundlage der Kampfkunst. Der Schüler ist sich seines Lernbedarfes mehr oder weniger bewusst und möchte sein Verhalten, seine Haltung oder Einstellung ändern. Mit dem Versuch und der Beschäftigung damit ändert er sich langsam und Schritt für Schritt.

Wir wachsen so weit in unserem Körper und mit dem von unseren Eltern gegebenen Namen, bis sich das Wesen damit identifiziert.
Mit der Zeit und der Sprache erhalten die Dinge Namen und das „Ich“ entsteht.
Ich beginne zu denken, den Verstand und die Logik nutzend, die Welt zu kategorisieren und zu analysieren und das Gefühl des Getrennt-seins wächst.
In der Kampfkunst bekommen am Anfang des Lernprozesses auch alle Dinge einen Namen.
Dies ist eine TaanSao (Handfläche-oben-Hand), dies eine BongSao (Schwingen-Arm) und jenes der IRAS (Zeichen-Zwei-Stand). Wir lernen mit diesen Begriffen Positionen und Funktionen, können sie aber noch nicht klar trennen und bewusst verwenden. Es ist mein Arm und Ich, doch wir sind noch nicht eins. Wir sind getrennt.

In der kindlichen Entwicklung wird die Abhängigkeit von den Eltern (vor allem zur Mutter) weniger und die Basis für die Selbstständigkeit entsteht.
In der Kampfkunst wäre dies die Zeit in der Schüler selbst (mit sich oder ihren Brüdern und Schwestern) die Kunst üben und ausprobieren. Eigene Erklärungen finden und nicht mehr nur auf den Sifu (väterlicher Lehrer) angewiesen sind.

Beim Kinde kommt bald ein Gefühl und Verständnis für die Zeit hinzu. Ich lerne was „Gestern, Heute und Morgen“ bedeutet. Bis Ich erfasse eines Tages auch „erwachsen“ zu werden und eines Tages zu sterben.
Die Kinder beginnen Fragen zu stellen die ihre Herkunft, ihren Körper (oder Körper generell) und die Welt betreffen. Sie sind neugierig und wollen ein sachliches Bild erlangen.
Auch hier lässt sich leicht ein Zusammenhang zur Kampfkunst herstellen. Wenn wir uns eine Zeit lang einer Kampfkunst widmen werden „Neue“ anfangen und wir erkennen was wir bereits gelernt haben. Gleichzeitig wird unser Sifu selbst dazu gelernt haben so dass unser Weiterlernen im Vergleich zu ihm gleich geblieben ist. So erkennen wir: Wenn wir in eine Sache Zeit investieren werden wir besser.

In der westlichen Gesellschaft setzt bisweilen etwas ein, das wir als „Erziehung“ benennen. Diese stellt eine mehr oder weniger zwingende Formung des Kindes dar, damit sie später als funktionierende Teile der Gesellschaft, vermeintlich problemlos (?) und glücklich leben können.
Doch Kinder erfassen die Welt noch anders als die meisten Erwachsenen.
Sie werden mit den Persönlichkeiten der Erwachsenen konfrontiert. In unseren Breiten mit einer Welt in der wenig Verbundenheit und Ausgleich existiert.
Kinder (aber auch Jugendliche und zum Teil Erwachsene) lernen und erkennen zum einen an dem was sie vorgelebt bekommen und zum andern selbst versuchen dürfen.
So ist auch für gemeinsames Training eine gewisse Form der Sozialisation/Erziehung wichtig. Da sich allerdings meist um bereits erwachsene Menschen handelt die bereits eine gewisse Form dessen erlebt haben, kann die Brücke leichter oder schwerer zu erschaffen sein. In kurzen Zügen erklärt: Wir wollen gemeinsam besser werden. Dafür trainieren wir langsam, sorgsam und mit relativ wenig Verletzungspotential. Wir wollen im Training nicht mehr Verletzungen davontragen als uns jemals auf der Straße passieren werden. Dies ist für Menschen mit einschlägigem Hintergrund nicht leicht zu bewerkstelligen.

Zurück zur Erziehung. Auf Österreichs Boden (dies ist der Einzige von dem ich wirklich aus Erfahrung sprechen kann) ist dies sehr viel von Angst gekennzeichnet und trägt somit zu der Angst und Unsicherheit eines Kindes bei.
Viele Missgeschicke und Unfälle passieren, weil die Eltern die Möglichkeit dazu in den Raum stellen. So ruft eine Mutter: „Pass auf da kommt eine Treppe“, als das Kind nach oben springen will. Das Kind hört die Stimme und dreht sich um und fällt mit dem restlichen Schwung die erste Stufe nach oben.

Kinder lernen sich unentwegt Gedanken zu machen, ihre Eltern tun es ja auch. Die Folge ist eine unaufhörliche Aneinanderreihung von Möglichkeiten, Abwägungen, Kalkulationen und Wünschen mit Was-wäre-Wenn Vorstellungen. Und erschwerend kommt eine unzureichende Erfüllung der einfachen Bedürfnisse wie Aufmerksamkeit und Liebe, denn die Eltern sind meist körperlich nicht anwesend, weil in der Arbeit, mit ihren Gedanken wo anders und/oder mit den Gefühlen in einer Spirale des Verzagens und der Ohnmacht gefangen, hinzu.
Und diese tragen nicht zur Entwicklung einer gesunden und selbstbewussten Persönlichkeit bei.
Natürlich sei hinzugefügt, dass auch durch dieses Leiden eine Notwendigkeit zur Entwicklung entsteht und so auch erfolgt (erfolgen kann).
In unserer Gesellschaft wird dieses Defizit allerdings meistens betäubt und verdrängt und dadurch an die nächste Generation vermacht.
Durch körperliche Betätigung und dem Erlernen der eigenen (körperlichen wie geistigen) Grenzen, so wie es in der Dao-Schule-Tirol geübt und gelebt wird, können die Defizite ihre Wichtigkeit verlieren und eine klare Abgrenzung der Vergangenheit und den Vorstellungen anderer erarbeitet werden. Und somit das Individuum in seiner Einzigartigkeit existieren und die Liebe und wenn man so will den Wert in sich finden.

Eine Gesellschaft folgt der Vorhergehenden. Lernt an ihrem Vorbild und kann ohne eine Hinterfragung auch so enden.
Weiters ist es dem Individuum eher durch Zufall (oder Lebensgeschichte) in die Wiege gelegt sich über das europäische Modell zu entwickeln. Und die eigene Persönlichkeit zur Reife zu bringen.
An dieser Stelle sei auf Die Erziehung des indigenen Volkes der Yequana (siehe Literaturverzeichnis) verwiesen:
Auszug und Zusammenfassung:
Dieses indigene Volk lebt ohne Angst um seine Kinder. Sie vertrauen in deren angeborenes Wissen um Gefahren und die Kleinen lernen aufgrund von Eigeninitiative und am passiven Vorbild. Einfache klare Grenzen (zb. Eigentum) sind von Anfang an Bestandteil des Lernprozesses.
Die Kinder sind sehr bald alleine Unterwegs und erleben ihr Dasein im Dorf selbstständig. Allerdings mit dem Wissen sich für wichtige Bedürfnisse an die Eltern wenden zu können.

Zurück zu der Grundidee des kindlichen Lernens (in Österreich):

Kinder kommen in die Schule in einer Zeit in der das Lernen in Form des Spürens im Vordergrund steht. Damit einher geht das Lernen im Sinne des körperlichen „Greifens“, sprich des „Begreifens“.
Dieses Lernen erfasst mit mehr Sinnen, als dem geistigen Verstand, was es umgibt. Da unser Gehirn eben auch diese Information verarbeitet lernt es vielschichtiger und schneller.
Es kommt zur Wiederholung des Gelernten mit positivem Feedback, und zur Steigerung der Lernkurve, denn Fehler der vorherigen Versuche können vermieden werden.
So auch im Erlernen und Üben von ARTMA wir können „Fehler“ nicht länger negativ behaften. Sie sind notwendig um beim nächsten oder übernächsten Versuch etwas dazu zu lernen.

Wenn also die Umwelt uns direkt zurückmeldet was an unserer Vorgehensweise passend und was unpassend war ist der Lernerfolg größer. Das Problem an unseren Schulen entsteht, wenn Kinder, die noch im Begreifen lernen, konfrontiert werden mit abstrahiertem Lehrstoff bzw. wenn der Zusammenhang zwischen Lehrstoff und direktem Interesse/Begreifen nicht hergestellt wird.
Kindern wäre also geholfen, wenn sie anhand von praktischen Fragen und Dingen, die sie in die Hand nehmen können, lernen.
Sobald das Interesse geweckt ist kommen tiefer gehende Fragen und weiter reichende Assotiationsketten von selbst.
Aber nicht nur das stellt ErzieherInnen wie auch Kinder vor eine Herausforderung. So sollen die Kinder Kontrolle über ihren Bewegungsdrang erlernen, soziale Kompetenz entwickeln und fachlich wie inhaltlich Lernen lernen. Ersteres (in Zeiten von Computern und Handys) ist zunehmend unwichtiger, wo hingegen Zweiteres (genau deshalb) an Wichtigkeit zu nehmen würde.
Auf was in vielen Fällen jedoch nicht genügend Wert gelegt wird. Viele LehrerInnen sind mit der (zunehmenden) Unausgeglichenheit und Konfliktbereitschaft ihrer Schüler überfordert. Werten allerdings auch spielerische Auseinandersetzung oft falsch und verbieten diese (oder wissen nicht um deren Wichtigkeit und richtige Umsetzung).
So erfolgt auch das soziale Lernen bei Kindern über das Fühlen, den Körper und die direkte Interaktion.
Es ist im Tierreich normal, dass sich Junge (besonders bei Carnivoren) balgen (oder raufen).
Sie erfahren dadurch ihren Körper, was schmerzt, legen ihre Grenzen und Rangordnung fest und lernen sich im Sozialgefüge zu verhalten. Sie achten darauf die Schmerzen bei sich selbst und den anderen gering zu halten. Sie erreichen dadurch auch eine Schulung ihrer Fähigkeiten.
Wenn eines allerdings zu weit geht (und körperlicher Schmerz zugefügt wird) wird sehr schnell und lauthals Protestiert und ein Stopp erzwungen. Welches respektiert wird, worauf das Raufen weiter geht ohne Schuldzuweisungen und Nachtragungen.
Auch kann jedes, ohne Letztgenanntem ausgesetzt zu sein, das Spiel verlassen.
Sie versuchen auch hin und wieder die bereits Ausgewachsenen zum Raufen zu bewegen, worauf diese mit gelassenem Spielen oder entschiedener Ablehnung reagieren. Im ersteren Fall geht es dem Erwachsenen nicht um das Gewinnen und nicht darum zu beweisen der Stärkere zu sein, dies ergibt sich aus der bloßen Tatsache, dass es so ist. Auch die Kleinen wollen nicht gewinnen und nehmen das Unterlegen-sein als Gegeben hin, doch sie wollen trotzdem spielen und sich messen. So entsteht ein gemeinsames Tun das zum Wohlbefinden und Vertrauen beiträgt.
Will das erwachsene Tier nicht mitspielen, oder ist das Jungtier zu grob, erfährt das Kleine eine klare Ansage mittels Laut und Verhalten.
So sollte es sich meiner Meinung nach bei Menschen auch verhalten. In schulischen Einrichtungen wird es komplizierer durch die Sprache und die bereits aus dem Elternhaus mit gebrachten Erfahrungen. Doch auch wenn die Lehrperson nicht mitspielen möchte kann sie durch klare Regeln und dem Beharren auf Fairness, das Spiel der Kinder beeinflussen und positiv Bestärken.
In der Dao-Schule wird im Kinder- und Jugendtraining sehr viel wert auf das Raufen gelegt. Wir wollen Kinder motivieren Körperkontakt als etwas Positives zu erfahren und sich im fairen Spiel zu messen. Dies dient einerseits der „Opfer-prävention“, weil die Teilnahme freiwillig ist und so jedes seine Grenzen vertreten darf und diese wahrgenommen und gehört werden. Andererseits auch der „Täter-prävention“ weil auch jedes Kind lernt die Grenzen der anderen zu respektieren und empathisch zu sein, weil das direkte Feedback von unkontrolliertem Krafteinsatz vorhanden ist.

Ich bin also der Meinung Raufen sollte den Kindern heute in unseren Breiten neu und richtig vermittelt werden.
So dass sie lernen aufeinander acht zu geben, Spaß zu haben (abseits von Handy und Internet), ihren Körper zu steuern, dass Verlieren wie Gewinnen dazu gehört und dass Entschuldigungen ausgesprochen und angenommen werden.
So stellen die wichtigsten Punkte für erfolgreiches Raufen der Spaß, ein klarer Start, sowie ein klares Stopp, einander nicht zu verletzten und das Einhalten der vereinbarten Regeln dar (s. EIGENSTÄNDIG WERDEN GEWALTPRÄVENTIONS-BUCH).

Zurück zur Schule.
Das Gefühl von Zwang kombiniert mit der falschen (nicht zum Begreifen gehörenden) Unterrichtsdidaktik und theoretischem Stoff, ohne direkt erkennbarem Nutzen, mit dem Leistungszwang des Bulimie-Paukens (viel und schnell lernen, alles bei Prüfungen wiedergeben und zwei Stunden später so gut wie nichts mehr wissen) führen zu Unverständnis des Lehrstoffes und in weiter Konsequenz zu Frustration und Aufgabe der Lernmotivation.
Zumal bei aufbauenden Lehrinhalten und raschem Voranschreiten im Stoff kaum Aufholmöglichkeit besteht und Frustration vorprogrammiert ist.

Und nun sind wir bei der Eigenverantwortung des Schülers.
Wie gesagt das Problem der Schul-Pflicht besteht im MÜSSEN. Der Schüler kann Eigenmotivation mitbringen. Dies liegt in seiner Verantwortung. Allerdings kann er auf Grund des Zwanges auch Auflehnung entwickeln, welche zwar wiederum in seine Verantwortung fällt, wenn diese allerdings eintrifft kann zum Begreifen gestalteter Unterricht die unmittelbare Nützlichkeit wieder vor den Zwang gestellt werden. Bei geistig bereits fortgeschrittenen Schülern können eigene Strategien entwickelt werden um diese Brücke selbst zu bauen.
Im Beispiel des Englisch-Unterrichts könnte dies, statt Vokabeltest, ein englischer Film sein oder ein selbst gespieltes Theaterstück.
In der Kampfkunst wäre es, die auf eine theoretische Erläuterung folgende Übung.
Das Problem des Zwangs kenne ich persönlich nur vom Kinder- und Jugendtraining, wenn Eltern ihre Kinder „zwingen“ (nahe legen dass es schon wirklich wichtig ist) zu uns zu kommen. Da hilft nur viel Spaß und praktische Nützlichkeit. Die meisten Schüler in unserer Schule sind jedoch freiwillig anwesend und wissen um die Nützlichkeit einer geistigen und körperlichen Anwesenheit.

In der Pflichtschule findet eine massive Vernachlässigung der Körperschulung statt (allerdings finden bereits viele Programme und Entwicklungen statt, die hier gegen arbeiten).
Normalerweise wird die Entwicklung des Verstandes und der neurologischen Leistung in größerem Maße gefordert und gefördert. Nur wer Wert darauf legt und selbst körperlich aktiv ist (und dies vorlebt) oder das Kind an oben genannten Maßnahmen Teil haben lässt, ermöglicht dem Kind einen tieferen Einblick in die Funktionsweise des Körpers und seiner feinstofflichen Verschränkungen.
Aber auch hier ist ein sozialer Fehler erblich. Denn die wenigsten Erwachsenen erreichen echte Bewusstheit für ihren Körper, seine Funktionen (geschweige denn wie sie Schritt für Schritt zu lernen wären) und somit auch über ihre Fehlhaltungen und technischen Ungenauigkeiten. Und somit der Wichtigkeit einer körperlichen Schulung.
(Wobei hier anzumerken wäre, dass viele Fehlhaltungen des Körpers sekundärer Natur sind. Sie entstehen aus Fehlhaltungen des Geistes. Aus Ängsten, Mangel und Schutz- oder Vermeidungsgedanken. Folglich erlangen die wenigsten Menschen echtes Wissen über sich selbst und eben so wenig über die Umwelt/das Außen.
Würden diese Fehlhaltungen korrigiert würden sie sich auch zunehmend ihrer Geistigen bewusst und könnten zu einem entspannteren und glücklicheren Sein vordringen.)

Nun genug zum Kinde. Es wird jugendlich, seine hormonelle und geschlechtsspezifische Entwicklung setzen ein. Schließlich wird es erwachsen und altert naturgemäß weiter.
Es ändern sich seine Bedürfnisse und Wertigkeiten. Der Platz in der Gesellschaft, seine Stellung in der Familie und seine körperliche Konstitution. Doch die Grundidee des Lernens am Tun bleibt dem Menschen erhalten. Ebenso wie die Fähigkeit sich durch (selbst)Erziehung zu ändern und Unerwünschtes/Schlechtes der Vergangenheit los zu lassen (ohne Wertung zu Betrachten).

Die Wege sind ebenso wie die einzelnen Individuen sehr verschieden und wohl kaum zu generalisieren.
Fest steht jedoch die Wege enden, wenn die Zeit gekommen ist und es ist egal wie der Weg beschritten wurde.
Der Tod wertet nicht.
Es variiert nur die persönliche Interpretation oder Erfahrung dessen was geschieht. Und was danach kommt vermag doch niemand mit Gewissheit zu sagen.

Da, wie bereits gesagt wurde, jeder gegangene Weg enden wird…
Wie sieht denn meine Vorstellung nach einem erstrebenswerteren Weg aus (im Angesicht der Bedeutungslosigkeit unseres Daseins für die Welt)?

Als kurzer Einschub sei hier noch einmal mein Dank ausgesprochen:
Es gab in der Geschichte der Menschheit schon einige Weise die sich Gedanken zu diesem Thema gemacht haben. Ich wandle in ihren Fußstapfen und kann wohl kaum einen Gedanken oder eine Ansicht in das Wesen der Menschheit gewinnen, welchen diese nicht schon hatten. Somit möchte ich allen die vor mir auf diesem Planeten wandelten danken.
Dank ihnen bin ich heute hier und vermag die Ideen zu fassen die sie bereits vor vielen Jahren hatten.

Es handelt sich im folgenden Text um Ideen und Werte die dem Einzelnen als Maßstab zum Handeln und Leben dienen können. Es sind Erkenntnisse die meinem Training und meiner Schulung entspringen. Sicher ergänzungswürdig und ausbaufähig. Doch sind es tieferliegend die Attribute nach denen zu streben und/oder zu leben, meiner Meinung nach, einen Meister aus macht.

Meines Erachtens nach sind die wichtigsten Eckpfeiler des Mensch-seins, dass wir uns unserer Unbedeutsamkeit als Individuum für die Welt bewusst werden, aber gleichzeitig auch dessen, dass wir WIR sind, was (bei zunehmender Bevölkerungsdichte) dann schon wieder von Bedeutung ist.
Wir sind viele Menschen auf diesem Planeten, wir wollen gesund sein, uns das Leben leichter machen und streben nach mehr Komfort, Wissen, Bedeutsamkeit, Wertigkeit, Zugehörigkeit, Achtung und Sicherheit.
Doch sollten wir uns bewusst werden, dass Wir zum Wohle des Ganzen handeln und somit einen Teil unserer Eigentümlichkeit ablegen müssen (um nicht wie die Hasenplage auf einer Insel an zu wenig Futter zu sterben).
Jeder Mensch ist in jeder Minute seines Lebens verantwortlich, das Beste aus sich zu machen, für seine Mitmenschen und die Umwelt. Daraus kann ein erfülltes Leben erwachsen.

Aber was tun, wenn ich mich nicht motivieren kann? Gestresst bin? Rastlos und Unzufrieden?
Lerne Achtsamkeit.
Achte auf Dinge die dich erfreuen im Alltag. Nimm dir Zeit auf dich zu schauen und Zeit deine Mitte und Ausgeglichenheit wieder zu finden oder zu erneuern.
„Nur, wenn es mir gut geht kann ich für andere da sein…“ –Sifu Günther

Die Welt ist wie du sie siehts, weil du es bist der/die von Innen nach außen blickt. Du kannst in der Welt nur sehen was du sehen kannst (einfachstes Beispiel: versuch mal UV zu sehen…) und was sich in dir wiederspiegelt.

Wenn du am Morgen aufwachst beobachte deine Gedanken. Denkst du an den faden oder stressigen Tag der dir bevorsteht oder erfreust du dich daran am Leben zu sein, mit deinem Job dein Leben zu finanzieren (oder einen erfüllenden Beruf zu haben) und deine Freizeit zu genießen?
Versuche das Positive in deinem Leben hervor zu heben!
Jeder Mensch und jede Situation hat positive wie negative Seiten und Eigenschaften (sogar Eigenschaften können vom Kontext abhängig positiv oder negativ gewertet werden). So ist das Leben. Doch wer sich zu sehr auf die Negativen konzentriert wird unglücklich, sorg- und leidvoll.

Genügsamkeit.
Damit einhergehend die Zufriedenheit. Ich kann mir ins Bewusstsein holen:
– Was Brauche ich wirklich um glücklich zu sein?
– Was will ich haben, um mir Gutes zu tun?
– Was will ich haben, weil ich denke es muss so sein?
– Was „muss“ bei meinem Lebensstil/Beruf/Wohnort sein?
Und versuchen unnötige oder sinnlose Wünsche und Gegenstände zu ermitteln. Dinge die ich besitze und nicht brauche verschenken, verkaufen oder wegschmeißen. Ich kann meine Finanzen „bessern“ wenn ich nicht alles kaufen muss. Und somit unnötigen Stress reduzieren.

Entspannung.
Ich versuche mir öfter selbst etwas Gutes zu tun und zu entspannen. Meditieren, Baden, Schlafen,… es gibt unzählige Möglichkeiten die für jeden anders gut funktionieren.
Ich erlerne besser auf mich zu hören. Was mein Körper oder mein Geist gerade braucht. Gleichzeitig finde ich zu mir und kann dadurch besser auf meine Umwelt eingehen, anderen zuhören und aufmerksam sein.

Vertrauen.
Ich kann lernen in das Leben zu vertrauen. Alles geht weiter, egal wie gut oder schlecht es uns scheinbar geht.

Chinesische Geschichte vom Bauern und seinem Pferd:
Eine alte chinesische Geschichte erzählt von einem Bauern in einem armen Dorf. Er galt als reich, denn er besaß ein Pferd, mit dem er pflügte und Lasten beförderte.
Eines Tages lief ihm sein Pferd davon. Seine Nachbarn riefen, wie schrecklich das sei, aber der Bauer meinte nur: „Vielleicht.“
Ein paar Tage später kehrte das Pferd zurück und brachte zwei Wildpferde mit. Die Nachbarn freuten sich alle über sein günstiges Geschick, aber der Bauer antwortete erneut: „Vielleicht.“
Am nächsten Tag versuchte der Sohn des Bauern, eines der Wildpferde zu reiten. Das Pferd warf ihn ab und er brach sich beide Beine. Die Nachbarn bekundeten ihm alle ihr Mitgefühl für dieses Missgeschick, aber vom Bauer hörten sie wieder nur ein: „Vielleicht.“
In der nächsten Woche kamen Rekrutierungsoffiziere ins Dorf, um die jungen Männer zur Armee zu holen. Ein Krieg mit dem Nachbarkönigsreich bahnte sich an. Den Sohn des Bauern wollten sie nicht, weil seine Beine gebrochen waren.
Als die Nachbarn ihm sagten, was für ein Glück er hat, antwortete der Bauer: „Vielleicht.“
„http://www.zeitblueten.com/news/der-bauer-und-das-pferd/“

Wurstigkeit.
Die Zeit vergeht. Mit mir auf diesem Planeten und ohne mich. Was will ich also wirklich mit meiner Zeit anfangen und wo stresse ich mich komplett umsonst? Ist es notwendig für „Freunde“ Zeit zu opfern nur dass sie nicht schlecht von einem Denken oder können mir manche Menschen und Meinungen egal sein?

Spaß.
Finde etwas was spaß macht und nimm dir Zeit dafür 😉

Das Lernen lernen

Wir alle sind physiologisch so veranlagt, dass unsere Nerven sich bis zu unserem Tod neu bilden und verknüpfen.
Demnach lernen wir unser Leben lang nicht aus.
Wir können diese Fähigkeit nun verkümmern lassen oder fördern. Indem wir uns zurückziehen in Angst und Ausreden oder uns bemühen Neues zu lernen und aus zu probieren (wie zB. das Positive zu sehen) und offen mit Unbekanntem umzugehen. (In dem Sinn: Mal sehen was da kommt, wenn es nicht das ist was ich mag, lass ich es, ändere es oder wehre mich dagegen)
Ob dies nun das Erlernen einer nicht-Muttersprache oder einer neuen Bewegungsform ist, hat keine Relevanz für das Lernen der betreffenden Person an sich.
In beiden Fällen ist die richtige geistige Einstellung zum leichteren erlernen notwendig. Ich spreche von Interesse (welches mit Willen zum Lernen einhergeht), Aufmerksamkeit und Fehlertoleranz.

In der Kampfkunst wird vorausgesetzt, dass ein Schüler aufgrund von Eigenmotivation und Interesse das Dao Kwoon (Trainingsraum) betritt.
Die körperliche Schulung erfolgt Schritt für Schritt. Mangelndes Bewegungsbewusstsein wird erst grob und dann immer feiner neu aufgebaut. So dass mit zunehmender Unterrichtsanwesenheit das Gespür für den Körper und auch die Partner in verschieden Übungen feiner wird. (Natürlich ist das Einstellen auf verschiedene Partner auch eine soziale Übungsaufgabe und der Schüler lernt allen Menschen gleichwertig zu begegnen.)

Dass eine (für den Fortgeschrittenen einfache) Übung anfangs als ungelenk, unpassend oder schlichtweg unmöglich wahrgenommen wird ist normal. Es handelt sich um einen Lernprozess der mit der Funktion der Zeit behaftet ist und sich mit zunehmender Wiederholungsfrequenz, der selben Übung, „bessert“.

Ich denke es gibt grundlegende Ideen die helfen mit dieser Schwierigkeit um zu gehen.

Wir haben es bereits besprochen, das kindliche Lernen.
Wir setzen nicht voraus irgendetwas zu können und gehen dem neuen Tun ohne Vorstellung entgegen. Wir lassen Fehler zu und versuchen beim nächsten Ansatz es besser zu machen.
Warum nicht diese Grundidee für alles was es neu zu lernen gilt umsetzen.
„Ich kann nicht malen, ich habe kein Talent dazu…“ habe ich von diversen Menschen, die ich unabhängig von einander in meinem Leben traf, gehört.
Ja klar sie können keinen Klimt oder van Gogh nachmalen. Doch das kann niemand. Sie konnten alle einen Stift oder eine Kreide halten und ein Strichmännchen zu Papier bringen. Was ihnen fehlte war die Übung und die Überzeugung dessen dass es für sie „nur“ daran mangelte.

Eine weitere Eigenschaft die in unserer Zeit gerade nicht gefördert wird ist die Geduld.
Auch die Neuronen unseres Gehirns brauchen Zeit sich zu verschalten. Und je öfter etwas wiederholt wird umso leichter geht der Stromfluss und umso leichter fällt uns die neue Materie, die nun zu einem Teil von uns geworden ist und somit nicht mehr zu „Neu“ zählt, um zu setzen.
Somit schließt sich der Kreis zum positives-Sehen. Ich kann immer nur darauf schauen was ich nicht kann, oder aber ich richte meinen Blick darauf was ich schon gelernt habe und bereits kann.

Gerade als Lehrer sollte anfangs die Waage aus Fördern (was schon alles da ist hervorheben) und Fordern (da ist noch zu verbessern)
gehalten werden.
Dies gibt dem Schüler Erfolgserlebnisse und regt sein Hirn an andere Bahnen zu verwenden (Selbstbewusstsein stärken).
Und aus dem Fordern ergibt sich das Lernen der Demut. Der Schüler erkennt dass der Lehrer fortgeschritten (geübter) ist und lernt seinen Verbesserungsvorschlägen zu vertrauen.

Wir lernen nie aus.
Doch lernen zu wollen ist entscheidend.
Dann wird es nebensächlich wie wir damit umgehen etwas nicht zu können, wir verschwenden dann keine Zeit darauf darüber nach zu Denken.
An dieser Stelle wird ein weiterer Mangel unserer heutigen Zeit ersichtlich, die Zielstrebigkeit. Können wir ein Ziel auf direktem Weg nicht erreichen, suchen wir ein neues Ziel.
Anstelle von dieser Idee könnten wir auch das Beste aus den Schwierigkeiten machen die im Weg stehen. Wenn es geistige Einstellungen sind, die uns nicht weiter bringen: Könne wir sie überdenken und ablegen. Wenn es äußere Gegebenheit sind: Sie belassen und akzeptieren, ändern oder verlassen.

Dies entspricht auch den Tugenden die der Dailai Lama für einen wahrhaften Weg voraus setzt:
Entschlossenheit – Anstrengung – Fleiß
(Um sie noch einmal in meine Worte zu fassen:
Ich will – ich bemühe mich – ich tue)

Diese Drei bedingen sich gegenseitig und sollten im Gleichgewicht gehalten werden.
Denn die Schwierigkeit kann auch darin liegen, eines zu vernachlässigen oder über zu strapazieren.
Die Chinesen bezeichnen das Halten des Gleichgewichts als Maß und Mitte „Zhōng Yōng“. Ein zu viel ist genau so schädlich wie ein zu wenig.
Mit zu wenig Entschlossenheit werden die Schüler dem Unterricht nicht Teil haben.
Bei zu wenig Anstrengung mangelt es an echter Motivation und Interesse sich die Fähigkeit zu erarbeiten.
Und wenn der Fleiß zu wenig ist, findet kaum (also nur sehr geringes) Wachstum in dieser Richtung statt.

Wenn ein Schüler also motiviert, interessiert und entschlossen ist sich weiter zu entwickeln, wird er nach einem Lehrer Ausschau halten der ihm die gewünschten Inhalte vermitteln kann, oder es auf eigene Faust versuchen (er wird auf diesem Wege auch Erfolg haben, wahrscheinlich aber länger brauchen).
Wenn er/sie einen solchen Lehrer gefunden hat, wird vom Schüler die Persönlichkeit gefordert.
Nehmen wir die Kampfkunst wieder als Vergleichsbasis.
Der Lehrer ist eine Person die in ihr Körperverständnis mehr Zeit investiert hat, also jemand der seinen Körper besser ansteuern und der die Übungsinhalte vermitteln kann. Der Schüler muss sich also lernen unter zu ordnen und Respekt zu zollen.

Mit der Zeit findet der Schüler in seinen Körper und hat die ersten Erfolgsmomente, die ihm Spaß machen und seinen (unruhigen) Geist besänftigen.
Ein guter Lehrer der sich für den Schüler (und/oder den Aufbau der Übung) Zeit nimmt, lässt den Schüler an der Übung lernen ohne ihn zu viel zu verbessern, aber ihn dennoch mit den wichtigsten Fokuspunkten im Hinterkopf zu korrigieren. Er gibt zur rechten Zeit Hinweise und lässt den Schüler am Tun erfahren. Auch wenn dies für den Schüler bedeuten mag, dass er Stunden mit der selben Übung verbringt (wodurch er sie verinnerlicht).

Der Schüler wird den Lehrer respektieren lernen und so gemeinsam mit ihm an etwas arbeiten was sie beide größer macht.

Ein weiterer wichtiger Punkt im Zusammenleben ist die Klarstellung der Worte.
So war schon Konfuzius der Überzeugung:
„Am Anfang allen Leitens steht für Konfuzius – selbst für seine Anhänger überraschend – das „Berichtigen der Namen“ (zheng ming), die Klarstellung der Begriffe. Regieren beginnt mir dem Durchforsten der Sprache, dem Aufspühren von Worten, deren Bedeutung unklar und verworren ist und die deshalb zu Irrtümern führen oder die einen Sachverhalt verschleiern, beschönigen, verharmlosen, verdrehen, ins Gegenteil verkehren und damit Lüge und Heuchelei Vorschub leisten (–…). Eine „unsauber“ Sprache stiftet Verwirrung, schafft Unordnung und gefährdet das Miteinander der Menschen (…) die Dinge beim Namen zu nennen, ist der Anfang von allem.“
So füge ich an dieser Stelle ein, dass es für das miteinander in der Familie oder anderen sozialen Gefügen hilfreich und von enormer Wichtigkeit ist seine Wünsche und Bedürfnisse klar und deutlich zu formulieren. So wird das eigene Wohlergehen bewahrt und jeder weiß über den anderen bescheid.
Um in der Kampfkunst zu bleiben, hier ist dies ebenso wichtig. Damit Sachverhalte richtig geklärt werden und Ideen zur Übung richtig vermittelt werden.

Um die Verbindung zu sich selbst wieder her zu stellen die (vielleicht/vielleicht auch nicht) im Laufe der Zeit verloren gegangen ist bedarf es einem großen Maß an Energie und dem richtigen Input an Material für die Selbsterziehung.
Niemand kann seine Vergangenheit ändern und wir alle haben Dinge erlebt die uns geprägt haben, doch wie viel sie uns beeinflussen und beeinträchtigen liegt an unserer Anschauungsweise. Wir haben alle genau so viele schöne und positive Dinge erlebt. Und auch hier wenn nicht, wollen wir dann den Rest unserer Existenz in diesem Zustand weiter leben? Die Zeit verrinnt so wie so. Und jetzt ist der Augenblick in dem sich Dinge (wie unsere Anschauung) ändern lassen. Blick auf deine Finger oder in dein Inneres und sei Dankbar da zu sein, spür die Ruhe in dir und dein zeitloses Wesen und du wirst mit der Zeit erkennen dass Leben schön und grausam gleichermaßen ist.

Zusammenfassend sei nun gesagt:

Leben ist endlich.
Egal wie dein Weg bisher war, du hast jetzt die Möglichkeit das Gute zu sehen und dich bewusst dafür zu entscheiden.
In dir liegt die Macht an dir zu ändern was dir nicht gut tut.
Besser gesagt: Blicke auf das Positive in deinem Leben und an und in dir.
Leben ist lernen und wir sind nicht mit der Fähigkeit geboren absolut Unabhängig und voll „Aus-gebildet“ zu sein.
Wenn wir für die Gemeinschaft arbeiten finden wir mehr Erfüllung als wenn wir für uns selbst oder unsere Vorstellungen arbeiten.

Kampfkunst und Bewegungsbewusstsein fördert die Fähigkeit bei mir selbst zu bleiben und mich zu erkennen sowie, andere anders sein zu lassen und auch ihre Weltsicht gelten zu lassen.
Mich ausdücken zu können im körperlichen, geistigen und den Ideen die dahinter stehen.
Ebenso lerne ich mich selbst zu schätzen und zu lieben. Daraus ergibt sich auch eine Dankbarkeit allem Leben gegenüber.

So sei an dieser Stelle ein weiteres Mal mein Dank angebracht.
Meiner Familie, die mich unterstützt
Meinem Sifu, der mich sehen lässt
Meinem Selbst, das mich fordert, motiviert und lieben lässt
Der Welt, die mich trägt…

Literatur:

Miyamoto Musashi; Fünf Ringe, Die Kunst des Samurai-Schwertweges; 1645

Dan Millman; Der Pfad des friedvollen Kriegers; 1980

Die Erziehung des indigenen Volkes der Yequana; Weis Joyce; http://www.lem.lu/memoires/2014_weis_joyce.pdf

Moshé Feldenkrais; Die Entdeckung des Selbstverständlichen; 1987

dtv; I Qing, Das Buch der Wandlungen; 2005

Rick Hanson; Denken wie ein Buddha

GEWALT-PRÄVENTIONS-BUCH; Raderbauer Armin, Eigenstängig Werden
Diversität und Identität; Hanns-Stephan Haas
Video:
Vera F. Birkenbihl:
https://www.youtube.com/watch?v=6B7-OfLOgPI

Besonderer Dank gilt:
Unzählige Stunden an Gesprächen mit Sifu
Meinen Beobachtungskindern Eva, Max, Noah
Den Schülern der Dao-Schule-Tirol

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Der Meister Sonja 3. IG 2019

Schriftliche Arbeit zum 3. Inneren Grad an der Dao Schule Tirol.

Plank Sonja, März 2019, Si-Fu Günther Plank

Der Meister

Vorwort
Ich bin Sonja Plank. Ich habe mich vor vier Jahren für den Weg des Ausbilders an der Dao Schule entschieden. Habe mich vor mir, meinem Meister und Zeugen verpflichtet, das Feuer der Kampfkunst zu nähren, zu mehren und weiter zu tragen.

Spätestens seit diesem Zeitpunkt frage ich mich wie ein Lehrer/Ausbilder/Meister zu sein hat, versuche durch „try ´n´ error“ meinen Weg als solcher zu finden und vertretbar zu gestalten.

Ich kann diese Frage nun an dieser Stelle erörtern und mich dabei auf gelesenes und selbst erlebtes berufen. Und für andere eventuell verständlicher machen worum es mir geht.

Ich habe mich dazu entschieden „den Meister“ als geschlechtsneutralen Titel zu gebrauchen, weiteres sind unter allem als männlich Angeführten auch alle weiblichen, sowie unter dem weiblich Angeführten auch die männlichen, gemeint.

Viel Freude beim Lesen, erfahren und erkennen.

Der äußere Meister

Als Meister wird ein Mensch bezeichnet der durch viel Arbeit und Übung zu Erfahrung und Geschick in seinem Fach kam, allerdings ist dieser Begriff bei uns für handwerkliche Berufe vorbehalten.
So beginnt wer ein Handwerk erlernen will eine Lehre.
Nach der Lehrzeit wird er zum Gesellen und danach zum Meister.
Ich vergleiche dies nun mit der Aufteilung der Programme von den Grundlegenden- (Basis-, Mittel- und Oberstufe), die in gewisser Weise die Lehrzeit darstellen, zu den Inneren Programmen, die das gelernte verfeinert und erweitern sollen, sodass nach der Gesellenzeit einer sich Meister nennen, oder als solcher bezeichnet werden kann.
Ab der Meisterstufe beginnt die eigentliche Arbeit. Der Mensch hat seine Fähigkeiten aufs feinste geschult und ist befähigt schwierige Aufgaben sauber und gewissenhaft zu lösen.

Jeder von uns begegnet im Laufe seines Lebens solchen Menschen.
Sie alle betreiben Kung Fu, harte Arbeit. Ob dies nun ein Bäcker ist der Brot bäckt, ein Maler der ein Bild malt oder ein Meister der Kampfkunst bei seinem Werke ist.

Doch was ist nun das Werk eines Kampfkunstmeisters?
Ist es das Weitergeben seines Wissens? …zum Teil sicher…
Ist es die Kampfkunst? …als Lebenskunst, gewiss, denn für den Kampf mit einem körperlichen Feind wird er sie nur mehr selten brauchen. Da sein Auftreten und seine Geisteshaltung eine Auswahl zum Gegner unwahrscheinlich macht.

Ich habe in meinem Leben bemerkenswerte Menschen kennen gelernt, solche die sich durch ihre Herzlichkeit auszeichnen, andere durch ihre Lebhaftigkeit, manche durch Disziplin, wieder andere durch Konsequenz, wenige durch ihren Sanftmut, andere durch ihr Bewusstsein oder ihre Ruhe…
Sie alle hatten Einfluss auf mich und waren Meister, hatten kleinere oder größere Teile ihres Selbst feinstofflich gemacht und an sich selbst gearbeitet.

Als äußere Meister bezeichne ich im Folgenden Menschen, die außerhalb von mir existieren und in mein Leben getreten sind (körperlich und/oder geistig) und durch ausreichend lange Beschäftigung mit einem Thema zu einer gewissen Einfachheit, Tiefe und/oder Einsicht gelangt sind.
Traditionell nimmt der Meister den Schüler in seine Schule/Werkstätte auf, nimmt ihn als Mensch hin und bleibt selbst die Person die er bisher war, unabhänig vom Schüler (sprich als eigenständige Person, die nicht gefallen muss). Der Schüler oder Lehrling wiederum darf sich nun beweisen und bei einfacheren Tätigkeiten einbringen.
Der Meister lebt nun vor, was seiner Meinung nach richtig und gut ist und fordert Respekt und Disziplin, Gehorsam und Loyalität. Sodass der Schüler seinem Weg treu bleibt und ihm vertraut, damit die nötigen Formungsprozesse beginnen können. Doch ist der Meister menschlich, wertfrei geschrieben.
Er ist eine Person die durch ihre Eigenarten und Voraussetzungen, körperlich wie geistig, historisch wie zukünftig ihren Weg geht. Darum glaube ich ist es schwierig einen passenden Meister zu finden, der vom Wesen und seinen Eigenarten zum Schüler passt, oder umgekehrt. Sodass eine Herz-zu-Herz-Verbindung entstehen kann. Damit der Schüler über einen längeren Zeitraum hin weg gewillt und motiviert ist, dem Weg des Meisters uneingeschränkt zu folgen.

Der äußere Meister gibt uns Aufgaben, die er für angemessen, wichtig und notwendig für unsere Ent-wicklung hält. Diese sind nicht immer angenehm… stimmt so nicht ganz ;), diese sind nie angenehm und einfach, denn der Lehrer ist an ausgeglichenem Wachstum interessiert und dadurch arbeitet er immer mit Schwächen, Mängeln und Defiziten. So kann der Schüler Richtung Ganzheitlichkeit wachsen. Wird aber auch im Willen und Charakter geschult und geprüft.
Als Schüler mag es sein, dass wir zweifeln, ob es das Richtige ist, was wir beigebracht bekommen, mögen wir uns fragen wozu dies oder jenes nun gut ist, sind wir kritisch wenn wir etwas verstehen und/oder fragen wollen, doch müssen wir auch vertrauen, dass der Meister für uns einen Weg wählt, der nicht nur gangbar sondern auch praktisch anwendbar und zielorientiert ist, und er uns durch jahrzehntelanges Training soweit vorausgegangen ist, sodass er weiß worauf es im jetzigen Moment in unserer Entwicklung an kommt.

Äußere Meister sind Quellen der Inspiration, Dinge zu tun, die bisher unbekannt waren, Ideen zu sehen die bisher verborgen lagen und den Anklang von etwas Größerem zu sehen das Teil eines jeden ist.
Doch haben sie mit unter auch Eigenheiten, die nicht ganz in die Erwartung passen, die auch ein Schüler in der heutigen Zeit mitbringt. Er will gelobt und anerkannt werden, nur mit dem Besten versorgt, von allem Unglück verschont, den einzig wahren Übungen beglückt und mit Fähigkeiten geradezu beschenkt werden. Dies mag zu Konflikten führen die gelöst werden wollen, so ist die, wie ich denke wichtigste, Eigenschaft, eines Meisters und auch eines Lehrers ist seine Authentizität. Nicht zuletzt dadurch, dass der Meister einst selbst diesen Weg des Schülers beschritten hatte und empatisch auf einen Schüler eingehen kann (natürlich nicht muss, je nach Situation). Dies alles neben der Überzeugung dessen, dass es richtig ist wie er handelt und es so beim Schüler zur überzeugung kommen kann. In diesem Sinne können auch arbeitsökonmische Schüler überzeugt werden, dass sich ihre Ergebnisse an der investierten Zeit messen und der Meister recht hat in seinen Angaben, oder sie lassen es bleiben aber auch dafür ist beim Meister Platz, es muss nicht jeder Schüler zu einem Wegschüler werden.

Scheut ein Meister es nicht einem Schüler klar vor Auge zu halten an was es ihm mangelt, was seine Fehler sind und auf welchem Holzweg er sich befindet, kann dies unweigerlich zu einer Kränkung der kindlichen Seite des Schülers führen. Doch bringt es ihn – wenn er bereit ist dies anzunehmen – unweigerlich auch auf einen Pfad der Selbstwirksamkeit, des Selbstvertrauens und des Bewusstseins für die Eigenverantwortung. Er wird aufhören andere für sein Glück oder Pech verantwortlich zu machen, seine eigene Position überdenken und selbst einen ungetrübteren Blick für Vorgänge in ihm erlernen und ehrlich zu sich selbst zu werden.

Kampfkunst als Lebenskunst

Also könnten wir fragen wieso überhaupt einen Meister aufsuchen und von und mit ihm lernen?
Nun, ein Meister ist eine gewisse Zeitabkürzung (Ja mit genügend Zeit mich einzulesen könnte ich herausfinden wie meine Heizung funktioniert und ich sie zur Not sogar reparieren kann), er bringt mich schneller und effizienter zu den Themen die für mich zur Entwicklung zum ganzheitlichen Menschen wichtig sind und kann aus der Erfahrung schöpfen für mich die passenden Übungen zu finden.

Ich möchte wieder an Hand der Kampfkunst erläutern.
Wir lernen im Training grundlegend unser Selbst zu schützen, Gesundheit zu fördern und mit Kräften zu arbeiten.
Kurz gefasst lernen wir anhand dieser Schwerpunkte:

„Im Selbstschutz geht es in erster Linie darum, mein Selbst zu schützen und selbst zum Macher zu werden. Das Selbstvertrauen, dass ich auch in einem Fall der körperlichen Auseinandersetzung die Oberhand behalte und mich verteidigen kann, hilft Ängste abzubauen und agil in einer Notsituation zu bleiben. Wobei durch Schulung des Richtigen Auftretens die Wahrscheinlichkeit letzter genannter auf ein Minimum reduziert wird.
Die Kampfkunst, aber noch mehr das Qigong, hält uns dazu an uns mit unserem Körper, seiner Geometrie, seiner Energie auseinander zu setzen. Wir erlernen eine völlig neue Zusammenarbeit mit uns selbst und sich daraus ergebend auch mit unseren Trainingspartnern.
Die Waffenarbeit stellt eine Erweiterung der waffenlosen Kunst dar. Obwohl jede Waffe verschieden ist, lebt jede doch von ihren Stärken. Sie lehren uns noch mehr als andere Bereiche der Kampfkunst hinter etwas zu stehen, Respekt, Demut und Ehrfurcht vor der Macht, dem Leben und dem Tod.“

Wie ist also Kampfkunst als Lebenskunst zu verstehen?
Anfangs (zugegeben als eine Möglichkeit ;)) arbeiten wir im Training für den Selbstschutz (mögliche andere Ziele: Kampfkunst, Einklang,…), doch je weiter wir den Weg gehen und je intensiver wir uns damit beschäftigen, umso mehr bestärken Ereignisse um uns, dass wir für unser ganzes Leben gelernt haben/lernen. Durch unser selbstsicheres Auftreten und unsere Arbeit mit Energien wird die Anzahl derer die uns als Opfer oder Gegner sehen immer geringer, die Notwendigkeit für eine körperliche Selbstverteidigung auch, wenn auch durch unser sozial flexibles Handeln (Ausstiegsmethoden aus der Gewaltspirale) die Dringlichkeit der Selbstbehauptung weniger wird, bleibt nur mehr der Selbstschutz, welcher im Kopf beginnt und bei der Frage: „Was ist das Selbst?“. Zum Teil ist die Lebenskunst sicher damit beschäftigt, alle nicht zum Selbst gehörenden Angewohnheiten und Prägungen aufzuzeigen und abzulegen.

Der Meister tritt dabei an eine entscheidende Schlüsselposition.
Früher wurden innere Schüler in das Haus des Meisters geholt und wohnten mit ihm unter einem Dach. Sie wurden so Teil der Familie und lernten nicht nur die Kampfkunst, sondern auch die Alltagsphilosophie, Gebräuche und Gepflogenheiten. Dies führt zu einer Veränderten Wahrnehmung des Schülers. Einem neuen Blickwinkel auf sich selbst und seinen Standpunkt in der Gemeinschaf, sowie seinen Ideen und Überzeugungen. Er erweitert sein selbst, legt ab was nicht seinem Selbst entspricht, so erkennt er durch die Nähe zum Meister (ob nun als ermahnender Vater oder in der Rolle des Vorbildes in der sich der Schüler selbst erkennt) früher wo er aufhört er selbst zu sein und zB. anerzogene oder erlernte Muster des Verhaltens aufruft, die ihm eigentlich nicht entsprechen.
Mein Meister ist mir in dieser Hinsicht Lehrer für verschiedene Inhalte.
Er geht seinen Weg und es liegt an mir ob ich folgen möchte, daraus ergibt sich eine intrinsische Motivation. Solange ich lernen will, bestimmt er den Weg. In unserem Training wird im Laufe der Zeit jedoch das Mitspracherecht eines jeden Schülers mehr und Entscheidungen, Ideen, Veränderungen werden im inneren Kreis besprochen, diskutiert und adaptiert, wobei Si-Fu (der Meister, väterlicher Lehrer) die letzte Entscheidungsinstanz darstellt.

Ein paar Auszüge aus fast zehn Jahren Erlebnissen und Lehren von Sifu Günther:
Er ist ein Macher. Sobald etwas zu tun ist wird es getan. Er legt großen Wert darauf die Dinge zu ihrer Zeit zu tun. Nicht zu früh und nicht zu spät, rechtzeitig eben. Sei dies nun in der Kampfkunst, wo er den Schüler in der Übung dort abholt wo er ist, im Waffenkampf, wo er mit den Zeiten des Vor, Indess, Nach im passenden Timing auf einen Angriff entsprechend antworten kann, oder im Haushalt wenn Sanierungsarbeiten, Steuerausgleich oder ein Einkauf anstehen.
Er steht hinter Aussagen, Zusagen und Prinzipien. Wenn er etwas sagt meint er es auch so. Er hält uns dazu an auf unsere Wortwahl zu achten, um das zu sagen was wir sagen wollen. Dies ist zugegebenermaßen nicht die einfachste Anforderung, denn wir verwenden und verstehen eben das worauf wir konditioniert sind und hier einen Schritt zurück zu gehen und uns selbst dabei zu beobachten was Worte in uns auslösen und wie wir sie selbst verwenden ist eine sehr große Herausforderung.
Zuhören. Er ist wohl einer der wenigen die immer ein offenes Ohr für Mitmenschen haben, wenn sie es brauchen. Er nimmt sich (zumindest wenn die Mühe nicht vergeblich scheint) die Zeit darüber nachzudenken und Vorschläge und Richtungen zu weisen, die vorher nicht im Raum gestanden sind.
Bei sich selbst bleiben. Er schafft es trotz widriger Umstände bei sich selbst zu bleiben, sich nicht in die Emotion des anderen hinein reißen zu lassen und sogar noch auf humoristische Art damit umzugehen. Er nimmt auch im Training die Energien auf verschiedene Arten und lernt uns verschiedene Herangehensweise an Problemstellungen, die sich alle im Übertragenen Sinn auf Alltagssituationen umlegen lassen. Kann aber auch rigoros durchgreifen und sich durchsetzen, wenn er es für angemessen hält.
Er lebt alles ist Eins. Wir alle befinden uns auf dem Weg (des Lebens). Wenn wir einmal dieses Bewusstsein erlangt haben wird alles einfach. Wenn aus einem Fauststoß viele verschiedene Arten einen Fauststoß zu machen werden und danach alle wieder nur ein Fauststoß sind, ist die Erklärung der Welt nicht mehr viel weiter weg…

Ein anderer Meister der mir von Anfang an, mit seinem Weg gezeigt hat, was möglich ist, hat mir die Augen geöffnet für bewusste Ansteuerung der Körpers. Ist Sifu Franz.
Er bewegt sich mit einer Anmut, Erhabenheit und Schnelligkeit, die mich von ersten Moment an fesselten und dazu führten, dass ich mir dieses Bewegungsbewusstsein selbst erarbeiten möchte.
Er verfügt über ein Einfühlungsvermögen und Sanftmut bei doch klarer Struktur, diese spiegelt sich in all seinen Übungen und Aufgaben wieder. Er kann zwischen Einfühlsam und Bestimmt reibungslos switchen sodass es der Grundphilosophie des Selbstschutzes entspricht.
Die Take-away-message: „Wenn etwas passiert was ich nicht mag, kann ich klare und eindeutige Worte, Gestik und Mimik wählen um dies aus zu drücken.“
Die Demut, die er vermittelt. Er lässt uns immer wieder daran Teil haben demütig und mit Respekt anderen, sich selbst und der Welt entgegen zu treten. Er lebt es in der Kampfkunst und der Musik vor.

Wie geschrieben ist es möglich mehr als einen Meister zu haben.
Meist wird sich jedoch, so sich eine passende Konstellation aus Meister und Schüler gefunden hat, der Großteil des zu Lernenden auf einen Meister beschränken, allein schon aus der Problematik der Dreidimensionalität unserer Welt, wird sich der Schüler nicht Teilen können um gleichzeitig von zwei Meistern zu lernen. Nicht in der Tiefe die ich mir vorstelle. Allerdings, je weiter ich meinen Weg gehe umso leichter fällt es mir Menschen zu erkennen und ihre Besonderheit wahr zu nehmen. Und somit schneller ihren meisterlichen Anteil zu sehen und von ihm zu lernen.

In jedem Menschen steckt die Anlage zum Vorbild, zur Inspiration und zum Meister zu werden. Die wenigsten jedoch nutzen diese Anlage und noch weniger in wirklich umfassenderer Weise.
Natürlich ist wie bereits erwähnt jeder dieser Meister ein Mensch, hat seine individuellen Grenzen und Eigenheiten. Somit ist keine der vorher genannten Eigenschaften zu verallgemeinern und ist immer zu 100% in jeder Situation zu gegen, trifft aber dennoch in sich geschlossen zu und bildet das Fundament des inneren Meisters.

Innerer Meister
Drunter verstehe ich das Bild von mir in meinem Inneren, dass ich mir zum Zwecke der Motivation und Inspiration von mir selbst schaffe. So wie ich Leben und sein möchte. Eine Idee auf die ich mich in schlechten Zeiten selbst berufen und in guten Zeiten immer etwas mehr nach ihr Leben kann.
Als Ideen und Vorlage dienen meine äußeren Meister. Jeder dieser Menschen hat einen Abdruck in mir hinterlassen, ein Echo das durch mich und in mir Resonanz findet. Eigenarten, Ideen, Verhaltensweisen, kurz gesagt Teile seiner Persönlichkeit die mich ansprechen und die ich für mich auch Leben möchte.
Für einen jeden selbst sind die Fragen
„Wie will ich sein/werden?“
„Wer will ich sein/werden?“
zu stellen. Und zu beantworten ;)…

Menschen die wir kennen, vielleicht auch so genannte Alltagshelden, dienen uns als Inspiration. Ermöglichen uns über uns selbst hinaus zu wachsen und uns zu veredeln.
Wir beobachten ihr Handeln und sind dadurch auf eine gewisse Art und Weise bewegt, die uns motiviert selbst so zu handeln, mehr so zu werden wie diese Person, Dinge (materiell wie immateriell) so zu sehen wie wir es vorher nicht bewusst taten.

So erschaffen wir ein Bild von uns selbst in uns, hinterfragen vielleicht den einen oder anderen Grundsatz/das eine oder andere Verhalten den/das wir als Kind gelernt haben und werden so nach und nach erwachsen. Übernehmen Verantwortung für unseren Körper, unser Denken und unser Handeln.
Wir können an unserem Verhalten arbeiten, Wert darauf legen es zu ändern, ist es eigentlich nur eine Entscheidung die wir treffen müssen. Los zu lassen von trägem, selbstbemitleidendem und selbstzerstörerischem Denken und Handeln. Je mehr wir an etwas festklammern, wie wir sein müssen oder etwas anderes sein soll, umso schmerzlicher und unerträglicher wird unser Sein mit uns selbst und umso unausstehlicher werden wir in Gemeinschaft mit anderen.

Ich möchte nun an dieser Stelle meinen Inneren Meister erörtern.

Er fordert mich auf, bittet mich, stellt sich als Möglichkeit zur Verfügung, immer etwas mehr zu werden wie ich gerne bin, mich wohl zu fühlen mit mir selbst, mich stark zu fühlen, mich in mein Leben ein zu fügen. Er ist ein größeres Bild meiner selbst und stellt den Platzhalter zwischen meinen geistigen Vorstellungen und vergangenen Erlebnissen mit meisterlichen Menschen (die Gesamtheit aller Meister würde ein Bild des ewigen Meisters darstellen und das gesamte Potential der Menschheit umfassen) und dem was ich bin dar. Es ist das bildliche Potential das er darstellt, welches ich wahrnehmen, aber vielleicht noch nicht zur Gänze umsetzen kann. Ich aber bin bestrebt mir diese Eigenheiten als Teil meines alltäglichen Auftretens ein zu verlaiben.
Er lebt Geduld und Harmonie. Ist Nachsichtig mit seinem Körper und dessen Beschränktheit in der Zeit, ist bestrebt immer im Ausgleich zu Leben.
Kann die Einheit aller Dinge zu jedem Zeitpunkt fühlen und sich zwischen ihnen und im Fluss des Dao bewegen.
Er ist diszipliniert. Aufgaben, die gestellt sind, löst er mit energieeffizientem Einsatz, der nötigen Konzentration und Ernsthaftigkeit. So auch, wenn es um das Erlernen neuer Inhalte geht, die nicht zwingend nur der Kampfkunst entstammen.
Er nimmt das Leben leicht. Positives wie negatives bewegen ihn nur oberflächlich, er steht mit und bei sich und um ihn herum geschieht was geschieht.
Er kann Schüler konstruktiv auf Defizite hinweisen, sodass ein gemeinsames Ganzes entstehen kann. Der Schüler wird auf seine Mankos aufmerksam gemacht, doch auf eine Art die nicht sein Wesen verletzt, stattdessen kann er offen mit dem Feedback arbeiten und erspart sich sehr viel Mühe und Zeit.
Er lebt als Beispiel vor.
Hält sich ordentlich, gepflegt, anmutig und schön. Doch ist Kung Fu eben harte Arbeit und diese scheut er nicht.
Er ist erhaben und anmutig, achtet auf jede Bewegung in jeder Zeit seines Lebens. Jeder Tritt und Schritt, jede Bewegung der Hände, jedes Lächeln und jedes Wort soll den Grundlagen der Demut, des Respekts, der Erhabenheit und der Gleichheit unterstellt sein.

Dies zu meinem Inneren Meister. Diese Auflistung stellt keinen Vollkommenheitsanspruch, noch kann sie sich nicht verändern, wachsen oder vereinfachen. Es handelt sich lediglich um die Punkte die mir als wichtig erschienen sie aus meinem Kopf auf Papier zu bringen.

Nachtrag zum ewigen Meister
Das Dao steht für den großen Weg, der ewige Meister für das Meisterliche in all seinen Facetten.
Kein Mensch kann jemals alle Facetten des Dao abdecken, jeder kann nur seinen Weg gehen. So ist der ewige Meister eine Vorstellung, die Summe aller meisterlichen Aspekte und aller Meister in unserer Welt, eine nie endende Liste die immer einem Wandel unterworfen ist…
Es ist unmöglich die Unendlichkeit greifbar zu machen und zu erfahren, doch wie der menschliche Geist fähig ist auch das Unendliche zu benennen und zu umschreiben, kann er in selber weise auch mit dem Dao und mit einem Meister tun.

Der ewige Meister ist ein immerwährendes Vorbild. Zu dem sich ein jeder von seinem Standpunkt aus bewegt, sodass sie gemeinsam erst alle Möglichkeiten die es gäbe abdeckten.
Demnach ist jeder innere Meister ein Splitter des Spiegels in dem sich das Bild des ewigen Meisters reflektiert.

Nachwort

Es war für mich sehr spannend und für die Reflexion sehr aufschlussreich diese Arbeit zu schreiben. Es ist fast schon schade, dass ich sie in doch sehr kurzer Zeit geschrieben habe, denn alleine das Beschäftigen mit dem Thema und meinem inneren Meister haben mir etlicher Versäumnisse aufgezeigt und dadurch habe ich nun Gelegenheit weiter an mir zu arbeiten.
Dank sei an dieser Stelle gesprochen.
An meinen Si-Fu. An Sifu Franz. Und ALL die großen Meister (damit seid ihr alle gemeint ;)) in deren Fußstapfen ich heute stehen darf, denn so viele sind diesen Weg gegangen, manche Spuren hat die Zeit bereits geschluckt, doch waren sie und sind somit Teil des Weges…

„…denn jede Blüte… – das bin ich…“

Sonja Plank

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Schere – Stein – Papier …. und der Bezug zu meinem Unterrichtskonzept 2018

Gerade heute, da Abtrennung und Spezialisierung ja wichtiger denn je scheinen, meine ich genau das Gegenteil müsste es sein, was eine stilfreie, ganzheitliche und lebendige Kampfkunst (in meinem Fall ARTMA) ausmacht. Es geht nicht darum mehr und mehr hineinzupacken, sondern mehr und mehr „wegzulassen“, um die Matrix dahinter zum Vorschein kommen zu lassen. Und mit weglassen meine ich nicht weniger Fähigkeiten zu schulen, sondern die Grundfähigkeiten zu entwickeln, aus denen der Rest und die Spezialisierung entstehen kann.
Wie Michelangelo in die Schuhe geschoben wird einst gesagt zu haben wie er denn David aus der Statue erschaffen habe: “Der David war immer schon da gewesen. Ich musste lediglich den überflüssigen Marmor um ihn herum entfernen.”

Was hat das nun mit „Schere – Stein – Papier“ zu tun? Mit diesem für jeden sicher in Erinnerung gebliebenen Spiel erschließt sich meiner Meinung nach sehr gut, welcher Kampfkunstzugang der „Beste“ ist.

Es gibt ihn einfach nicht!

Nur wer über alle 3 Auswahlmöglichkeiten verfügt und diese entsprechend passend einsetzen kann (was das Spiel natürlich unfair macht wenn ich vorher weiß was benötigt wird – aber um Fairness geht es in der Anwendung ja nicht), der hat zu jeder der 3 Vorgaben eine passende Antwort.

Mein „Schere – Stein – Papier“ Ansatz basiert auf den Zugängen von

• Keil/Kegel/Geometrie (aus dem Wing Chun System)
• Kreis/Ball/Energie (aus dem Taijiquan)
• Spirale/Bewegung/Mehrdimensionalität (aus dem Baguazhang)

Welcher dieser 3 Zugänge besser ist kann nicht vorher gesagt werden – jeder hat seine Vor- und Nachteile, aber in Kombination habe ich eine umfangreiche Toolbox zur Verfügung, die mich für mehr oder weniger alles wappnen sollte.

Eine zarte kleine Frau wird mit „sich anpassen“ und „rumwuseln“ wahrscheinlich besser fahren als einen stabilen Keil in einen 120 kg Typ reinschieben zu wollen. Nach vielen Jahren Kampfkunstausbildung kann aber dann auch die kleine zarte Frau einen 120 kg Typ einfach wegschieben wenn sie funktionell mehr Kraft aufwenden kann (ist immer wieder lustig zu sehen wie die großen Jungs von meiner Frau rumgeschubst werden). Aber diese Fähigkeit der – ich nenn sie mal – funktionellen Ganzkörperkraft wächst eben nicht von heute auf morgen. Aber mit einem passenden Übungswerkzeug sind in kürzester Zeit hier riesige Fortschritte zu erzielen.
Ebenso wird ein 120 kg Brocken selten das Bedürfnis verspüren sich elegant an den Angreifer anzupassen – Keil vor und fertig wird in den meisten Fällen recht gut funktionieren. Aber auch 120 kg mit funktioneller Ganzkörperkraft und Beweglichkeit richten mehr aus als reine Masse.
Meine Aufgabe als Lehrer sehe ich darin, meinen Schülern alle 3 Möglichkeiten anzubieten, damit sie später auch aus allen 3 Möglichkeiten wählen können / das „Passende“ passieren kann. Damit aber auch gleich von Beginn an Sachen funktionieren, werden bei uns von Anfang an alle 3 Zugänge unterrichtet (natürlich auf das Niveau der Schüler angepasst).

Weiters wird großer Wert darauf gelegt, Grundlagen der Waffenarbeit (welche unter anderem Geometriezusammenhänge ungemein deutlicher aufzeigen als waffenlose Kampfkunst) und des Gesundheits (Qigong) Bereiches zu transferieren (Transition). Die Fähigkeit eines aufrechten Standes aus dem Qigong beeinflussen natürlich die Körperhaltung in der Selbstverteidigung und in der Kampfkunst. Ebenso wie die Erkenntnis aus der Waffenarbeit, dass ich „hinter der Waffe“ stehen muss (also hinter dem, was ich vorhabe zu tun) sich im Alltag auswirken sollten. Überhaupt – wer Kampfkunst betreibt und sie im Dojo lässt, der hat nicht verstanden, worum es in der Kampfkunst geht. Wenn die körperliche Entwicklung keine geistige Entwicklung mit sich bringt, dann mag das zwar kämpferische Vorteile haben, eine ganzheitliche Kampfkunst wird dann aber nicht betrieben. Flexibilität im Tun und im Denken sollte einher gehen – und das eine das andere unterstützen.

….und ob ich nun Dantien, Hara oder Bewegungszentrum sage …. wenn meine Bewegung daraus geführt wird macht die Bezeichnung keinen Unterschied. Und wenn die Bewegung nicht daraus geführt wird, hilft es auch nicht x verschiedene Bezeichnungen dafür zu kennen….

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Beispielhafte Unterrichtsmethodik anhand von „Malen lernen“ bei Kindern – aus 2017

Ausgehend von der Grundidee meinen Schülern eine möglichst breite Palette an Lernmöglichkeiten zu geben, diversen Vorträgen von Gerald Hüther und nicht zuletzt der Begeisterung der eigenen Kinder aktuell am Ausmalen von (durchwegs schwierigen) Mandalas und Ausmalbildern haben sich folgende Gedankengänge bei mir ausgebildet:

Wenn Kinder zuerst „mit dem ganzen Körper“ malen, später zu den Strichmännchen und –zeichnungen übergehen um dann eine Phase von „Ausmalbildern“ zu durchlaufen bevor es ans „Abmalen“ und dann frei malen geht – ist sowas nicht auch auf das Lernen (von Kampfkunst) übertragbar?

Am Anfang stehen die „Ganzkörperübungen“ (Basisflow, Zhangzhuan, div. Formen und Bewegungsmuster), welche noch weit weg von irgendwelchen Anwendbarkeiten stehen – der Schüler lernt seinen Körper kennen, seine Körpergrenzen und gewisse Bewegungsmuster kennen – daraus kann weder abstrakte Kunst, noch irgendein Stilleben erkannt werden.

Über diese Stufe hinaus gibt es dann gewisse „Vorgaben“, wie eben zBsp. „Mal einen Baum“ – und mit viel Fantasie kann man einen Baum erkennen. Ein Strich hier, ein Strich da und dort… Dies ist für mich die Stufe der sogenannten „Selbstverteidigungs-Aktionen“. So wie sie ausgeführt werden weit weg von Kampfkunst, aber durchaus schon erkennbare Funktionalität, Freude daran, dass etwas „klappt“, also ein Schritt in die richtige Richtung.

Dann kommt aber interessanterweise die Zeit, in der die „eigenen“ Zeichnungen der Kinder weniger werden und Vorlagen ausgemalt werden. Eventuell deshalb, weil man mit den „Eigenkreationen“ nicht zufrieden ist (oder gesagt bekommt dass sie „nicht schön“ seien) – auf alle Fälle sollen dann Vorlagen her, welche farbig ausgefüllt werden. Auch hier wird natürlich anfänglich überall drüber hinausgemalen, aber mit der Zeit entwickelt sich ein besseres Gefühl für die Grenzen (wie auch in den Formen, bei Koordinationsübungen usw.).
Also Kreativität im Rahmen quasi – welche Flächen mit welchen Farben ausgemalen werden ist beliebig, gut ausschauen tut es meist so oder so.

• Dem Gegenüber gibt es die Möglichkeiten des „Malen nach Zahlen“ bzw. „Malen nach Farben“, welche ähnliche Wege gehen – entsprechend eines vorgegebenen Rahmens entweder die Zahlen von 1 bis x nachfahren und es gibt ein Bild, oder alles mit den gleichen Zahlen in den gleichen Farben ausmalen und es gibt ein Bild; Also auch hier: vorgegebene Rahmenbedingungen mit der Möglichkeit „bedingter Kreativität“.

So ungefähr sehen meine Beispiele im Kampfkunstunterricht aus: Ich zeige gewisse Bewegungsmuster vor (zum Beispiel: gerader Angriff kommt – Keilförmig vorschieben, mit der inneren Hand außen Kontakt aufnehmen, aus der Angriffslinie hinausgehen, den Angriff gerade weiterbegleiten und mit der anderen Seite den Gegner treffen) und die Schüler erarbeiten sich innerhalb dieser Rahmenvorgaben für sie passende Ansätze: wo nun der Trainingspartner getroffen wird hängt vom Größenverhältnis der Partner zueinandern, dem Kräfteverhältnis, aber auch von innerer Einstellung und Durchsetzungsvermögen ab. Natürlich könnte ich exakt vorgeben wie es auszuschauen hat – aber damit nehme ich dem Schüler die Möglichkeit „selbst zu spielen“ und gebe die Illusion von „diese Aktion passt“ vor – was aber eben nicht immer stimmt; Die Aktion von mir passiert eben genau deshalb so, weil die Konstellation der Trainingspartner nun genau so war – wäre sie auch nur etwas anders würde die Antwort auch entsprechend anders ausfallen; Was ich meinen Schülern damit also beibringen will, ist einerseits eine grundlegende Vorgangsweise welche gegen solche Angriffe möglich ist (andere Varianten folgen dann enstprechend in den nächsten Wochen wenn diese Variante halbwegs „sitzt“), andererseits aber gleichzeitig die Kreativität und Eigenverantwortung nicht nur mich zu kopieren, sondern auch selber probieren was für sie funktioniert (und was eben nicht) – und, dass es immer auf die Situation darauf ankommt.
Natürlich gibt es (nach anfänglichem „Alleinstudium mit den Partnern“) dann den ein oder anderen Hinweis was sich für mich in dieser Konstellation anbieten würde, und auch gleich die Überleitung zu ähnlichen Bewegungsmustern aus anderen Übungsbereichen (sei es Waffentraining oder Qigong Elementen) – um auch hier klar zu machen, dass alles einander verstärkt.

Mein Ziel ist es, dass meine Schüler das Rüstzeug bekommen um selbständige Maler zu werden – ob dies dann im Bereich von Aquarellen, Bleistiftzeichnungen, Ölfarben oder was auch immer passiert liegt nicht an mir zu entscheiden; sehr wohl aber liegt es an mir diese verschiedenen Möglichkeiten aufzuzeigen.
Oder um es auf die Grundidee des menschlichen Gehirnes nach Hüther zu übertragen: ich versuche möglichst viele Verknüpfungsmöglichkeiten anzubieten. Aus welchen dann Datenautobahnen werden und welche verkümmern liegt allein daran, welche benutzt werden. Wenn ich allerdings nur eine Möglichkeit anbiete wird diese wohl oder übel die Datenautobahn werden und „funktionieren“ – die Wahrscheinlichkeit, dass sie für alle unterschiedlichen Schüler aber „die Richtige“ ist kann sich jeder selber ausrechnen 😉

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Ergänzung zur Arbeit auf ARTMA 5 / Dao Schule Tirol Unterrichtsaufbau 2016

Ergänzungen über 3 Jahre danach (Mai 2016 sowie November 2016) zu Unterrichtsaufbau und Schwerpunkte der aufeinander aufbauenden Programme im ARTMA Curriculum 2013:
Vorweg:
Die geistige Entwicklung/Geistesschulung wird – wie bereits im ersten Teil bereits – auch hier nicht „wirklich“ Bestandteil der Arbeit sein, da dies dann ein eigenes Kapitel für sich darstellt und sich mir wahrscheinlich auch erst nach weiteren Jahrzehnten daran arbeiten ausreichend erschließen wird um dazu Stellung nehmen zu können.
Die obigen Ideen & Konzepte decken lediglich den „Wing Chun Teil“ des ARTMA Unterrichtes und die Waffen als „add on“ ab. Da es sich bei Wing Chun um einen in sich schlüssigen Stil handelt, bei ARTMA aber um ein stilfreies Unterrichtskonzept fehlen mir – nach meinem heutigen Erfahrungsstand – einige wichtige Aspekte wenn es um den Aufbau von ARTMA als ganzheitliche, stilfreie und lebendige Kampfkunst geht, welche ich nun im folgenden näher erläutern will:
Würde ARTMA für mich (wie von einigen meiner Salzburger Kollegen gerne so betitelt) „Wing Chun Kung Fu und mehr“ sein, dann hätte obige Aufzählung in sich ausgereicht und wäre schlüssig. Zuerst den Wing Chun Teil lernen, dann Taiji-Waffen, dann Baguazhang und im Anschluss noch Ball-Qigong.

Da für mich ARTMA aber ein stilfreies ganzheitliches Unterrichtskonzept darstellt, welches sich mit der Matrix der Kampfkünste beschäftigt und somit weit über die Wing Chun Aspekte hinausgeht sehe ich folgende Ergänzungen als notwendig an:
Dieser Standpunkt ist sehr subjektiv und über die Jahre gewachsen.
Vielleicht daher rührend, dass der „reine Wing Chun Teil“ zum überwiegenden Teil erlernt, und großteils gut verdaut und an meine eigenen Schüler weitergegeben wurde, vielleicht aber auch den Erfahrungen mit den „ARTMA-Schülern“ geschuldet, welchen von Beginn an eine stilfreie ganzheitliche Kampfkunst versprochen wird, aber auch durch Kung Fu Panda 3 beeinflusst (mehr dazu vielleicht später noch).
Ich sehe meine Aufgabe als Sifu der Dao Schule Tirol (zu welchem ich vor rund 5 Jahren – also 2011 – ernannt wurde) darin, durch meinen Unterricht bzw. meine Vorgaben der Programmschwerpunkte für meine Schüler in einem angemessenen Zeitrahmen viele Teilaspekte der Kampfkünste näherzubringen und ein gewisses Fundament zu legen, auf dem sie dann – ihren eigenen Stärken und Schwächen entsprechend – aufbauen können.
Genauso, wie wir in den Waffen dem Pareto Prinzip (mit 20 % Aufwand 80 % abdecken) folgend zuerst schwerpunktmäßig ein gewisses Grundverständnis im Umgang mit Hieb- und Stichwaffen schulen, so halte ich es auch für angebracht im „waffenlosen Teil“ (den es ja eigentlich nicht gibt, da ich die Waffe bin, und die „Körperverlängerung“ ja nur eine Unterstützung darstellt) von Anfang an Ideen von geradlinig/keilförmig/geometrisch (anhand von Wing Chun Kuen), rund/energetisch (Taiji Chuan) und spiralig (Bagua Zhang) gleichermaßen zu unterrichten. Aber auch Elemente aus dem klassischen Boxen sind so basal, dass sie für mich zwingend zumindest rudimentär beherrscht werden sollten.
Außerdem halte ich es für zwingend notwendig so früh als möglich die Transition von den Waffen ins „Waffenlose“ zu übertragen. Im ARTMA geht es für mich nicht darum WingTsun / Wing Chun zu unterrichten, und einige „add ons“ darauf zu stöpseln, sondern durch den Unterricht verschiedener Zugänge die Kampfkunst als ganzes runder und umfassender in ihrem Kern zu machen.

So wie es Yin nicht ohne Yang gibt, so gibt es das Geradlinige nicht ohne das Runde/Spiralige.

Zum Beispielt beihnaltet die Speerform (aber auch jede andere Waffenform) einen immensen Bewegungsreichtum, welcher das Waffenlose enorm bereichert – der aber leider irgendwie ohne entsprechende Unterweisung nicht beim Schüler ankommt (so zumindest meine Erfahrungen bisher).
Wenn die Speerform als Ergänzung und Erweiterung der bisherigen Kampfkunst gesehen wird, einzelne Elemente auch ohne Waffe aufgrund ihrer Ideen und Bewegungsmuster ins Waffenlose integriert werden können, dann gibt es einen unschätzbaren Mehr-Wert, welcher sich nicht darauf beschränkt „die Speerform tanzen zu können“ und ein paar Applikationen geübt zu haben, sondern die Speerform (zumindest ansatzweise) in die Kampfkunst integrieren zu können.
Selbiges gilt natürlich auch für Zhangzhuan, Baduanjin, Dao, Jian, Schwert, Stock usw.

Solange der Schüler jedoch „nur“ die einzelnen Waffengattungen mit ihren Formen und Programmen lernt, nicht jedoch die Zusammenhänge der Waffen untereinander und zum Waffenlosen erlernt – aber genauso die Übertragung der Fähigkeiten & Fertigkeiten, welche eine Zhangzhuan, Basisflow, Baduanjin und Chen 18 in die waffenlosen und Waffen-Aspekte zumindest aufgezeigt bekommt, so lange wird es im sehr schwer fallen den wahren Wert dieser „Zusatzübungen“ zu erkennen geschweige denn sie zu integrieren. Er wird immer nur in dem „Modus“ arbeiten, der gerade Programm ist.
Ein weiterer Aspekt, welcher bei der Entwicklung der Schüler meiner Meinung nach berücksichtigt werden sollte ist der, dass gewisse Fähigkeiten & Fertigkeiten eine lange „Keimphase“ benötigen.

So wie ich von einem Baum, welchen ich aus dem Kern ziehe, nicht erwarten kann mich in den nächsten paar Jahren in seinen Schatten legen zu können – geschweige denn seine Früchte ernten zu können, so führt auch in der Kampfkunst das Säen von Ideen und Konzepten erst nach unterschiedlich langer Vorlaufzeit dazu, die Früchte davon ernten zu können.
Beim reinen „Wing Chun-Unterricht“ gehe ich relativ „schmal“ in die Tiefe – und entwickle mich so weiter. Diese Vorgangsweise hat zweifelsohne gewisse Vorteile, bringt jedoch unter anderem mit sich, dass man sich von jahrelang eingeübten Mustern nur mehr schwerlich & ungern lösen möchte und führt zu einer gewissen „Engstirnigkeit“. Selbst meine eigenen Ausbilder tun sich oft schwer damit sich von gewissen „alten Gewohnheiten und Sichtweisen“ zu lösen – und die werden seit längerer Zeit damit konfrontiert sich „frei“ zu bewegen – weil sie eben über 10 Jahre Wing Chun Muster in sich haben.
Wenn ich nun aber von Anfang an sowohl die geradlinigen, als auch die runden Möglichkeiten zumindest aufzeige, dann ergeben sich dadurch gewisse Lösungsansätze in der Selbstverteidigung/Anwendung, die einigen Schülern einfach viel näher liegen und für sie besser funktionieren als andere. So sehr viele „Wing Chun“ Lösungen zBsp. in den Notlösungen (Griffbefreiungen usw.) funktionieren, so viel einfacher und passender können unter gewissen Umständen eben auch „andere Lösungen“ sein. Ob ich meinen Garten keilförmig vorschiebe (Wing Chun), oder dies „rund“ mache – und somit zwar keine ableitende „Spitze“ habe, dafür aber mehr Breite – das kann nur die Situation (und damit meine ich auch die sich gegenüberstehenden Personen) mit sich bringen und ist von Fall zu Fall passender oder unpassender.
Speziell im Bereich der Selbstverteidigung ist es meiner Meinung nach unerlässlich dem Schüler mehrere Möglichkeiten aufzuzeigen, da es „die EINE“ richtige Antwort auf solche Situationen nicht geben kann.
Hier kurz die oben angekündigte Analogie zu Kung Fu Panda 3: Po (der Kung Fu Panda) baut auf die von jedem bereits vorhandenen Grundlagen, Fähigkeiten & Fertigkeiten auf und adaptiert diese, anstelle allen „seinen Stil“ aufzuzwingen, was logischerweise bei den grundlegenden Unterschieden von Praying Mantis, Tiger, Affe, Kranich, Schlange und Panda nicht funktionieren kann.
Jahrelange Erfahrung im Unterricht von Schulklassen (überwiegend Mädels von der Volksschule bis hin zur Matura), aber auch mit körperlich äußerst zarten Mädels im Selbstverteidigungsunterricht in der Dao Schule oder in Kursen bestärken mich darin, aus jedem die eigenen Stärken rauszuholen anstelle von fixen Lösungsansätzen welche auf vor Jahrzehnten von mir erlernten Wing Chun Techniken basierende Ansätze vorzugeben. Realistische Selbstverteidigung heißt für mich auch klar zu machen, dass gewisse Kraftunterschiede eben nicht so einfach zu egalisieren sind und Kratzen, Beißen und Zwicken zwar unschön, aber funktionell sind.

Jede Möglichkeit – Keilförmig, Rund, Spiralig – hat ihre Vor- und Nachteile, so wie aber auch jede Situation ihre Vor- und Nachteile hat. Vieles von dem, was für „alte Wing Chun Hasen“ mühelos funktioniert führt für einige Neulinge (speziell wenn sie körperlich unterlegen sind) einfach nur zu Hilflosigkeit, weil die körperlichen Grundlagen (zBsp. Körperansteuerung) nicht vorhanden sind. Und speziell im Bereich der Selbstverteidigung ist es meine Verpflichtung Schülern Möglichkeiten an die Hand zu geben, welche „sofort“ und passend umsetzbar sind.
Die Kraft und Dynamik eines Sonnenfauststoßes (im Weiteren „Wing Chun Fauststoß“ benannt) mit den bekannten Vorteilen von mehrdimensionalem Eigenschutz, hoher möglichen Wiederholungsfrequenz usw. steht außer Frage – aber auch ein „einfacher“ Jab oder Schwinger hat – zur rechten Zeit eingesetzt – durchaus seine Berechtigung; Klar ist der Eigenschutz nicht so gegeben, die Körperdynamik eine andere, aber ab und zu „passt“ ein Jab eben besser an den Hals 😉

Auch ist es für ungeübte viel einfacher Kraft aus einer Rotationsbewegung zu erzeugen/übertragen als aus einer Aufrichtbewegung des Körper. Wenn diese Möglichkeiten aber nicht vorgezeigt und trainiert werden, wird der Schüler eben immer den WingTsun Fauststoß versuchen, auch wenn er nicht zur Situation bzw. seinen derzeitigen Fähigkeiten passt.
Ganz abgesehen davon, dass ich – um einen Jab vernünftig abwehren lernen zu können – eben auch jemanden im Training brauche, der einen Jab auch halbwegs vernünftig machen kann; Dass sonst nur „Wing Chun gegen Wing Chun“ dabei rauskommt ist ja nichts Neues – und die Wahrscheinlichkeit sowas in Mitteleuropa des 21. Jahrhunderts zu benötigen ist recht überschaubar (nachdem die Zeiten der Hausbesuche ja vorbei sind).
Selbiges gilt für die Schrittarbeit; Beschränkungen auf lediglich den „WT-Schritt“ (Verfolgungsschritt mit Gewicht am hinteren Bein) sind für Körperbeherrschung, Grundlagenschulung und gewisse Nahkampfdistanz-Aktionen passend und sinnvoll – nur Körperdynamik und Flexibilität wird dem Schüler so keine vermittelt (was man ja bei vielen Wing Chun Stylisten im Internet beobachten kann). Lockere „Box-Schrittarbeit“ (sei es vom Boxen oder vom Stockkampf übernommen -> Transition) ist im Nahkampf / in Trittdistanz natürlich ebenso (meist) fehl am Platz – für andere Aktionen / Distanzen aber durchaus passend. Auch kann das Gewicht überwiegend am vorderen Bein (im Knie des Gegners) durchaus dazu beitragen diesen zu immobilisieren. Daher sollte die „Grundlagenschrittarbeit“ sich nicht auf die „Wing Chun“ Schritte beschränken, sondern auch die „Waffenschritte“ mit einbeziehen.
Worauf ich hinaus will ist, dass ein stilfreier Unterricht idealerweise nicht darauf aufgebaut ist, zuerst den einen Stil (Wing Chun – SNT bis MYC), dann den anderen (Taiji – Chen 18, div. Waffenformen, Seidenfäden und Pushhands), und danach den nächsten (Baguazhang) zu erlernen, sondern sich von Beginn an zwar an einem „Hauptstrang“ orientieren soll (und da bietet sich Wing Chun anhand des logischen Aufbaues wie oben ausführlich erwähnt an), paralell dazu aber auch die anderen Möglichkeiten bereits frühzeitig (also auf Schülerlevel) zumindest aufzeigen und anschneiden soll.
Wenn ich also nun von Anfang an über das reine Wing Chun hinausgehende Bewegungsmuster einbaue (sei es offline oder auch online, aus dem Poon Sao / Chi Sao / Pushands heraus sowie im Pratzentraining), so hoffe ich damit von Beginn an weniger eingeschränkte Bewegungsmuster und mehr Vielfalt beim Schüler zu erlangen. Und je weniger eingeschränkt die Bewegungsmuster sind, desto wacher und lebendiger werden die Übungssequenzen, da eben nicht nur „Pak/Fst“ oder Kettenfauststöße gemacht werden, sondern das, was gerade passt.
Mein Ziel ist es schließlich jedem die Möglichkeit zu bieten sich zu ent-wickeln und zu ent-falten.
Je länger ich dem Schüler gewisse Bewegungseinschränken (auch wenn sie stilistisch nötig sind) auferlege, desto länger wird es dauern bis er sich wieder „natürlich bewegen“ lernt, da lange eingeschliffene Muster eben genau das sind, was automatisch abgerufen wird. Das ist zwar einerseits ein Ziel der Kampfkünste – sich Muster so einzuschleifen, dass sie automatisch funktionieren/passieren – aber eben bei stilfreier Kampfkunst auf Basis eines breiten Bewegungsspektrums, und nicht auf Grundbewegungsmuster eines einzigen Stiles limitiert.

Ob ich damit einen Irrweg gehe – durchaus möglich; aber vieles von dem, was ich schon seit geraumer Zeit in meinem Unterricht umzusetzen versuche kommt nun nach und nach auch bei anderen Meistern (zBsp. Sifu Sergio Iadarola, Richard Clear) und Großmeistern (Sigung Kernspecht) an die Oberfläche und wird dort umgesetzt (wenn auch nicht immer so unterrichtet).
Wie heißt es bei „1, 2 oder 3“ so schön: ob ihr wirklich richtig „geht“ seht ihr wenn das Licht angeht
Bis dahin versuche ich nach bestem Wissen und Gewissen – und im Austausch mit meinen fortgeschrittenen Lehrern, welche selber schon über 15 Jahre Kampfkunst auf dem Buckel haben – die Dao Schule Tirol so zu leiten, dass daraus ganzheitliche, stilfreie Kampfkünstler erwachsen, welche sich auch so bewegen können – frei im Körper wie im Geiste, offen für Neues, Neugierig und im Bestreben nach Verbindung und Harmonie.
Sifu Günther Röder, November 2016

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Unterrichtsaufbau und Schwerpunkte der aufeinander aufbauenden Programme im ARTMA Curriculum – Arbeit aus 2013

Schriftliche Arbeit für den 5. Grad
Von
Sifu Günther Röder
Unterrichtsaufbau und Schwerpunkte der aufeinander aufbauenden Programme im ARTMA Curriculum

Unterrichtsaufbau – so wie er sein soll, Willkür oder übernommene Tradition?
Jeder Lehrer stellt sich natürlich die Frage, ob er das, was er unterrichtet so unterrichtet, dass der Schüler es so gut wie möglich aufnehmen und umsetzen kann.
Es geht hierbei jedoch bei einer Kampfkunst um eine andere Zielsetzung, als bei einer Kampfsportart bzw. Sportart im Allgemeinen. Nicht möglichst schnell viel Leistung erbringen, sondern eine umfassende, gleichmäßige und ganzheitliche Entwicklung sind hier die Zielsetzung.
Oft wird die Frage gestellt, ob es nicht sinnvoller wäre den Aufbau
1 SNT (Siu Nim Tao – Kleine Idee Form, Standform)
2 CK (Chum Kiu – Brücken Form, Schrittform)
3 BT (Biu Tze– stechende Finger, Schlangenform)
4 MYC (Muk Yan Chong – Holzpuppenform)
(um bei den waffenlosen Formen des als Basis dienenden Wing Tsun Systems zu bleiben) zu durchbrechen, und zBsp. mit der MYC oder Biu Tze anzufangen um somit schneller das „Ziel“ zu erreichen.

Bei unserem Austritt aus der EWTO im Jahr 2007 hätten wir dazu die Möglichkeit gehabt, dies zu tun, und den traditionellen Aufbau zu durchbrechen. Selbiges gilt beim Austritt von Sifu Franz und der Entwicklung von ARTMA im Jahr 2010.
Im folgenden will ich erläutern warum dies (hier kann ich allerdings nur für mich/uns sprechen – glaube jedoch, dass es sich mit dem Ansatz von Sifu Franz weitgehend deckt) nicht geschehen ist, und der Aufbau meiner Meinung nach ein äußerst sinnvoller, und für den Schüler hilfreicher ist:
Ich vergleiche Kampfkunst – im Gegensatz zu Kampfsport – gerne damit, dass ich mir einen umfangreichen Werkzeugkasten erarbeite, wogegen ich in der Selbstverteidigung oder im Kampfsport ein recht eingeschränktes Repertoire zur Verfügung habe, welches einem Hammer gleicht. Egal wie die Aufgabenstellung ist, wenn ich nur einen Hammer habe, kann ich nur einen Hammer benutzen – den lerne ich dafür aber gut zu nutzen und vielseitig einzusetzen.
Habe ich das Werkzeug Hammer wirklich gut im Griff, so kann ich damit sehr viele Problemstellungen gut bis sehr gut lösen, und brauche keinen umfangreichen Werkzeugkasten.
Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass ein guter Kampfsport-Anwender in vielen Fällen einem Kampfkunstanhänger, der mit seinem Werkzeugkasten noch nicht umgehen kann, bzw. sich noch keinen umfangreichen Werkzeugkasten erarbeitet hat, in der Anwendung durchaus überlegen sein kann und anfänglich auch sein wird.

Kampfkunst erlernen ist kein kurzer oder einfacher Weg sondern eben Kung Fu – Harte Arbeit ….

Die waffenlosen Grundkonzepte von ARTMA (bzw. Wing Tsun) bestehen aus in sich (mehr oder weniger) abgeschlossenen, sich jedoch gegenseitig befruchtenden, aufeinander aufbauenden und ergänzenden Ideen & Vorgangsweisen. Manche sehen auch verschiedene Stile im Konzept des Wing Tsun vereint, was auch nicht ganz abwegig ist, wenn man Wing Tsun mit MMA (nur eben vor 300 Jahren) vergleicht. Dies macht meiner Meinung auch die Vielfalt der verschiedenen Sub-Stile bzw. Interpretationen aus.
Mit der MYC-Idee ausgeführte CK Aktionen unterscheiden sich eben von mit BT-Idee ausgeführte SNT Aktionen usw.
Während viele VT-Stile eher im aktiven, recht kräftigen MYC Bereich arbeiten, ist zBsp. die EWTO Variante sehr flexibel und anpassungsfähig.

Solange jedoch immer nur ein Teil beherrscht wird (Yin oder Yang), ist es eben nur ein unvollständiger Werkzeugkoffer, was unter Umständen dazu führen kann, dass genau das, was man gerade benötigen würde – fehlt!
Davon ausgehend, dass ich sowohl Yang, als auch Yin Fähigkeiten gleichermaßen beim Schüler fördern will (weil es eben ein ganzheitliches, umfassendes Konzept ist), muss ich ihn mehr oder weniger dazu zwingen, sich mehrere verschiedene Grundideen zu erarbeiten.
Ein von Haus aus kräftiger Schüler, welcher es gewohnt ist, mit Körperkraft Lösungen zu finden, wird mehr am „sich Anpassen“ arbeiten müssen (somit mehr Probleme mit den Yin-Konzepten haben), eine zierliche Frau, welche diesen „Kraft = Lösung“ Ansatz nicht von Haus aus im Körper verankert hat, wird sich im Bereich der Biu Tze anfänglich wohler fühlen/leichter tun, als in den Yang-lastigen Teilen.
Ich möchte für alle, die mit dem Yin/Yang Symbol nicht so vertraut sind nochmal erwähnen, dass es nur Yang (in dieser Arbeit oft als Synonym für „kräftig, hart“) oder nur Ying (für flexibel, anpassungsfähig) nicht gibt – in beiden ist immer ein Anteil des anderen Enthalten. Es sind auch nicht so sehr fixe Zustände, sondern Übergänge von „mehr dem einen“ zu „mehr dem anderen“ und umgekehrt. Somit finden wir natürlich in den „Yang-Formen“ SNT/CK (MYC) Yin Aspekte und in der Biu Tze und Kreisform Yang Aspekte.

Siu Nim Tao und Chum Kiu – wie baue ich einen soliden Gartenzaun:
Was sind nun Grundinhalte von SNT/CK, und warum sind sie für die weitere Entwicklung so wichtig:
Struktur, Stabilität und Geometrie, einerseits im Stand (SNT), andererseits auch in Bewegung (CK).
Die Fähigkeiten, seine Arme so zu positionieren, dass der eigene Körper dahinter so gut als möglich geschützt ist (man also einen stabilen Garten vor seinem Haus hat), dabei gleichzeitig aber solide & stabil zu stehen sind Grundaufgaben der SNT.
Das „Garten“ – Erklärungsmodell finde ich insofern hilfreich, da jedem klar ist, dass, wenn niemand in den Garten kommen kann, auch niemand ins Haus kann (funktioniert von der Grundidee als Erklärung aber vielleicht „am Land“ besser als in der Stadt).
Allein die Aufgabe die Bahnen & Positionen zu beschreiten ist sehr schwierig, und dies halbwegs korrekt zu meistern dauert schon eine gewisse Zeit. Dies war vielleicht im traditionellen Unterricht kein Problem, heutzutage werden aber paralell zu diesen Fähigkeiten auch noch von Anfang an diverse andere Ansätze zeitgleich unterrichtet (was sowohl Vor-, als auch Nachteile hat).
Gleichzeitig mit der Armgeschicklichkeit sollte in dieser Lernphase die Fähigkeiten der Beine (Stand, Schritte) so weit automatisiert werden, dass darauf aufbauend dann das Erlernen der CK niemanden vor ein „unlösbares“ Problem stellt. Solange beide Aspekte – Arme & Beine – noch mit viel Denken separat angesteuert werden müssen, ist eine Verknüpfung der beiden „Einzelteile“ äußerst frustrierend (sowohl für den Schüler, als auch für den Lehrer).
In der SNT lerne ich also erst einmal vor meinem Körper einen Gartenzaun aufzubauen, welcher Angriffe, die direkt auf meinen Körper gehen, keilförmig abgleiten lassen (unterstützt durch die Grundreaktionen Bong/Tan/Jum/Kao usw.).
Die einzige Möglichkeit in meinen Garten einzudringen sollte das Gartentor (Spitze des Schutzkegels) sein. (Dies gilt für geradlinige Angriffe – bei runden Angriffen muss ich den Gartenteil „auf den Kopf stellen“ und habe 2 Gartentore zu bewachen).

Damit diese Konzept funktioniert benötigt man
a) eine Idee des Gartenverlaufes (sprich die Bahnen der SNT)
und
b) eine gewisse Grundstabilität in Armen und Beinen

Um Angriffe dann wirklich abgleiten lassen zu können ist es wichtig sich die Geometrie der Grundreaktionen gut einzuschleifen (Yang Aspekt), gleichzeitig aber natürlich auch das Gefühl des „Begleitens des Gegners“ (Yin Aspekt) zu erarbeiten.
Über die SNT hinaus ermöglicht es die CK den Garten & das Haus so im Raum zu bewegen, dass man immer optimal zum Gegner hin ausgerichtet ist und somit das Haus nicht „eingenommen“ werden kann.
Neben der Grundschwierigkeit, dass neben den Armen nun auch die Beine (& der Raum) mit im Spiel sind, ist auch die Aufgabenstellung für die Arme nun eine weit schwierigere. Während in der SNT lediglich ein Arm aktiv Bahnen beschreitet (während der andere scheinbar bewegungslos im Sao Chong verweilt), oder beide Arme die gleichen Bewegungen machen (Ausnahme der 8. Satz, in welchem die Bahnen „zeitversetzt“ angefahren werden), muss in der CK nun bewerkstelligt werden, dass beide Arme gleichzeitig in unterschiedlichen Bahnen „fahren“.
Somit ein weit höheres und teilweise schon sehr forderndes Anforderungsprofil für den CK Schüler.
Zusammenfassend sind Grundaufgaben der SNT/CK also sich einen stabilen Garten zu erarbeiten, welcher es ermöglicht Angriffe des Gegners am Gartenzaun entlang „um ́s Haus“ umzuleiten. Dies benötigt ein gewisses Maß an Stabilität & Struktur (Yang) in Armen und Körper. Einziger „Zugangspunkt“ des Angreifers sollte das Gartentor sein, was anhand verschiedenster ChiSao Abläufe immer und immer wieder geübt wird. Bildlich gesprochen: ein Wachhund wird am Gartentor mit einer kurzen Kette angebunden und soll dieses bewachen.
Wir gehen nun davon aus, einen stabilen Garten erarbeitet zu haben, den Angreifer entlang dem Gartenzaun leiten zu könnene (kleben bleiben) und das Konzept von „ist es möglich stoße ich vor, wenn nicht leite ich um“ verstanden zu haben.
Ich habe mir also – um in der Idee des Werkzeugkastens zu bleiben – Hammer, Beißzange und Schlitz- und Kreuzschraubenzieher erarbeitet.
Fragestellung (Angriff) – Antwort (Abwehr/Parade) und Gegenantwort (Konter/Riposte) erfolgen (meist) zeitlich nacheinander.
Welche (tendenziell) Yin – Schwerpunkte gibt es bis zu diesem Zeitpunkt in der Ausbildung des Schülers:
* Basisflow, Gelenkspiel – durchgewegen und „gängig“ machen der großen Gelenke, Bewußt machen, was wie bewegt werden kann, Körpergefühl erarbeitet haben
* Gefühlstraining – Daan Chi, Poon Sao, Push Hands, Response, Chi Sao, Chi San, Chinna * Qigong Elemente – Stehende Säule, Baduanjin, Yoga Flows
* Waffentraining – Speer (zumindest was Körperflexibilität angeht)
Auch wenn die Anwendung von SNT & CK grundsätzlich zu diesem Zeitpunkt sehr Yang sind, könnten sie natürlich auch Yin ausgeführt werden – nicht jedoch auf diesem Level des Schülers.

Biu Tze– der Garten ohne Zaun
Wer braucht schon einen Zaun, wenn er scharfe Hunde hat…
Was sind nun Grundinhalte der Biu Tze, und warum sind sie für die weitere Entwicklung so wichtig:
Lösen & Wiederfinden der Struktur, flexible Peitschenkraft, Raumdeckung, Timing, Angreifen statt Abwehren
Darauf aufbauend, dass ein stabiler Stand und die Grundbewegungsmuster der SNT & CK sitzen, kommen nun zum Teil völlig andere Konzepte & Ideen hinzu und lösen teilweise die bisherigen Konzepte ab oder ergänzen sie. Der Körper (& Geist) bekommt zusätzlichen Handlungsspielraum, neue Bewegungsmuster & Möglichkeiten.
Dies führt dazu, dass sich bisher erarbeitete Lösungsansätze manchmal umständlich oder „klobig“ anfühlen. Ein Grund, warum vor Erlernen der Biu Tze das SNT/CK Potential wirklich voll ausgekostet worden sein sollte, denn andernfalls nimmt der Körper gerne „Biu Tze – Abkürzungen“, was per se ja nicht schlecht ist, aber eben gewisse SNT/CK Fähigkeiten nicht entwickelt (was gegen die Ganzheitlichkeit spricht).
Andererseits heißt Biu Tze lernen aber natürlich auch – wie auch bei den anderen Schritten – dass man sich teilweise von hart erarbeiteten und liebgewonnenen Lösungen verabschieden muss, um sich für neue Konzepte & Lösungsansätze zu öffnen.
Auch wenn man einen 9er Nußaufsatz in seinem Werkzeugkasten vielleicht nur 1 x alle 3 Jahre benötigt (wenn überhaupt), so ist man in diesem einen Fall dann doch sehr froh darüber, ihn in seinem Werkzeugkasten zu finden, um das Problem optimal lösen zu können. Alle anderen Lösungsansätze (Zange oder ähnliches) könnten zwar helfen, sind aber eben nicht wirklich die passenden.
Während sich der Schüler in der SNT/CK darauf verlässt, dass der Angreifer „am Gartenzaun entlanggeleitet wird“ (= begleitet, kleben bleibt), werden nun die Bereiche „im Garten“ und „außerhalb vom Garten“ erarbeitet. Hier drängt sich der Vergleich mit scharfen Wachhunden, welche nicht das Gartentor selbst bewachen, sondern Freilauf im ganzen Garten haben, auf. Diese lassen den Angreifer zwar eventuell hinein, aber sicher nicht mehr hinaus. Ab und zu fangen sie den Angreifer auch schon auf der gegenüberliegenden Straßenseite ab bzw. verschrecken diesen durch bellen/knurren oder einfach ihre bloße Anwesenheit (Ausstrahlung).
Diese Herangehensweise erfordert nun einen flexiblen Körper, viel Gefühl, Timing und optisches Arbeiten, weil der Schüler eben wissen sollte, wann sich wer wo im Garten aufhält und wie dem Einhalt geboten werden kann wenn nötig.
Die Winkelarbeit ändert sich, der Körper übernimmt teilweise die Meidebewegung während gleichzeitig der Arm angreift (es wird also eine Zeit „eingespart“). Die Biu Tze Lösungsansätze sind meist schneller, direkter, nicht jedoch so sicher wie jene von SNT/CK Lösungen.
Zusätzlich zu diesem Yin-Schwerpunkt arbeitet der Schüler natürlich weiterhin auch an den vorangegangenen (tendenziell) Yang – Übungen der SNT & CK.

MYC – Mein Haus kann sich bewegen
Was sind nun Grundinhalte der MYC, und warum sind sie für die weitere Entwicklung so wichtig:
Ganzkörperarbeit, Struktur, Winkelarbeit, optisches Arbeiten, Verbessern von Yin & Yang, Seidenfäden
Sowohl Yang, als auch Yin Aspekte des Schülers sind schon recht solide ausgebildet, meist jedoch vom Konzept her noch „entweder – oder“.
Die MYC schult nun beides kombiniert einzusetzen, die Arme Yang zu halten und die Beine Yin. Dadurch eröffnen sich völlig neue zusätzliche Möglichkeiten – ich kann nun den Gegner bewegen (bedingt durch die satt verbesserte Körperstruktur aufgrund des Puppentrainings), oder eben mich um den Gegner herum bewegen. Gleichzeitig kann ich mit schlängelnder, schneidender Kraft ebenso wie mit brachialer keilförmiger Kraft in den Gegner eindringen – oder eben eine Mischung aus beidem verwenden.
Vor allem aber wird es dem Schüler/Lehrer möglich aufgrund der Schrittarbeit sehr viel optischer/aktiver zu arbeiten, da der Garten ja bereits via SNT/CK „stabil sicher“ und via BT „flexibel sicher“ geworden ist. Die taktilen Fähigkeiten müssen nur mehr dann greifen, wenn die optischen allein nicht ausgereicht haben.
Die Grundidee liegt nun nicht mehr darin, seinen Keil nach vorne zum Gegner zu schieben und diesen nach Kontaktaufnahme „umzuleiten“, sondern die Bahnen des Angreifers vorab zu Lesen, entsprechende Gegenbahnen (vor allem dank Schrittarbeit & stabilerer Bahnen) zu fahren und dem Gegner somit meine Aktionen aufzuzwingen. Für den Fall, dass dies nicht funktioniert hat der Schüler (mittlerweile Lehrer) sich durch jahrelanges Training genügend taktiles Vermögen erarbeitet eventuelle „Störeinflüsse“ des Angreifers umzuleiten und zwischen den Yin & Yan Möglichkeiten entsprechend auszuwählen.
Die Holzpuppe beinhaltet also beides – Yang (erarbeitet in SNT/CK, verbessert an der MYC) & Yin (erarbeitet in der BiuTze, verbessert an der MYC).
Außerdem löst die jahrelange Bewegungserfahrung mehr und mehr mittels optischem „Lesevermögen“ die taktilen Reaktionsgruppen ab, und nutz diese nur mehr, wenn es sein muss.
Zusammengefasst wurde also zuerst mit dem „Einfachsten“ (Koordination & Positionierung der Arme bei stabilem Oberkörper/Stand), über das Schwierigere (Einbeziehung des Oberkörpers & Flexibilität in der BT), bis hin zum Schweren (der systematischen Beinarbeit) der ganze Körper zur Entwicklung von „Körperintelligenz“ gezwungen. Es stehen somit 3 teilweise komplett unterschiedliche Antwortmöglichkeiten zur Verfügung, welche sich im Idealfall automatisch ergeben.
Anders betrachtet wurde die Aufmerksamtkeit vom Handgelenk über Ellbogen, Schulter, Rumpf ins Dantien gleitet, um von dort wieder Richtung Beine & Arme ausstrahlen zu können. Durch Äußere Übungen wurde nach und nach Innere Energiearbeit geleistet, welche nun beginnt von innen heraus die Bewegung entstehen zu lassen. Somit werden die Bewegungen nicht mehr gemacht, sondern sie können entstehen.

Geistige / Emotionale Entwicklung durch die waffenlosen Formen:
Ein nicht zu verachtender Punkt, welcher gerne übersehen wird, ist die Wechselwirkung zwischen dem, was wir tun und wie wir dadurch werden.
Für einen ganzheitlichen Ansatz darf dieser Aspekt natürlich auch nicht außer Acht gelassen werden.
Siu Nim Tao:
Diese schult den Umgang mit einem selbst, erkennen der eigenen Grenzen und Unzulänglichkeiten. Der Schüler ist so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass eine Interaktion mit dem „Gegenüber“ kaum stattfindet. Sämtliche geometrischen Aspekte beziehen sich auf einen „gespiegelten Gegenüber“ – somit eigentlich auch wieder sich selbst. Nicht umsonst wird die SNT auch als Bewegungsmeditation bezeichnet.
Chum Kiu:
Hier erfolgt schon eine gewisse „Interaktion“. Nachdem der Schüler seinen eigenen Garten, seine Emotionen, seine Leidensfähigkeit im ständigen Wiederholen der immer wieder gleichen Bewegungen geschult hat kommt nun der Aspekt des „Raumes“ dazu. Es wird wichtig, „wie ich zum Gegenüber stehe“ – und zwar auf zweiterlei Hinsicht – geometrisch, als auch emotional. Immer noch damit beschäftigt seine eigenen Grenzen & Emotionen „im Zaun“ zu halten ist auch hier immer noch vordergründig, dass niemand unerlaubt in meinen Bereich eindringt. Ob das nun körperlich oder verbal/emotional ist, macht eigentlich keinen Unterschied. Der Schüler versucht seinen eigenen Bereich zu schützen, mit sich selbst im Reinen zu sein – und zwar großteils dadurch, dass der eigene Garten gewahrt bleibt und der Gegner in einem gewissen Abstand zu einem selbst vorbeigeleitet wird. Was vielen Schülern körperlich viel leichter gelingt, als im Bereich von verbalen/emotionalen Übergriffen.
Biu Tze:
2 Aspekte, welcher hier beachtet werden sollten sind wie folgt:
Einerseits wird der Handlungsspielraum, wie nahe jemand etwas an sich heranlässt ohne direkt betroffen bzw. getroffen zu werden größer, andererseits kommen hier erstmals wirkliche direkte Angriffe (im Gegensatz zum Konter der SNT/CK) ins Spiel.
„Die Biu Tze verlässt nicht das Haus“ könnte in diesem Zusammenhang auch so interpretiert werden, dass der Biu Tze Schüler schon in sich gefestigt sein muss, da eben ein Aspekt der Biu Tze die Möglichkeit des Tötens des Gegenüber beinhaltet. Viele Schüler haben damit (zum Glück) Probleme, und bedürfen einer guten Führung, um diesen Aspekt zu „verdauen“.
Einem Schüler ohne langjährigen Auseinandersetzen mit sich selbst und der Entwicklung einer gewissen inneren Ruhe und Gelassenheit die Biu Tze beizubringen ist meiner Meinung nach grob Fahrlässig. Die Gefahr, dass der unausgeglichene Schüler/Lehrer, das „Tötungspotential“ der Biu Tze mißbraucht ist groß. Die Erkenntnis, dass Töten können bedeutet, in einem Kampf viel länger nicht töten zu müssen (weil eben der Aspekt der Notlösungen viel Handlungsspielraum einräumt) ist unabdingbarer Bestandteil der emotionalen/geistigen Entwicklung.
MYC:
Auch wenn man in der BT den Aspekt des Tötens bereits zu verdauen begonnen hat, dies aber immer noch als Reaktion und Ausweg aus einem Übergriff auf einen selbst sieht (Notlösung), so beginnt man in der Holzpuppe aktiv dem Gegenüber seinen Willen aufzuzwingen.
Nicht mehr anpassungsfähige Adaption an den Gegenüber, sondern Adaption des Gegenüber an das was man selbst will ist hier Bestandteil der Entwicklung. Dem Gegner wird somit der eigene Wille aufgezwungen – sollte das nicht gelingen wird eben (dank der Entwicklung der eigenen Anpassungsfähigkeit & Flexibilität in SNT, CK & BT) die Ausgangslage geändert – das Ziel bleibt aber bestehen. Gleichzeitig dazu vermittelt die Holzpuppe ein gewisses Maß an „geerdet sein“ und mit dem Gegenüber/der Puppe in Verbindung zu stehen. Somit wird zwar einerseits das Durchsetzen des eignen Willens, andererseits aber auch gleichzeitig ein höheres Einfühlungsvermögen in den Gegenüber bewirkt. Speziell hier (wie aber auch im WingTsun allgmein) ist die Gefahr groß, zum Egoisten zu werden, der nur seinen eigenen Vorteil im Auge hat und dieses Ziel skrupellos verfolgt. Eingebettet in „nicht Wing Tsun spezifische“ Zusatzübungen wie Meditation sollte der Schüler/Lehrer hier allerdings schon so weit auf dem Weg des Edlen gegangen sein, dass er erkennt, dass alles eins ist, und er sich dadurch nur selbst schaden würde.

Wie passen nun die verschiedenen Waffengattungen in den Programmaufbau?
Auch hier wird Yang-lastig begonnen:
Der Stock/Speer als erste Waffe schult erstmal grundlegende Struktur, ermöglicht über seine Länge eine sehr gute Einschätzung von Bahnen/Gegenbahnen und Timing und erweitert das Bewegungsspektrum. Die Waffe als Erweiterung des menschlichen Körpers soll sich etablieren. Stabiler Stand und Kraftübertragung aus dem ganzen Körper sind grundlegende Benefits dieser Waffengattung. Anhand des Speeres als Grundlage für alle weiteren Waffengattungen erarbeitet man sich ein recht umfangreiches Bewegungsrepertoir, auf dem viele der weiteren Waffen aufbauen können.
Das mittelalterliche Schwert greift nahtlos die Grundidee des Arbeitens aus dem ganzen Körper auf. Die schwere der Waffe (sofern man eine „richtige Waffe“ benutzt, was meiner Meinung nach unerlässlich fürs Formentraining ist) lässt ein Arbeiten aus den Armen oder dem Handgelenk einfach nicht zu. Die Huten und Häue, welcher der Schüler sich erarbeitet finden sich (logischerweise) in den anderen Waffengattungen teilweise wieder. Weiters folgt auch eine „Überleitung“ der bisher eher chinesischen Ausrichtung auf eine europäische, weil das Schwert bei uns in Europa ja lange Zeit eine recht große Rolle spielte. Hiebe, Stiche, Schnitte – meist mit großer Körperbeteiligung ausgeführt, stärken die Struktur.
Dao – noch immer Yang lastig (also mit starken Hieben), aber bereits mit einem leichten Ansatz von Yin – Aspekten; Elegantere, flüssigere Bewegungen, welche durch die leichtere Waffe ermöglicht werden bringen ein noch besseres Körperbewußtsein, diesmal jedoch schon auf etwas feinerer Ebene.
„Yin“ – Waffen: Jian / Degen / Rapier / Säbel
Durch die Leichtigkeit der Waffen, den Focus auf scharfe Schnitte und Stiche, fördert speziell die Jian Form eine sehr subtile, feinstoffliche Verbindung von Körper & Körpererweiterung (Waffe). Nicht umsonst wird beim Taijiquan das Jian als „König der Waffen“ angesehen. Es bringt in der Entwicklung ungemeine Fortschritte, fordert jedoch dafür im Gegenzug natürlich viel Kung Fu (Harte Arbeit).
Je schmaler dann die Waffe, desto feiner & eleganter die Meidebewegungen, direkter die Stiche und wichtiger die flexible, leichte Schrittarbeit. Wo man mit einem Schwert oder teilweise einem Dao noch „dagegenhalten“ kann, muss man mit einer leichten Waffe seine Körpergeschicklichkeit aufwenden, damit man nicht getroffen wird.
Yin & Yang vereint – Kurzwaffen
Sehr viel optisches Arbeiten (da ein Fühlen von vorne herein kaum möglich ist) schnelle, geometrisch geschickte Winkelzüge und viel flexible Körperarbeit, verbunden mit guter Struktur, sind Grundvoraussetzungen diese Waffengattung beherrschen zu lernen. Wie bereits die Holzpuppe beide Aspekte fordert, so sind auch die Kurzwaffen ohne „optischer Gartenbeherrschung“ ein aussichtsloses unterfangen. Im Gegensatz zur MYC sind hier optische Fehler aber kaum mehr taktil „auszubügeln“, weil ein Schnitt oder Stich eben viel verheerender Folgen hat als ein Angriff mit den Fäusten.

Geistige / Emotionale Entwicklung durch die Waffenformen:
Auch hier ist ähnlich dem waffenlosen Aufbau zuerst die Arbeit mit sich selbst, seinen eigenen Unzulänglichkeiten (wer die Speerform erlernt hat weiß, wovon hier die Rede ist), Starrheiten und Emotionen zu kämpfen. Erst dann werden die spezifischen Waffenübungen mit dem Partner ausgeführt. Mit ein Grund, warum die Waffen nicht von Anfang an unterrichtet werden ist sicher, dass sinnvolles, gefahrloses Partnertraining erst erlernt werden muss.
Waffentraining generell ist für den Kopf viel anstrengender & fordernder als waffenloses Arbeiten. „Nebenbei“ geht da gar nichts mehr, man muss voll bei der Sache sein oder es eben bleiben lassen.
Ähnlich wie bei SNT/CK beinhalten Stock/Speer und Schwert den Aspekt des „großen Gartens“. Der eigene Bereich wird großzügig abgesteckt und geschützt, (sinnvolle) aktive Angriffe sind eigentlich systematisch (mangels Bewegungserfahrung) kaum möglich. Es geht also auch hier vor allem darum, gewisse Grundlagen zu erarbeiten, eine Verbindung zwischen Waffe und eigenem Körper/Ich zu schaffen und sich selbst zu verteidigen. Es ist zum Beispiel nicht / kaum möglich, ein Schwert zu führen, ohne „dahinter“ zu stehen. Eine Eigenschaft, welche heutzutage scheinbar in Vergessenheit geraten ist – ich mache etwas und stehe dahinter – voll und ganz, mit sämtlichen Konsequenzen.
Das Dao und in weiterer Folge ganz stark das Jian entwicklen ein großartiges, feines Ganzkörpergefühl, eine Verbundenheit mit sich selbst. Die Waffe wird natürliche Erweiterung des eigenen Körpers. Ob das nun an der Waffe an sich oder der Tatsache, dass bis dorthin schon etliche Stunden Waffentraining vergangen sind liegt? Wahrscheinlich von beidem etwas. Natürlich ist das Potential mit so einem Instrument zu töten groß, aber gerade das Jian Partnertraining lässt mehr das Gefühl aufkommen den Gegenüber für Fehler zu Maßregeln und in die Schranken zu weisen, als töten zu wollen.
Bis hierhin haben die Waffen sehr starken Wert im Bereich Körperentwicklung, Förderung von Entschlossenheit aber auch ganz klar der (abstrakten) Erkenntnis, dass das Ziehen einer Waffe das Töten des Gegenüber zur Folge hat – also sollte man sich sehr gut überlegen, ob die Waffe nicht besser nicht gezogen wird.
Kaum jemand wird eine der bisher erlernten Waffen im Alltag bei sich tragen. Auch wenn die Fähigkeiten sehr stark gestiegen sind, die direkte 1:1 Anwendung im Alltag eine dieser Waffen einzusetzen wird sich kaum ergeben. Die bisherigen Waffen bisher sind also mehr Übungsinstrumente, welche gewisse Eigenschaften fördern, als unmittelbare Anwendung schulen.
Messer/Doppelmesser:
Hier handelt es sich nicht mehr um ein „abstraktes Übungsinstrument“. Messer sind Alltagsgegenstände und quasi immer griffbereit. Ein Messer dient auch nicht dazu, jemandem mal „auf die Finger zu klopfen“, wie ein Jian oder Stock. Hier geht es – ähnlich der BT & MYC darum, den Gegner zu töten. Ein gezogenes Messer im Zweikampf führt unweigerlich zu verheerenden Folgen (köperlich, emotional, juristisch).
Andererseits bringt ein Üben der Messerform (mir) interessanterweise Ruhe und Gelassenheit & Frieden. Auch hier gilt – die Möglichkeit, welche sich durch diese zusätzlichen/verfeinerten Fähigkeiten ergeben, eben nicht töten zu müssen, nicht zum Äußersten gehen zu müssen – lassen einen die Dinge in einem anderen Licht erscheinen. Es ist eigentlich viel mehr ein Arbeiten an sich selbst, seinen schlechten Angewohnheiten, Unsauberheiten und Unzulänglichkeiten, als ein sich auf den Ernstfall vorzubereiten.
Einen Schüler, der den Weg bis hierher gegangen ist, und nicht die Lebenskunst, sondern die Anwendung der Kampffähigkeit im Vordergrund sieht, sollte es nicht geben. Das würde der Idee widersprechen, dass ARTMA eine Bereicherung für die Gesellschaft darstellen soll, sondern würde – überspitzt formuliert – geisteskranke Killer erzeugen.

Jede Form, jede Waffe, jede Übung schult auf ihre spezielle Art und Weise gewisse Fähigkeiten – und genau darum geht es. Eine umfassende, ganzheitliche Ausbildung fördert anhand verschiedener Möglichkeiten gleichermaßen das Harte, als auch das Weiche, das Innen und das Außen. Je weiter ein Kampfkünstler auf seinem Weg schreitet, desto mehr erkennt er, dass in den Grundlagen bereits alles enthalten ist. Und desto mehr freut er sich darüber, an seinen Grundlagen feilen zu können.
Wie es mit den anderen Programmen weitergeht vermag ich jetzt noch nicht genau einzuschätzen. Klar ist allerdings, dass weiterhin an beiden Seiten der Medaille gleichermaßen gearbeitet wird, um sowohl Yin, als auch Yang kontinuierlich zu verbessern, um dem Kampfkünstler zu ermöglichen auf einer breiten Basis auf ein hohes Niveau (körperlich, wie auch geistig & emotional) zu erklimmen.
Würde ich heute wieder vor der Entscheidung stehen den Programmaufbau zu ändern oder beizubehalten – ohne Zögern würde ich die gleiche Entscheidung treffen, und von SNT/CK über Biu Tze zur MYC als sinnvollen, aufeinander aufbauenden Weg (Dao) an meine Schüler weitergeben. Ergänzt durch die (ebenfalls aufbauenden) Waffen und viele wichtige Zusatzübungen (Qigong, Yoga, diverse Übungskonzepte, Geistesübungen usw.) kann ich mir derzeit keine „rundere“ Möglichkeit vorstellen unsere Schüler auf dem Weg zum „Edlen“ zu begleiten, Werte zu vermitteln und ihm zu helfen ein wertvoller Teil der Gesellschaft zu werden.
Sifu Günther Röder, Kolsass im April 2013